Rede zum Doppelhaushalt – Ute Elisabeth Gabelmann

Aus der Ratsversammlung am 09.11.2022

“Liebe Kollegen, der letzte Haushalt stand für uns Freibeuter Stadträte unter dem Motto: “Maßvoll haushalten, nachhaltig investieren.” Drei Jahre Corona und einen Angriffskrieg auf die Ukraine später ist klar: Das erhoffte Zurück zur Normalität gibt es nicht. Man bekommt jedoch den Eindruck, dass das vielen sowohl hier im Rat als auch in der Bevölkerung, der Wirtschaft oder bei Interessenverbänden noch nicht ganz klar ist. Auch Deutschland ist nun mal als Teil der Weltgemeinschaft mittelbar in den Angriffskrieg involviert und daher sind aktuelle und künftige Wohlstandsverluste und Versorgungsengpässe nichts Ungewöhnliches.

Sie können daher auch nicht vollständig von der öffentlichen Hand ausgeglichen werden. Die Rufe nach dem Staat, der für alles einspringen soll, sind daher unrealistisch und weltfremd. Wir müssen künftig sehr streng haushalten, können nur noch ganz gezielt investieren. Investitionen schaffen Werte. Sie sind in die Zukunft gerichtet und stehen der kommenden Generation zur Verfügung. Ich beschreibe es häufig so: In der Politik pflanzt man Bäume, an deren Ästen man nie schaukeln wird. Daher liegt auf nachhaltigem Haushaltshandeln für uns auch weiterhin der Schwerpunkt.

Preissteigerungen, Planungsfehler – ständig werden wir mit Mehrausgaben bei Bauprojekten konfrontiert. Auf absehbare Zeit stehen uns keine Haushaltsausgabenreste zur Verfügung, die uns früher dabei halfen, auch unterjährig Mehrbedarfe geschmeidig abzufedern. Wir lehnen es als politisch und wirtschaftlich unbedingt geboten, die Haushaltsansatz bei Hoch- und Tiefbaumaßnahmen, also die Gelder für unsere wichtigen Großprojekte zu einem Zehntel zu sperren. Mit unserem Antrag wollen wir verhindern, dass bereits begonnene Projekte aufgrund von Kostensteigerungen nicht abgeschlossen werden können und somit zu Investitionsruinen werden.

Dennoch sehen wir durchaus Bedarf für maßvolle Mehrausgaben, und zwar im Bereich Einbürgerung. Diese ist eine kommunale Pflichtaufgabe, der wir derzeit nur äußerst mangelhaft nachkommen. Wir erkennen daher die Notwendigkeit von zwei weiteren Stellen sowie zwei Befristungen. Dies soll sicherstellen, dass der Antragsstau abgearbeitet wird. Und diesen Mehrbedarf halten wir nicht nur für vertretbar, sondern eben für nachhaltig.

Der jetzt vorliegende Haushalt wirft aber auch grundlegende Fragen auf: Ist denn die Pro-Kopf-Verschuldung überhaupt ein sachgerechtes Kriterium? Wir übernehmen als Oberzentrum Aufgaben für die umliegenden Landkreise und Kommunen, haben aber in Summe die gleiche Obergrenze. Ist das wirklich sachgerecht? Diese Obergrenze überschreiten wir nicht grundlos oder aus Lust und Laune, sondern vor allem aufgrund von Investitionen in Schulen und Kitas. Derzeit heißt es, die Landesdirektion würde das akzeptieren. Aber wollen wir uns bei dieser Sachlage wirklich in die Abhängigkeit von der Landesdirektion begeben? Hier bedarf es klar abgegrenzter, schriftlich fixierter Regelungen.

Vor ziemlich genau zwei Jahren stand mein geschätzter Fraktionskollege Sven Morlok hier und appellierte an alle Stadtratsfraktionen, die kommenden zwei Jahre zu nutzen und gemeinsame Konzepte für die Reduzierung der laufenden Ausgaben zu erarbeiten. Er sprach über die Kraft, Nein zu sagen. Nicht nur werden wir alle zu vielen Änderungsanträgen Nein sagen müssen. Auch in den nächsten Jahren werden wir zu vielen Bittbriefen, die die finanzielle Unterstützung der Stadt Leipzig fordern, Nein sagen müssen.

Wir müssen, liebe Kollegen, wir müssen So richtig scheint das mit Blick auf den Haushalt und die vorliegenden Änderungsanträge noch nicht jedem bewusst zu sein. Die ratlose Frage mancher Stadträte, wie man das Neinsagen denn – Zitat – mit Blick auf die Stadtratswahl der eigenen Klientel verkaufen könne, hinterlässt Kopfschütteln. Wahr ist, dass es derzeit keine Kürzungen im Haushalt gibt. Kein Jugendclub wird geschlossen, kein Verein aus der Förderung gestrichen. Wahr ist aber auch, dass sich die ausbleibenden Erhöhungen natürlich de facto für die meisten wie eine Kürzung anfühlen und auswirken werden.

Die globale Sachlage macht auch vor der Stadt Leipzig nicht Halt. Bei der Einbringung des Haushalts hat uns unser Kämmerer im Sinne der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit auch über Risiken und faule Eier unterrichtet, die sehr wohl dafür sorgen können, dass uns das mühsam geschnürte, gerade noch genehmigungsfähige Paket noch um die Ohren fliegt. Bisher ließ sich mit den Ausgaberesten noch bequem einiges querfinanzieren und Tatsachen wie sinkende Gewerbesteuern kaschieren. Das ist jetzt vorbei. Hatten wir im vergangenen Haushalt noch auf Kürzungen bei den laufenden Ausgaben verzichtet und bei den Investitionen etwas auf die Bremse getreten, so sehen wir uns jetzt mit einem Haushalt konfrontiert, der uns praktisch keine Entscheidungsspielräume mehr lässt. Ja, wir “dürfen” energiepreisbedingte Mehrausgaben tätigen und ja diese müssen im Ergebnishaushalt nicht gedeckt werden. Aber (!) diese müssen (!) bis 2032 zurückgezahlt werden. Uns allen muss aber nach den Jahren 20, 21 und 22 klar sein, dass die nächsten Jahre in ihrem Verlauf nicht mal ansatzweise vorhersehbar sind. Wir belasten also blind die nächsten vier Haushalte und geben damit den uns nachfolgenden Stadträten die Hypothek mit, nicht nur unsere Schulden abzuzahlen, sondern dies zusätzlich zu einem genehmigungsfähigen im Haushalt zu tun. Das muss uns bewusst sein, oder manchen mag es auch egal sein, weil dieser Zeitpunkt ja praktischerweise erst nach der nächsten Wahl liegt.

Unsere Zustimmung zum Haushalt insgesamt wird also im Wesentlichen von zwei Dingen abhängen. Das wäre jetzt die To-Do-Liste für den Kämmerer. Gibt es belastbare, klare, schriftlich dokumentierte und vor allem sachlich- fachlich nachvollziehbare Absprachen mit der Landesdirektion zur Überschreitung der Pro-Kopf-Verschuldung. Und: sind die auf uns zukommenden Belastungen für die Folgejahre nicht nur mit ganz viel Augen zudrücken, sondern auch ehrlichen und aufrichtigen Herzens vertretbar?

Ich wünsche daher uns allen in den kommenden Beratungen gute Nerven, Augenmaß und den Mut zu auch schmerzhaften Entscheidungen und vor allem die Kraft, Nein zu sagen.”

(Es gilt das gesprochene Wort

Erweiterung des Breitbandausbaus (“weiße Flecken”) in der Stadt Leipzig

Erweiterung des Breitbandausbaus (“weiße Flecken”) in der Stadt Leipzig;
Finanzierung und Zustimmung zum Antrag auf Bundes- und Landesförderung (Arbeitsprogramm 2023) (VII-DS-06144)
Einreicher: Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales

Aus der Ratsversammlung am 15.03.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will jetzt hier nicht die Grundsatzdiskussion über den Sinn und Unsinn von sozialen Erhaltungssatzungen erneut führen. Das haben wir bei den ersten, die der Stadtrat hier mehrheitlich beschlossen hat, getan. Sie kennen die ablehnende Haltung meiner Partei zu diesem Thema.
Kurz zusammengefasst führten diese Erhaltungssatzungen dazu, dass wir eine bestimmte Situation in einem Stadtteil zementieren, und zwar an der Nachfrage der Menschen in der Stadt Leipzig vorbei. Das heißt, die Dinge, die in Leipzig von
den Bürgerinnen und Bürgern an Wohnumfeld, an Wohnungen gewollt werden, werden irgendwo entstehen, und diejenigen, die es sich leisten können, werden auch dort hinziehen, wo sie entstehen.

Das heißt wir bekommen eine Entmischung der Wohnbevölkerung, was eigentlich in der Stadt Leipzig nicht unser Ziel sein kann. Ich will jetzt gar nicht von Ghettoisierung sprechen, aber das wird letztendlich in diese Richtung gehen. Wir bekommen Quartiere, die wir in 10, 15, 20 Jahren mit hoffentlich viel Fördergeld des Bundes wieder sanieren müssen.

Wenn man sich aber jetzt bei diesen beiden Satzungen die entsprechende Detailuntersuchung anschaut, dann gibt es ein paar Punkte, die die Absurdität aus meiner Sicht ganz besonders darstellen. In diesen Umfragen wird immer nachfragt, ob sich denn jemand in der nächsten Zeit vorstellt, umzuziehen. Da wird unterschieden zwischen denen, die umziehen müssen – also die einen Zwang haben, umziehen zu müssen -, und denen, die umziehen wollen.

Wenn wir uns jetzt einmal das Beispiel Plagwitz/Kleinzschocher anschauen: Wer möchte umziehen, und wie viele von denen, die umziehen möchten, möchten gerne in Leipzig bleiben? 25 Prozent derer, die umziehen wollen, möchten gerne in Leipzig bleiben. Wenn man sich einmal anschaut, was denn die Gründe sind, warum diese Menschen umziehen wollen, dann haben wir hier eine Unzufriedenheit mit dem Wohnumfeld von 28 Prozent. Also: 25 Prozent wollen in
Leipzig bleiben, aber 28 Prozent sind mit dem Wohnumfeld unzufrieden.

Wenn wir jetzt einmal die andere Satzung nehmen – ich fasse das gleich zusammen, Herr Oberbürgermeister -, dann haben wir die Situation, dass 37 Prozent derer, die umziehen wollen, in Leipzig bleiben möchten, und als einer der
Hauptgründe, warum sie umziehen wollen, ist hier Unzufriedenheit mit dem Wohnumfeld. Jetzt werden ja diese sozialen Erhaltungssatzungen umgangssprachlich auch gerne Milieuschutzsatzungen genannt. Und das macht die Absurdität wirklich deutlich.

Hauptgrund der Menschen, die dort wegziehen, aber in Leipzig bleiben wollen, ist das Wohnumfeld. Die ziehen weg, weil ihnen das Wohnumfeld nicht passt, deswegen wollen die weg. Und wir beschließen, das Wohnumfeld, was den Menschen, die wegziehen wollen, nicht passt, per Satzung erhalten zu wollen. Das ist doch grotesk. Das zeigt doch gerade, wie verfehlt diese Politik ist.

Diejenigen, die Geld haben und denen das Wohnumfeld nicht passt, ziehen weg, und zwar dorthin, wo ihnen das Wohnumfeld passt. Und diejenigen, die das Geld nicht haben, müssen bleiben, während die freiwerdenden Wohnungen sicherlich zu günstigen Mieten durch diejenigen aufgefüllt werden, die das Geld auch nicht haben.

Das ist genau das, was ich sage: Wir werden eine Entmischung der Wohnbevölkerung haben, wir werden Richtung Ghettoisierung gehen, und wir
werden mit viel Fördergeld die Dinge, die wir heute beschließen, in 10, 15 Jahren wieder gutmachen müssen. – Vielen Dank.”

(…)

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Oberbürgermeister! Ich bin sehr für Sachlichkeit. Die Zahlen sind aus Ihrer Vorlage, nicht von mir. Ich wollte noch einmal auf den Diskussionsbeitrag von Herrn Weber eingehen und auch von Herrn Dr. Peter. Schauen Sie sich doch bitte die Zahlen an: Es wird in dieser Umfrage ja unterschieden zwischen den Personen, die umziehen müssen –
wo also ein ganz konkreter Druck vorhanden ist, dass sie praktisch wegmüssen -, und denen, die wollen, wo also kein konkreter Grund vorhanden ist, sondern wo es ein allgemeiner Wunsch ist.

Da muss man dann eben schon sehen, dass die Ergebnisse dort sehr unterschiedlich sind. Ich hatte zitiert: Bei denen, die wegziehen wollen, sind 28 Prozent – ich gucke einmal, ob ich das Richtige zitiere – in Plagwitz/Kleinzschocher mit dem Wohnumfeld unzufrieden. Von denen – ich
bin gerade dabei, es auszuführen -, die wegziehen wollen, sagen nur 10 Prozent, dass der Preis in diesem Gebiet eine Ursache ist. Von denen, die wegziehen wollen, tun das 28 Prozent aufgrund des Wohnumfelds, 10 Prozent aufgrund des Preises.

Wenn wir uns jetzt im Vergleich dazu einmal diejenigen anschauen, die umziehen müssen – Herr Jung, falls Sie es suchen, das ist auf der Seite 78 der Vorlage -, ist es genau andersherum: Da sagen 16 Prozent: zu teuer, und noch 9 Prozent: zu teuer nach Modernisierung. Es ist also bei 25 Prozent der Preis ausschlaggebend, aber nur bei 13 Prozent das Wohnumfeld.

Das ist doch gerade das, was ich versucht habe, darzustellen: Wir haben hier eine unterschiedliche Haltung zwischen Menschen, die, sage ich mal, es sich leisten können – die ziehen weg, weil ihnen eben das Wohnumfeld nicht passt -, und anderen, bei denen der Preis entscheidend ist, die müssen weg wegen des Preises. Das geschieht sicherlich auch aufgrund von Aufwertung, das will ich ja gar nicht in Abrede stellen. Wir haben aber zwei Teile in diesem Gebiet, nämlich diejenigen, diejenigen, die die wirtschaftlichen Schwierigkeiten haben – unbestritten -, und diejenigen, denen es wirtschaftlich einigermaßen gut geht, die sich das leisten können.Was ich nur gesagt habe, ist: Mit diesen Erhaltungssatzungen erreichen wir eine Entmischung von Bevölkerung. Das geht in die Richtung Ghettoisierung. Und wir müssen das mit viel Geld nachher wieder in Ordnung bringen. Nichts anderes habe ich gesagt. Ich habe ja nicht bestritten,dass es Menschen gibt, die dort Probleme haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden, aber die Lösung dieses Problems sind nicht die Erhaltungssatzungen”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen durch die Ausländerbehörde Leipzig reduzieren (Neufassung)

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen durch die Ausländerbehörde Leipzig reduzieren (Neufassung) (VII-A-06348-NF-02)
Einreicher: Migrantenbeirat

Aus der Ratsversammlung am 15.03.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es sich beim Aufenthaltsrecht um Pflichtaufgaben nach Weisung handelt, werden diese Weisungen ja nicht von Maschinen ausgeführt, sondern von Menschen. Und ich schließe mich ausdrücklich dem Lob von Frau Nagel hinsichtlich der Verfahrensweise der Ausländerbehörde an. Sie hat ja deutlich gemacht, dass es durchaus Unterschiede gibt, wie man im Freistaat Sachsen oder über den Freistaat Sachsen hinaus Pflichtaufgaben nach Weisung ausüben kann.

Wenn das so wäre, wie es von der AfD vorgetragen wurde, dann könnte das ja gar nicht sein, weil dann müssten ja die Pflichtaufgaben nach Weisung überall in jeder Kommune des Freistaates Sachsen identisch ausgeübt werden. Dann
könnte es gar keine Unterschiede geben und aus Sicht von Frau Nagel – aus meiner Sicht auch – auch keine besseren und schlechteren Ausländerbehörden. Die Tatsache, dass es das gibt, macht ja gerade deutlich, dass auch bei den Pflichtaufgaben nach Weisung etwas geht. Denn überall, wo Menschen arbeiten, haben sie natürlich in ihrem täglichen Tun auch einen Einfluss auf ihre Arbeit.

Herr Oberbürgermeister, ich habe Sie vor vier oder sechs Wochen im Zoo auf den Verwaltungsstandpunkt angesprochen, den Sie zum ersten Antrag, also zur alten Fassung, abgegeben haben. Da stand nämlich nicht geschrieben, der
Oberbürgermeister möge „tun“, sondern der Migrantenbeirat hat sich bewusst damals für das Wort „einwirken“ entschieden. „Einwirken“ kann auch ein persönliches Gespräch eines Oberbürgermeisters mit einem Amtsleiter sein oder eines Amtsleiters mit einem Abteilungsleiter oder beides oder mit den Mitarbeitern, ohne Weisungen zu erteilen.

Es geht darum, Verständnis für Situationen, Verständnis für Probleme, Verständnis für die Menschen zu erarbeiten. Deswegen hätten Sie sich eigentlich keinen Zacken aus der Krone gebrochen, wenn Sie eine Zustimmung auch zum ersten Antrag gegeben und einfach das aufgenommen hätten, was der Migrantenbeirat gewollt hat, nämlich einzuwirken.

Ich denke, dass in den Gesprächen, die jetzt geführt worden sind, auch deutlich geworden ist, was der Migrantenbeirat will. Wir haben jetzt eine Neufassung des Antrags und einen neuen Verwaltungsstandpunkt. Ich bin mir sicher, dass, wenn wir alle gemeinsam verstärkt solche Probleme miteinander besprechen, die Themen LWB und Listenverfahren, Diskriminierung – das hat keiner gewollt, aber faktisch ist es so – angegangen werden können. Das sind einfach Dinge, über die man reden muss. Und wenn Sie das verstärkt auch in die Verwaltung hineintransportieren, dann können wir die Spielräume, die wir dort haben, die wir schon gut nutzen, in Zukunft noch ein bisschen besser nutzen. – Vielen Dank”

(Es gilt das gesprochene Wort)

 

Sonderbudget zur Bewältigung von Aufgaben infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine

Einrichtung eines Sonderbudgets im Dezernat Allgemeine Verwaltung zur Bewältigung von Aufgaben infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine gem. § 79 Abs. 1 SächsGemO – eilbedürftig (VII-DS-06916)
Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung

Aus der Ratsversammlung am 15.03.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich nehme es vorweg: Auch wir, die Freibeuter, werden der Vorlage zustimmen. Wir sind uns bewusst, dass das nicht die letzte Entscheidung und nicht die letzte Vorlage zum Thema „Folgen des Angriffskrieges auf die Ukraine“ sein wird. Wir werden als Stadt Leipzig in den nächsten Monaten sicherlich noch deutlich mehr an Hilfe leisten und auch hier im Stadtrat beschließen müssen.

Ich möchte mich ebenfalls dem Dank an die Verwaltung anschließen, die Vorlage und auch die Hilfsmaßnahmen schnell auf den Weg gebracht zu haben. Auch wenn es natürlich immer noch besser sein kann – gar keine Frage -, aber in der Schnelle der Zeit muss man eben auch einmal mit Provisorien oder mit Schwierigkeiten leben. Ich hoffe, dass diese kurzfristig auch abgestellt werden können.

Wenn man sich die Bilder anschaut, die wir im Fernsehen sehen können, aus Russland, aus dem Kreml, dann sprechen die Bilder eine sehr deutliche Sprache. Hier führt kein Land Krieg, hier führt ein Herrscher Krieg. Es ist Putins Krieg, und es ist nicht der Krieg Russlands. Wir müssen das hier in der Öffentlichkeit immer deutlich vertreten und auch deutlich machen, weil wir nämlich aus der Bevölkerung Signale bekommen, die in eine andere Richtung deuten. Wir als Fraktion, zum Beispiel, bekommen Forderungen nach einer Schließung des russischen Generalkonsulats. Das ist auch aus meiner eigenen Partei an mich herangetragen worden.

Unabhängig davon, dass wir das gar nicht beschließen können, hier in Leipzig, ist das nämlich auch vollkommen der falsche Weg, weil das Generalkonsulat ja den russischen Bürgerinnen und Bürgern in Leipzig hilft. Das hat ja nichts mit Putin zu tun, ob das offen oder zu ist, ist Herrn Putin wahrscheinlich ziemlich egal. Auch hier müssen wir deutlich machen, wenn solche Forderungen an uns herangetragen werden, dass das eben nicht das Ziel ist, wir müssen erklären, wie wir uns verhalten und warum wir uns so verhalten.

In meiner beruflichen Tätigkeit hatte ich in meinem Reisepass immer ein Jahresvisum der Ukraine kleben und auch eines von Russland, weil ich alle zwei, drei Monate dort beruflich tätig war. Wenn man die Plätze kennt, die wir jetzt im Fernsehen sehen, wo Zerstörung herrscht, dann ist es kaum zu ertragen: hier in Mitteleuropa, nicht weit von uns entfernt. Man fühlt sich hilflos, insbesondere hier, auf der kommunalen Ebene, weil wir ja kaum Möglichkeiten haben, jenseits der Hilfe der hier ankommenden Menschen etwas zu tun in diese Richtung, aber wir sind ja alle nicht nur Bürger der Stadt Leipzig oder Stadträtinnen und Stadträte, sondern auch Bürger der Bundesrepublik Deutschland.

Und wenn wir – wie Sie, Frau Krefft, zu Recht gesagt haben – zur Ukraine stehen, dann müssen wir uns natürlich auch fragen – jeder selbst, und auch wir, als Bundesrepublik Deutschland -, was wir bereit sind, dafür zu geben. Herr Tornau hat vollkommen recht: Die Menschen in der Ukraine kämpfen auch unseren Kampf. Welchen Beitrag sind wir bereit, für diesen Kampf zu leisten? Was ist uns die Freiheit wert? Was ist uns die Freiheit in der Ukraine wert? Was ist uns die Freiheit in der Bundesrepublik Deutschland wert? Denn niemand weiß, ob Putin an der Ostgrenze der NATO haltmacht.

Wenn Herr Jung noch hier wäre, hätte ich ihn daran erinnert, dass wir beide aus den 70er-Jahren autofreie Sonntage kennen. Im Rahmen des Nahostkrieges und des Öl-Embargos der OPEC hatten wir autofreie Sonntage. Privatfahrten mit dem
Auto waren verboten, um Öl zu sparen. Das hatten wir in der Bundesrepublik Deutschland, im Westen, alles schon einmal erlebt. Wenn man sich jetzt die Diskussion anschaut über Maßnahmen, die wir in Deutschland bereit sind, zu ergreifen – oder vielmehr die Diskussion über Maßnahmen, die wir nicht bereit sind, zu ergreifen -, da ergeben sich für mich ganz persönlich schon einige Fragen.

Was ist denn, wenn Putin in Kiew einmarschiert oder die Stadt dem Erdboden gleich macht? Wenn er die demokratisch gewählte Regierung gefangen nimmt oder gar ermordet? Wie lange wollen wir dann noch jeden Tag Millionen von
Euro nach Russland überweisen, um Gasrechnungen oder Energierechnungen zu bezahlen? Was ist denn, wenn es irgendwann zu Auseinandersetzungen an der NATO-Ostgrenze kommt? Wollen wir dann immer noch das Gas beziehen
und das Gas bezahlen? Wollen wir im Zweifel mit deutschen Soldaten die NATO-Ostgrenze Polens oder im Baltikum verteidigen oder nicht? Ist uns vielleicht der Frieden dann wichtiger als die Freiheit?

Das sind sehr grundsätzliche Fragestellungen, und darauf müssen wir eine Antwort finden. Ich persönlich bin der Auffassung, das Stoppschild lieber früher zu zeigen als zu spät. Wenn wir vor der Frage stehen, möglicherweise deutsche Soldaten in Polen das NATO-Gebiet verteidigen zu lassen, mit den entsprechenden Folgen – Tote und Verletzte -, dann sind mir persönlich kalte
Wohnungen und hohe Energiepreise lieber als tote deutsche Soldaten. – Vielen Dank.”

Es gilt das gesprochene Wort

 

Corona-Prämie 2021 und 2022 in der Stadtverwaltung und den Eigenbetrieben ermöglichen

Corona-Prämie 2021 und 2022 in der Stadtverwaltung und den Eigenbetrieben ermöglichen (VII-A-06729)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion DIE LINKE, Fraktion Freibeuter, SPD-Fraktion

Aus der Ratsversammlung am 09.02.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Ich denke, jetzt ist deutlich geworden, dass der Oberbürgermeister das, was die Antragsteller hier begehren, aus eigenem Ermessen aufgrund der gesetzlichen Regelungen nicht tun dürfte, ohne eine Amtspflichtverletzung zu begehen. Insofern ist die Aussage, dass dieser Antrag sinnfrei sei, vollkommen sinnfrei, weil wir ja tatsächlich hier etwas beantragt haben, was über das, was die Kompetenz des Oberbürgermeisters umfasst, hinausgeht.

Deswegen bitte ich auch um die Zustimmung zum Verwaltungsstandpunkt, und zwar deswegen, weil der Verwaltungsstandpunkt in der Tat noch einmal schärft, wer in den Genuss einer solchen Prämie kommen soll. Da geht es um die Direktbetroffenen, aber auch um die, die für andere, bei denen es eng geworden ist, in die Bresche gesprungen sind und uns mit einer höheren Belastung, mit einer höheren Motivation und Arbeitsleistung weitergeholfen haben.

Ich finde es zudem sinnvoll, dass wir angesichts der finanziellen Situation die Prämien betragsmäßig deckeln. Wir müssen auch differenzieren, in welcher Rolle wir uns hier befinden. Wir entscheiden hier in unserer Rolle als Arbeitgeber: die Stadt Leipzig als Arbeitgeber für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kernverwaltungen und der Eigenbetriebe. Wir wissen natürlich auch, dass viele andere Betriebe außerhalb der Stadt Leipzig auch von Corona-Problemen betroffen sind. Das ist aber eine Entscheidung für unsere Mitarbeiter, und andere Betriebe entscheiden eben für ihre Mitarbeiter.

Als Stadt mit einer Verantwortung für das Stadtgebiet sind wir selbstverständlich verantwortlich dafür, dass Nachteile oder Probleme, die durch Corona entstanden sind, durch andere Maßnahmen ausgeglichen werden. Ich erinnere in dem Zusammenhang nur an die Beschlüsse, die wir zur Ertüchtigung der Innenstadt getroffen haben, für mehr Attraktivität in der Innenstadt, um den Handel und die Gastronomie zu stärken. Das ist genau das, was wir als Stadtrat auf den Weg gebracht haben. Insofern ist die Aussage, wir würden hier Corona-Prämien für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung beschließen, aber das große Ganze aus dem Blick verlieren, vollkommen daneben, weil wir gerade diese Beschlüsse als Stadtrat schon gefasst haben, wie wir dort durch entsprechende Maßnahmen versuchen, wieder Leben in die Städte zu bekommen, um Gastronomen und Handel zu unterstützen. Das haben wir alles schon getan.

Also, Herr Droese, manchmal hilft das Nachdenken vor dem Reden. Dann werden die Reden besser. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochen Wort)

Unterstützung der Stadt Markleeberg bei der Bewerbung um eine Landesgartenschau auf der agra

Neuer Betreff: Unterstützung der Stadt Markleeberg bei der Bewerbung um eine Landesgartenschau auf der agra
(VII-A-06605-NF-02) Einreicher: CDU-Fraktion

Aus der Ratsversammlung am 09.02.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Man kann ja sicherlich geteilter Meinung darüber sein, ob man sich für eine Landesgartenschau bewirbt, mit wem gemeinsam man dies tut und wo sie stattfinden soll. Was ich aber als höchst problematisch ansehe, ist, wenn man diese Landesgartenschau zeitnah haben möchte, sie mit dem Thema Tunnellösung und agra-Brücke zu verbinden, weil wir, der Freistaat Sachsen und der Bund lange nicht so weit sind wie Sie, Frau Seidel, das hier dargestellt haben.

Es ist zwar nach zehn Jahren inzwischen gelungen, den Bund davon zu überzeugen, dass ein Tunnel besser wäre als eine Brücke. Das war schon ein hartes Stück Arbeit. Aber es geht mitnichten eine Einigung zwischen Bund und Freistaat, wer das dann bezahlt. Man hat sich nur darüber geeinigt, dass der Freistaat doch bitte die Mehrkosten ermitteln möge, und wenn die dann auf dem Tisch liegen, wird man sich bereitfinden, eine Finanzierungsvereinbarung abzuschließen. Das heißt also: Wie viel Geld der Bund dann beisteuert, oder ob er überhaupt Geld beisteuert, ist vollkommen offen. Es gibt nur die Aussage: Der Freistaat prüft, was es kostet, und dann setzen wir uns wieder zusammen. Das ist der Stand der Dinge.

Danach müsste man die Planung durchführen, die Bau- und Genehmigungsplanung. Ich darf nur darauf hinweisen: Der Tunnel wird sich ja im Grundwasser befinden. Wir haben in diesem Bereich eine erhebliche Grundwasserströmung. Das würde ohne Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungsverfahren nicht abgehen. Wenn Sie also die ganzen Fristenketten einmal aufaddieren – für den Fall, dass der Bund und der Freistaat sich im März dieses Jahres über die Finanzierung abschließend verständigen könnten -, hätten wir vielleicht, wenn alle anderen Schritte super flutschen und es keine Klage von irgendeinem Umweltverband wegen der Grundwasserströmung gibt, im Jahre 2030 Baurecht. Und wenn dann das Geld auch noch zügig im Bundeshaushalt eingeordnet wird, ist es vielleicht im Jahre 2033/34 fertig.

Wenn Sie also sagen, wir hätten mit der Landesgartenschau bis Mitte der 2030er-Jahre Zeit, dann macht es Sinn, diese Verknüpfung heute hierher zu stellen. Wenn Sie aber sagen, wir wollen zeit- nah eine Landesgartenschau haben, in den nächsten zehn Jahren, dann macht es keinen Sinn, denn mit der Verknüpfung wird sie in den nächsten zehn Jahren definitiv nicht möglich sein; wenn es supergut läuft, vielleicht in 15, ich würde eher sagen, in 20 Jahren. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Kommunaler Wärmeplan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Leipzig

Kommunaler Wärmeplan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in
Leipzig (VII-A-02889)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Aus der Ratsversammlung am 09.02.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzunehmen: Auch wir sind für die Aufstellung eines kommunalen Wärmeplans. Aber wir sind dafür, dass wir uns bei der Aufstellung eines solchen kommunalen Wärmeplanes realistische Ziele vornehmen. Wir haben große Zweifel, ob das, was vom Oberbürgermeister als Ziel formuliert wurde, bis 2038 umsetzbar ist. Und, Herr Oberbürgermeister, Sie sollten gegenüber unserer Bevölkerung nicht Ziele formulieren, in Verwaltungsstandpunkten, die von vornherein unrealistisch sind. Ich werde darauf noch eingehen.

Wenn wir die Fernwärmeversorgung klimaneutral gestalten wollen, ist das sicherlich ein erheblicher Investitionsakt, der zu leisten ist. Das ist auch zu leisten. Wenn wir aber in den Gebieten der Stadt die Klimaneutralität erreichen wollen, die noch nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen sind – es wurde ja gerade darauf hingewiesen, dass das erhebliche Gebiete in der Kernstadt sind, fast die Hälfte, und außerhalb sind es über drei Viertel, die noch nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen sind -, dann bedarf dies erheblicher Investitionen in neue Netze, also neue Leitungen, die in der Stadt Leipzig verlegt werden müssen.

Der einzige Weg, diese Investitionen und auch den Zeitaufwand zu vermeiden, ist, ein bestehendes Netz für einen anderen Energieträger zu nutzen. Deswegen haben wir in unserem Änderungsantrag auch beantragt, zu prüfen, ob man nicht das bestehende Gasnetz zumindest teilweise oder ganz für Wasserstoffversorgung verwenden könnte, weil man sich dann nämlich die Neuverlegung eines Verteilnetzes sparen würde.

Wir beantragen dies nicht als Beschlusspunkt, der umgesetzt werden muss, sondern der als Option im Rahmen des kommunalen Wärmeplans mitzuprüfen ist. Selbst wenn dies möglich wäre, wäre eine abschnittsweise Umstellung immer noch mit erheblichen Investitionen, insbesondere der Eigentümerinnen und Eigentümer, verbunden, die aus unserer Sicht schwerlich bis 2038 zu leisten sind; ganz abgesehen davon, dass die Eigentümer der Häuser in Gebieten mit Erhaltungssatzungen rechtlich dazu gar nicht in der Lage waren, denn in Gebieten mit Erhaltungssatzungen dürfen solche Investitionen momentan nicht vorgenommen werden. Auch das müsste rechtlich geklärt sein.

Für den Fall, dass wir ein komplett neues Netz benötigen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Der Plan ist, ein Netz in 50 Prozent der Kernstadt und 75 Prozent des Randgebietes zu bauen. Gehen wir einmal davon aus, Beschlussfassung in 2023, Planung drei Jahre, 2025, wenn es schnell geht, 2027/28, Bauzeit bis 2038. Herr Oberbürgermeister, wollen Sie allen Ernstes den Bürgerrinnen und Bürgern unsere Stadt erklären, dass Sie über zehn Jahre lang jeweils zehn Prozent der Straßen der Kernstadt für den Verkehr sperren wollen? Denn das ist ja das rechnerische Ergebnis. Wenn ich das in zehn Jahren tun möchte, muss ich in zehn Jahren zehn Prozent der Straßen jedes Jahr letztendlich aufgraben und mit neuen Leitungen versehen. Das heißt, in 50 Prozent der Innenstadt ist über zehn Jahre jeweils ein Zehntel davon gesperrt.

Das trifft nicht nur den Individualverkehr, das trifft auch den Straßenbahn- und den Busverkehr. Wollen Sie das der Stadt zumuten, dass fünf Prozent aller Straßen in der Innenstadt über zehn Jahre lang nicht verkehrlich nutzbar sind? Wollen Sie es den Menschen in den Randgebieten dieser Stadt zumuten, dass in den 75 Prozent der Gebiete über zehn Jahre hinweg zehn Prozent gebaut wird und verkehrlich nicht nutzbar ist? Herr Oberbürgermeister, ist das Ihr Ziel?

Das ist die Konsequenz, wenn wir neue Netze verlegen. Und ich meine, wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber auch ehrlich sein. Ich weiß, dass es Vorbehalte gegen die Energiewende gibt. Aber wenn wir solche Ziele formulieren, Herr Oberbürgermeister, dann tun wir der Energiewende einen Bärendienst, weil wir Ängste schüren, weil Menschen denken, jetzt passiert hier etwas Dramatisches in unserer Stadt, was überhaupt nicht umsetzbar ist. Wenn wir neue Netze benötigen – und ich vermute, wir benötigen sie -, wird dies bis 2038 nicht leistbar sein.

Ich bitte Sie, Herr Oberbürgermeister, heute ein klarstellendes Wort zu sprechen, dass Sie diese dramatischen Umbaumaßnahmen in unserem Straßensystem nicht bis 2038 über das Knie brechen und durchdrücken wollen. Geben Sie dieses klare Signal heute an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig. – Vielen Dank.

(…)

Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Ich muss jetzt leider noch einmal dagegenreden, weil die Kosten eine ganz entscheidende Frage sind. Wenn wir im Jahre 2023 einen kommunalen Wärmeplan vorgelegt bekommen und gegebenenfalls auch im Stadtrat beschließen, müssen wir zwar nicht wie in einem Bau- und Finanzierungsbeschluss eine sehr detaillierte Kostenplanung haben, aber wir müssen ein Gefühl dafür haben, was uns das denn kosten würde.

Wir können doch nicht beschließen, dass wir das wollen, aber was es kostet, wissen wir nicht. Wenigstens die Größenordnungen müssen doch definiert werden. Es sind schließlich auch Kosten, die auf der Seite der Stadt Leipzig anfallen, Verkehrsinfrastrukturen beispielsweise. Es sind Kosten, bei denen ja auch die L-Gruppe berechnen muss, ob sie das stemmen und finanzieren kann, ob das überhaupt möglich ist.

Also, Herr Oberbürgermeister, eine Größenordnung muss doch im Jahr 2023 vorliegen. Ich meine, wir müssten uns darüber im Klaren sein: Reden wir hier über 100 Millionen oder reden wir über eine Milliarde? Die Frage der Größenordnung müssen wir doch einmal diskutieren. Es geht nicht um Centbeträge, aber die Größenordnung muss doch klar sein.

Es muss auch ein Signal an die Hauseigentümer, an die Grundstückseigentümer gegeben werden. Ich sage nicht, dass wir ein fertiges Förderprogramm beschließen müssen. Wenn wir aber irgendwann irgendwo Leitungen kappen, in denen momentan Gas fließt und in denen dann etwas anderes fließen soll, muss der Eigentümer zu dem bestimmten Zeitpunkt umstellen, und zwar ob er wirtschaftlich dazu in der Lage ist oder nicht. Sich darüber Gedanken zu machen, wie man mit einer solchen Situation umgeht, gehört auch dazu. Da geht es nicht um das Förderprogramm, sondern man muss sich auch darüber Gedanken machen, wie man mit diesen Dingen umgeht, die dann auf uns zukommen.

Außerdem muss man sich darüber Gedanken machen, wie man mit den Erhaltungssatzungen um- geht. Ich habe nicht gesagt, dass Sie die Satzungsänderungen schon bis 2023 vorlegen müssen, aber Sie müssen doch überlegen, wie Sie das machen, weil es schließlich bundesgesetzliche Regelungen sind. Haben Sie eine Idee, wie man es so gestaltet, dass es dann funktioniert? Das ist das Anliegen. Das muss zusammen mit dem Wärmeplan gedacht werden und nicht erst hinterher. Deswegen, Herr Oberbürgermeister, müssten Sie eigentlich alle diese Punkte übernehmen.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

 

Veräußerung städtischer Grundstücke für Eigenheime mittels Erbbaurecht

Veräußerung städtischer Grundstücke für Eigenheime mittels Erbbaurecht (VII-DS-01772-NF-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung
und Bau

Aus der Ratsversammlung am 20.01.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um den Änderungsantrag meiner Fraktion zu verstehen, bitte ich Sie, einen Blick auf das Deckblatt der Vorlage zu werfen, wo es heißt:

Beschluss des Oberbürgermeisters vom 25.10.2021: Die Vermarktung städtischer Eigenheimgrundstücke mittels Bestellung von Erbbaurechten unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte.

 Das ist Gegenstand dieser Vorlage. Logischerweise gliedern sich dann auch die Auswahlkriterien in Punkt 1, soziale Kriterien, und in Punkt 2, ökologische Kriterien. Diese sind Gebäudeeffizienz, Dachbegrünung, nachhaltige Baustoffe, Energie- und Wärmeversorgung sowie Regenwasser Management. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für alle ist offensichtlich ersichtlich: Hier handelt es sich um ökologische Kriterien.

2.6 heißt Arbeitsort, Wohnsitznahme. Was mir und meiner Fraktion nicht klar geworden ist, ist, warum ein Wohnsitz im Einwohneramt der Stadt Leipzig ökologischer ist als ein Wohnsitz in Schkeuditz oder in Taucha oder in Markkleeberg. Was macht den Wohnsitz in der Stadt Leipzig, also die Wohnsitznahme in der Stadt Leipzig, ökologischer als die Wohnsitznahme in einer unserer Nachbarkommunen? Das hat mit Ökologie wirklich rein gar nichts zu tun.

Herr Oberbürgermeister! Wenn Sie mir das erklären können heute, warum das ökologischer ist, welchen Einfluss das auf den CO2-Ausstoß hat, dann bin ich gern bereit, den Antrag zurückzuziehen. Aber es erschließt sich mir nicht. Was ökologisch sinnvoll in diesem Zusammenhang zu bewerten wäre, ist, ob wir durch die Vergabe eines solchen Grundstücks in Erbbaurecht unter Umständen einen Weg zur Arbeit deutlich minimieren können. Ist also der Arbeitsort in einem nahen Umkreis zu diesem Grundstück, ist das ökologisch. Das steht aber nicht in Ihrer Vorlage.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Oberbürgermeister, haben wir beantragt, den Wohnsitz, der nicht ökologisch ist, durch einen Umkreis zu ersetzen. Unser Vorschlag ist fünf Kilometer, wir sind aber gern offen für einen anderen Umkreis-Vorschlag, den Sie für praktikabler erachten. Wenn es vier oder sechs sein sollen, ist es auch für uns kein Problem. Wir schlagen jetzt einmal fünf vor, und ich denke, Herr Oberbürgermeister, das sollten Sie übernehmen können, wenn Sie nicht darlegen können, warum Wohnsitze ökologisch und nicht ökologisch sein können. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten in weisungsfreien Angelegenheiten (Verwaltungskostensatzung)

Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten in weisungsfreien Angelegenheiten (Verwaltungskos tensatzung) Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung

Aus der Ratsversammlung am 20.01.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verwaltungskostenersatz erfolgt nach dem Kostendeckungsprinzip. Das heißt also, die Kosten, die für die Verwaltungsleistung anfallen, sollen bezahlt werden, aber es soll auch kein Gewinn mit den entsprechenden Verwaltungskosten gemacht werden. Es geht um Kostenersatz. Man kann sehr wohl unter bestimmten Gesichtspunkten von dem Kostendeckungsprinzip abweichen. Ein guter Grund, vom Kostendeckungsprinzip abzuweichen, sind soziale Erwägungen. Insofern können wir durchaus nachvollziehen, dass man beim Thema Wohnberechtigungsschein hier eine Kostenfreiheit vorsieht. Wir könnten auch mit dem Vorschlag von Herrn Hörning gut leben, zu sagen, dass das auf Leipzig-Pass-Inhaber erweitert wird, aber das ist nicht das Entscheidende. Das können wir durch- aus in den beiden Änderungsanträgen mit unterstützen.

Was wir nicht unterstützen können, ist die Kostenfreiheit für die anderen Leistungen, weil sich diese anderen Leistungen ja nicht nur an die von Herrn Biederstedt angeführten Studenten, die für ihre Bewerbungen Beglaubigungen benötigen, richten, sondern sie richten sich an alle, die Beglaubigungen benötigen. Und die Stadt Leipzig ist ja auch nicht der Betreiber eines Copy-Shops, wo man hingeht und Kopien macht, auch als Student, sondern die Vervielfältigungsgebühren fallen im Wesentlichen dann an, wenn man Auszüge aus Archiven, Unterlagen, Plänen haben möchte. Dann fallen Vervielfältigungskosten an.

Natürlich kann es sein, dass ein Student, eine Studentin im Rahmen ihrer Diplomarbeit Auszüge aus Archiven benötigt. Dann könnte man sicherlich eine gewisse soziale Bedürftigkeit annehmen. Aber Auszüge aus Plänen, Unterlagen, Archiven können zum Beispiel auch Bauunternehmen und Projektentwickler benötigen. Wir haben zum Beispiel über ein Unternehmen in dem Zusammenhang auch sehr intensiv diskutiert, wozu bezüglich eines Grundstücks ein Antrag vorliegt, das zu enteignen, nämlich die Stadtbau AG. Auch die Stadtbau AG könnte Pläne und Unterlagen benötigen aus den Archiven der Stadt, und ich kann mir nicht vorstellen, wie die LINKEN oder auch die Grünen jetzt hier beantragen wollen, dass die Gebühren für die Stadtbau AG für Vervielfältigungen oder Beglaubigungen gesenkt werden sollen. Sind Sie wirklich der Auffassung, dass das Unternehmen es nötig hat, dass wir für diesen Zweck die Gebühren senken müssen?

Deswegen wäre meine Bitte: Überlegen Sie sehr genau, ob sich der Gebührentatbestand an die Allgemeinheit richtet und die Gebühr zu zahlen ist, von jedem, von jeder, unabhängig davon, wie vermögend jemand ist; wie bei Vervielfältigungen und Beglaubigungen oder eben beim Wohnberechtigungsschein, wo man eine Bedürftigkeit sicher vermuten kann. Um dies auch deutlich zu machen, beantragen wir, bei den beiden Anträgen das Thema Wohnberechtigungsschein getrennt von den anderen Tatbeständen abzustimmen. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sirenen zur Katastrophenwarnung

Sirenen zur Katastrophenwarnung
(VII-A-06359-NF-02)
Einreicher: Fraktion Freibeuter

Aus der Ratsversammlung am 19.01.2022

Stadtrat Matzke (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Liebe Mitglieder der Ratsversammlung! Werte Bürger! Die FAZ vom 14. Januar dieses Jahres schreibt:

                Gefragt ist die Sirenentechnik nicht nur in Deutschland, sagt Hörmann-Geschäftsführer Matthias Müllner. Das Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitern, das sich in Deutschland als Marktführer für Sirenen sieht, liefert seine Anlagen in alle Welt und installiert sie auch vor Ort. Elektronische Sirenen wurden beispielsweise Anfang der 90er-Jahre in Singapur aufgebaut. Das war exakt die Zeit, als in Deutschland viele Städte die bestehenden Anlagen demontierten. Denn die Vorgaben des Bundes für eine Warninfrastruktur des Zivilschutzes fielen nach der Wiedervereinigung und Ende des Kalten Krieges weg. Viele Kommunen hofften damals, durch das Ende des Sirenenbetriebs Geld sparen zu können.

Herzlichen Glückwunsch, Leipzig, Ziel erreicht! Doch dann kam unter anderem die Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal. Und aktuell beschäftigen sich Untersuchungsausschüsse der Landtage Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz unter anderem mit der Frage, ob Sirenen hätten Menschenleben retten können. Ich danke der Verwaltung und insbesondere der Branddirektion für ihre Recherche der Gefahrenabschätzung für die Fälle, in denen Leipzig Krisen – ja Katastrophen – drohen.

Sie kommen nur zu dem Ergebnis, dass eine Sireneninfrastruktur nicht im Fokus des Interesses steht. Vielmehr hofft man, durch Cell Broadcasting, also mittels Handywarnung, die Bevölkerung unter anderem im Ernstfall zu warnen. Nur: Sind Funkmasten ausgefallen, geht nun einmal auch das nicht. Und zur Ehrlichkeit gehört auch, dass, wenn man sich mit der Materie beschäftigt, durch den Aufbau einer Sireneninfrastruktur auch Kosten entstehen. Sich aber, wie im Verwaltungsstandpunkt ausgeführt, herauszureden, dass man Fristen für Fördermittel des Bundes für Sirenen nicht wird einhalten können, macht das Problem für die Kommune vielleicht teurer. aber nicht weniger wichtig.

Sämtliche anderen Dinge zur Gefahrenabwehr zu prüfen ist der Verwaltung unbenommen – so steht in unserem Antrag auch unabhängig von der Einführung von Cell Broadcasting. Die Fraktion Freibeuter erkennt trotzdem an, dass das Abgreifen von Mitteln aus diesem Sonderförderprogramm Sirenen des Bundes fristgerecht nicht möglich sein wird und bittet deshalb redaktionell um die Änderung in Verallgemeinerung: „sowie Mittel aus Förderprogrammen einbinden“. Auch in puncto Zeitschiene gehen wir auf die Verwaltung zu und bitten um Änderung von „im ersten Halbjahr 2022“ zu „bis zum Ende des dritten Quartals 2022“.

Wir stellen dennoch unseren eigenen Antrag hier zur Abstimmung. Wir legen den Fokus eindeutig auf die Sireneninfrastruktur. Dies zu prüfen, ist immens wichtig. Wir hoffen inständig, dass Leipzig wieder eine Sireneninfrastruktur erhält. Wir stehen vor einem durch Menschen verursachten Klimawandel. Wir schaffen es vielleicht nicht, die Erderwärmung einzudämmen. All dies allein bedingt schon ausreichend ein wirklich effektives Warnsystem, um Menschen frühzeitig zu warnen. Und dazu gehören unserer Meinung nach auch Sirenen im Stadtgebiet. Ich denke, die Menschen im Ahrtal halten nichts von dem Satz: Nachher ist man immer klüger. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)