Sicherung der finanziellen Leistungs- und Investitionsfähigkeit der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH

Sicherung der finanziellen Leistungs- und Investitionsfähigkeit der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (VII-DS-07604)
Einreicher: Oberbürgermeister

Aus der Ratsversammlung am 14.09.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Herr Erster Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an das anknüpfen, was Herr Tornau gesagt hat. Wir geben keine Ergebnishilfe für die Stadtwerke Leipzig, sondern wir geben eine Liquiditätshilfe. Und die geben wir auch nicht, weil die Stadtwerke Strom oder Wärme einkaufen müssten, sondern weil sie Strom verkaufen. Wir leisten Sicherheit für eine eingegangene Lieferverpflichtung an der Börse, für Stromlieferungen im Jahre 2023.

Wie Sie alle wissen, verfügen die Stadtwerke über Kraftwerke, mit denen sie vor allem Wärme für die Leipziger Bevölkerung produzieren. Sie haben Gas, das sie benötigen, um die Wärme zu produzieren, eingekauft; sie haben CO2- Zertifikate eingekauft; sie haben die Kraftwerke. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Stadtwerke diese Lieferverpflichtungen auch erfüllen können und somit diese Liquiditätshilfe in Schritten im Jahre 2023 auch wieder zurückgeführt werden kann. Das ist letztendlich die Situation. Daher können wir uns auch sehr sicher sein, dass die 400 Millionen Euro, sofern sie in Anspruch genommen werden müssen, auch wieder zurückgeführt werden.

Aber: Sie könnten zum 31.12. dieses Jahres tatsächlich als ausgeschöpfte Kreditlinie im Raum stehen, vielleicht auch mehr. Deswegen, Herr Oberbürgermeister, kann ich Sie nur nachdrücklich unterstützen, beim Freistaat Sachsen einzufordern, dass diese Liquiditätsregelungen außer- halb der normalen Haushaltsregularien behandelt werden, also Liquiditätshilfen nicht auf die Kassenkreditlinie angerechnet werden und auch der Saldo, der am 31.12. übrig ist, nicht auf die Kreditmöglichkeit der Stadt Leipzig angerechnet werden wird.

Das ist nämlich die nächste Frage: Wir haben den Haushaltsentwurf gerade eingebracht bekommen. Stellen Sie sich einmal vor, da kommen 400 Millionen obendrauf. Das ist wohl kaum zu schaffen. Hier ist der Freistaat in der Pflicht, und hier muss der Freistaat Sachsen auch die entsprechenden Antworten geben.

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu den Unterstützungsleistungen für den LVV-Konzern in den weiteren Beschlusspunkten. Ich kann nachvollziehen, dass die 25 Millionen in diesem Jahr als Bareinlage in die Kapitalrücklage gewährt werden, weil einfach andere Möglichkeiten nicht verfügbar sind. Ich habe aber meine Zweifel daran, ob es sinnvoll ist, heute bereits zu beschließen, dass die 15 Millionen im Jahre 2023 und die 15 Millionen im Jahre 2024 als Bareinlagen in die Kapitalrücklage erfolgen.

Wie wir alle wissen, kann die LVV die Kreditfinanzierungsfähigkeit über entsprechende Ergebnisentwicklungen um das 4,5-fache steigern. Wenn es uns gelänge, Wege zu finden, die 15 Millionen in diesen beiden Jahren über die GuV der LVV zukommen zu lassen, hätte das einen Vorteil. Nur: Dann dürften wir heute nicht das beschließen, was Sie uns vorschlagen, nämlich eine Einlage in die Kapitalrücklage. Ich wehre mich nicht gegen die 15 Millionen, aber vielleicht können Sie ja, um einen Änderungsantrag zu vermeiden, Ihre Vorlage selbst dergestalt abändern, dass der Weg dieser 15 Millionen in den Jahren 2023 und 2024 offengehalten wird.

Gestatten Sie mir noch ein Wort zu Russland, weil das heute auch angesprochen worden ist: Für den Fall, dass sich Russland vollständig militärisch aus dem Staatsgebiet der Ukraine zurückzieht und durch den Krieg angerichtete Schäden in der Ukraine beseitigt und bezahlt, kann ich mir durchaus vorstellen, für eine gewisse Zeit weiter Erdgas aus Russland zu beziehen – wenn nicht, dann aber auch nicht.”

(es gilt das gesprochene Wort)

Neukonzipierung der Europäischen Mobilitätswoche in Leipzig

Neukonzipierung der Europäischen Mobilitätswoche in Leipzig (Bestätigung gem. § 79 (1) SächsGemO) (VIIDS-02247)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau

Aus der Ratsversammlung am 19.05.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Erste Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: Wir brauchen in der Stadt Leipzig eine Verhaltensänderung. Wir haben das ja auch als Zielvorgabe bereits im Rahmen der Mobilitätstrategie beschlossen, welche Verhaltensänderungen wir erreichen wollen, und auch, welche Maßnahmen erforderlich sind, um zu diesen Verhaltensänderungen zu kommen. Sicherlich ist eine Teilnahme an der Europäischen Mobilitätswoche eine gute Gelegenheit, darauf hinzuweisen, was man noch zu tun hat und wie man es tun muss; welche Möglichkeiten man zum Beispiel schaffen kann, um vom MIV auf den ÖPNV umzusteigen.

Schade ist in dem Zusammenhang, dass wir diesen autofreien Tag an einem Wochenende durchführen, weil viele Problemlagen, die auch wir an diesen grünen Pinselstrichen auf unseren Fahrbahnen immer wieder kritisieren, dann nicht mehr möglich wären. Denn am Wochenende, wenn die Leute nicht arbeiten müssen, ist es wunderschön, den autofreien Ring zu genießen. Wenn Sie unter der Woche einen autofreien Tag veranstalten würden, wenn Verkehrsteilnehmer aus den Randlagen unserer Stadt mit schlechter ÖPNV-Anbindung – die gar keine andere Chance haben, als mit dem Auto in die Stadt zu kommen – in die Stadt kommen müssen, dann hätten Sie ganz andere Problemlagen.

Die Tatsache, dass ein solcher autofreier Tag nur an einem Sonntag möglich ist, zeigt eigentlich die Fehlentwicklung in unserer Stadt. Anstatt die Probleme der ÖPNV-Anbindung in den Randgebieten unserer Stadt zu lösen, kippen wir grüne Farbe auf den Innenstadtring.

Wenn der Oberbürgermeister jetzt da wäre, dann könnte ich ihm empfehlen, sehr aktiv persönlich an einer solchen Mobilitätswoche teilzunehmen und auch einmal in die bei der letzten Oberbürgermeisterwahl bei der Wahlpräsentation schwarz eingefärbten Gebiete unserer Stadt hinauszugehen, und einmal dort nachzufragen, welche Mobilitätsprobleme denn in dieser Stadt vorhanden sind.

Es wäre sehr schön, wenn man eine solche Europäische Mobilitätswoche nicht nur auf den Innenstadtring konzentrieren würde, sondern wenn man vielleicht eine Hauptzufahrtsstraße von draußen in die Stadt an einer Mobilitätswoche einmal komplett für den Autoverkehr sperrt und dort zum Beispiel einen Radweg an einem Tag einrichtet. Das wäre nämlich eine Bewegung hin zu dem, was wir eigentlich benötigen: einer besseren Vernetzung von den Randgebieten zur Innenstadt.

Dass diejenigen von uns, die im Bereich der erweiterten Innenstadt wohnen und arbeiten, eigentlich unter der Woche kein Auto brauchen, ist doch irgendwo selbstverständlich. Die Menschen, die dort leben und wohnen, verstopfen doch nicht den Innenstadtring mit ihren Pkws. Das sind doch ganz andere.

Wenn wir tatsächlich den Individualverkehr auf dem Innenstadtring reduzieren wollen, dann müssen wir verbesserte Alternativen – ÖPNV, Umweltverbund, Radverkehr – für diejenigen in den Randgebieten schaffen. Die Radwege, die wir auf dem Ring markieren, hätten wir viel besser nach draußen markiert. Dann hätten wir einen echten Beitrag bekommen, um tatsächlich den Individualverkehr in der Innenstadt zu reduzieren.

Vielleicht beschäftigt sich der Oberbürgermeister mit diesen Fragestellungen im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche. Wenn er sich damit beschäftigt, lernt er vielleicht etwas dazu. Wenn er etwas dazugelernt hat, dann ist das Geld der Mobilitätswoche gut angelegtes Geld. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Einsetzung eines zbA “Strategische Personalfragen”

Einsetzung eines zbA “Strategische Personalfragen” (VII-A-06454-NF-03) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion DIE LINKE, Fraktion Freibeuter
dazu Änderungsantrag (VII-A-06454- ÄA-02)Einreicher: Fraktion DIE LINKE, Stadtrat Matzke

Aus der Ratsversammlung am 18.05.2022

Stadtrat Matzke (Freibeuter):Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Ich schließe mich den Ausführungen von Frau Gruner an. Ich war auch sehr enttäuscht, dass das von Herrn Stadtrat Weickert eingebracht wurde, was die Familienfreundlichkeit angeht. Wir sind die gleichen Räte. Frau Gruner hat zur Familienfreundlichkeit gesprochen, ich habe zur Familienfreundlichkeit gesprochen. Wir haben gemeinsam an diesem Antrag gearbeitet, einen zeitweilig beratenden Ausschuss einzusetzen.

Aktuell gibt es bereits eine Gesprächsgruppe, die die Mitglieder des Fachausschusses Allgemeine Verwaltung in Kombination mit dem Personalrat betrifft. Hier reden wir von ungefähr drei bis vier Terminen im Jahr mit einem Zeitumfang von ungefähr acht Stunden.

Der Änderungsantrag, der eine Klausur vorsieht, ist wahrscheinlich, wenn man das auf das Jahr rechnet, ein gleicher Stundenumfang. Wir haben uns nur als Antragsteller eben dafür ausgesprochen, dass wir einen zeitweilig beratenden Ausschuss einsetzen wollen, der dann aber auch einen festen Rahmen hat – eben dieses Format eines zeitweilig beratenden Ausschusses, dass wir dort in aller Ruhe, in aller Gemeinschaftlichkeit mit dem Dezernenten, versuchen, personalstrategische Fragen vorzuberaten; nicht mehr und nicht weniger. Es ist, wie Frau Gruner ausgeführt hat, dann keine Mehrarbeit, die entsteht, sondern eher eine Vorberatung.

Man muss auch einmal sagen: Wir haben das in der Fraktion breit diskutiert. Wir haben einen zeitweilig beratenden Ausschuss Wohnen und einen zeitweilig beratenden Ausschuss Verkehr und Mobilität verglichen. Ich will einmal das Beispiel meines Fraktionsvorsitzenden anfügen. Da gab es hier einmal – ich glaube, das war letztes Jahr – eine Vorlage, die unbedingt in den zeitweilig beratenden Ausschuss Verkehr verwiesen werden sollte. Mein Fraktionsvorsitzender hat sich hierhin gestellt und hat gesagt: Das ist keine Vorlage für meinen Ausschuss, weil sich mein Ausschuss mit der Mobilitätsstrategie beschäftigt. Dann hat der Ausschuss diese Vorlage auch nicht durchgeackert, sondern er beschäftigt sich weiter konzeptionell mit seinem Thema.

Genauso ist auch der zeitweilig beratende Ausschuss Personalstrategie gedacht. Er soll Personalfragen vorberaten, weil wir hier dieses breite Gremium mit Stadträten aus verschiedensten Berufen haben, die auch ihre Expertise, was Personalfragen angeht – das haben wir ja auch in den Auswahlkommissionen -, einbringen können. Wir sind, was unsere Intention angeht, durch Täler geschritten, weil wir zeitweilig auch einen rechtswidrigen Verwaltungsstandpunkt hatten. Mittlerweile sind wir bei einem Alternativvorschlag, den die Verwaltung einbringt.

Nichtsdestotrotz – vielleicht wird Herr Bürgermeister Hörning dazu auch noch etwas sagen – ist es unser aller Intention, dass wir als Stadtrat, als zeitweilig beratender Ausschuss, also die Mitglieder, die dort entsandt werden, für die besten Köpfe dieser Stadt kämpfen.

Wir erleben auch im Fachausschuss Allgemeine Verwaltung immer wieder, dass diejenigen, die uns dort Bericht erstatten, genauso kämpfen. Das heißt also, wir wollen nur vorberaten, den Ausschuss Allgemeine Verwaltung dazu beraten und die Arbeit dadurch vielleicht effektivieren. Wir können nicht davon ausgehen, dass dieser Ausschuss Ewigkeitscharakter hat. Ganz im Gegenteil: Er ist zeitweilig. Deswegen bitten wir um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Protokollarische Zusammenarbeit mit dem russischen Generalkonsulat

Beendigung der protokollarischen Zusammenarbeit mit dem russischen Generalkonsulat und Stärkung des kulturellen und friedlichen Austauschs mit russischen und ukrainischen Menschen in Leipzig (VII-A07097-NF-02)
Einreicher: SPD-Fraktion
dazu Änderungsantrag (VII-A-07097- ÄA-01) Einreicher: Fraktion Freibeuter

Aus der Ratsversammlung am 18.05.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bär, ich freue mich, dass Sie in Ihrem Statement angesprochen haben, dass man mit diesem Thema höchst sensibel umgehen muss. Ich teile diese Einschätzung. Ich kann allerdings nicht erkennen, dass diese Sensibilität seitens der Antragsteller im gesamten Prozess der Entwicklung des Antrages vorhanden war.

Es gab ja durchaus Gespräche mit anderen Fraktionen, ob sie unter Umständen Mitantragsteller werden wollen. Wir als Fraktion haben uns ausdrücklich entschieden, nicht Mitantragsteller Ihres Ursprungstextes zu werden, weil in diesem Text die entsprechende Sensibilität am Anfang eben vermisst wurde. Man kann natürlich der Auffassung sein, wir hätten Sie einfach nur falsch verstanden, so wie Sie das in Ihrem Antrag formuliert haben.

Spätestens aber, als wir dann die Pressemitteilung der Antragsteller zu Ihrem Antrag gesehen haben, ist deutlich geworden, dass wir Sie nicht missverstanden, sondern richtig verstanden haben, und Sie die Sensibilität tatsächlich haben vermissen lassen. Das, was Sie der Presse kundgetan haben, war schon dazu geeignet, die russischen Ressentiments hier in der Stadt Leipzig zu schüren. Das muss man ganz offen so sagen. Da waren Sie nicht sensibel gewesen.

Und was heißt es denn, wenn man sagt, „jegliche freiwillige Zusammenarbeit einzustellen“, um das einmal konkret zu machen? Es hätte zum Beispiel bedeutet: Wenn das russische Generalkonsulat eine Kulturveranstaltung mit russischen Künstlern in der Stadt Leipzig organisieren möchte und dafür Räumlichkeiten sucht, hätten wir als Stadt Leipzig und unsere Eigenbetriebe diese Räumlichkeiten nicht mehr vermieten dürfen. Das wäre die Konsequenz gewesen: für junge russische Künstler keine Räumlichkeiten der Stadt mehr, keine Räumlichkeiten der Kultureigenbetriebe mehr, sondern man hätte sich irgendwo anders etwas anmieten müssen.

Das kann doch nicht der Sinn sein. Wenn Putin die Ukraine überfällt, dann dürfen junge russische Künstler in konsularischen Veranstaltungen in Leipzig nicht mehr in das Gewandhaus hinein. Das kann doch nicht wirklich das sein, was Sie gewollt haben. Wir haben mehrfach im Vorfeld darüber geredet, und ich habe mehrfach im Vorfeld erläutert, wo das Problem ist. Deswegen ist es so unverständlich, warum Sie vor der Antragstellung nicht bereit waren, auf diese Bedenken einzugehen. Ich freue mich sehr, dass Sie das jetzt getan haben, dass das in der Neufassung korrigiert worden ist.

Wir ziehen natürlich deswegen unseren Änderungsantrag zurück und stimmen dem Antrag in der Neufassung zu. Wir wünschen uns, dass zukünftig Sensibilität nicht am Ende, sondern am Anfang des Prozesses steht. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Verbesserung von Familienfreundlichkeit in der Ratsarbeit

Verbesserung von Familienfreundlichkeit in der Ratsarbeit (VII-A-06594)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion Die LINKE, SPD-Fraktion, Stadtrat Köhler, Stadtrat Matzke
dazu Änderungsantrag (VII-A-06594- ÄA-02) Einreicher: Stadtrat Gebhardt, Stadträtin Gruner, Stadträtin Heller, Stadträtin März, Stadtrat Matzke

Aus der Ratsversammlung am 18.05.2022

Stadtrat Matzke (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Sehr geehrte Mitglieder und Kollegen! Sehr geehrte Bürger! Ich bin der Nachrücker von Franziska Rudolph. Einmal ganz davon abgesehen, was Hinderungsgründe und Vorlagen sind – als es bei mir zur Sprache kam, war das erste, was ich gemacht habe, meine Frau zu fragen, ob das überhaupt möglich wäre, dass ich als Nachrücker gelte. Denn ein Zeichen, familienfreundlich zu sein, war die Übernahme des Mandats nicht. Das wusste ich schon vorher.

Wer es noch nicht kannte, der wusste es spätestens im Jahre 1998. Das war das Wort „Gedöns“. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als Ministerium für Familie und Gedöns. Die Leute waren entsetzt. Denn Gedöns ist im Deutschen etwas, das überflüssig ist.

So fern mir dieser Mensch auch ist: In puncto Familienfreundlichkeit hier im Stadtrat zu Leipzig prägt sich mir dieser Gedanke eben auf, dass es sich hier um etwas handelt, was eben überflüssig ist, also Gedöns. Denn ein halbes Jahr ist quasi nichts passiert. Als wir, die Antragsteller, den Antrag auf die Tagesordnung setzen ließen, musste schnell und eifrig von höchster Stelle ein Verwaltungsstandpunkt geschaffen werden, der zu keinem konkreten Punkt Stellung nimmt, sondern nur sagt, dass er bald etwas Konkreteres liefern will, und zwar nach der Sommerpause – dann also, wenn alle so allmählich nur noch über den nächsten Haushalt sprechen und dieses Thema vielleicht wieder als Gedöns oder – schöner – sekundär abgetan wird.

Das darf es aber nicht sein. Es ist höchst prioritär. Wir arbeiten hier gerade für die nächste Legislatur dieses Rates. Wir wollen die Breite der Gesellschaft dieser wunderbaren Stadt hier abbilden. Das geht nun einmal nicht, wenn man im Ausschuss Stadtentwicklung und Bau von einer Sitzungszeit von durchschnittlich ca. vier Stunden ausgeht und dann nach Ablauf dieser vier Stunden kein Ende in Aussicht ist.

Die Digitalisierung der Gremienarbeit infolge der Pandemie hat uns der Familienfreundlichkeit ein kleines Stück nähergebracht. Die Intention dieses Antrags war es, das ganz allgemein in einen konkreteren Rahmen zu gießen. Und was sagt uns die Verwaltung? Sie sei mit der Hauptsatzung befasst gewesen. Wenn das das vorrangigere Ziel ist, dann sind hier bald nur noch Räte vertreten, die sich gerne und bis in die Nachtstunden mit dem Thema Hauptsatzung beschäftigen und nicht die Breite der Gesellschaft abbilden.

Es soll ein Konzept bis zum dritten Quartal 2022 bzw. nach der Sommerpause erarbeitet werden. Im Grundstücksverkehrsausschuss musste ich vor kurzem lernen, dass zum Beispiel die Konzepterstellung für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen ein halbes bis ein ganzes Jahr dauert. Nun ist schon ein halbes Jahr ohne wesentliche Arbeit vergangen. Wie lange dauert das denn noch?

Alle Termine im Rahmen der Stadtratstätigkeit sowie der Tätigkeit von Stadtbezirksbeiräten und Ortschaftsräten sollen gemäß unserem Antrag planbar und verlässlich sein. Es ist für alle Termine auf der Tagesordnung eine Endzeit anzugeben, zu der die restliche Tagesordnung im Bedarfsfall verschoben werden muss. Ein zusätzlicher Sitzungstermin soll durch die etwaige Verschiebung von Tagesordnungspunkten nicht entstehen, sondern in diesem Fall soll die Sitzungszeit der darauffolgenden Sitzung angepasst werden.

Auch hier – so verstehe ich uns als Antragssteller – haben wir flehentlich auf eine Antwort gehofft. Bekommen haben wir im Verwaltungsstandpunkt indessen nichts. Im Verwaltungsstandpunkt heißt es:

Eine kinderfreundliche Stadt muss sich auch um die Vereinbarkeit von Familie und Politik kümmern, um so auch Menschen, die Sorgearbeit leisten […], oder Menschen mit ungünstigen Arbeitszeiten die Möglichkeit zur Teilhabe ermöglichen. Die derzeitige Ausgestaltung des politischen Ehrenamts ist nicht familienfreundlich.

Zumindest dieser harte Satz steht darin.

Daran muss sich etwas ändern. Deswegen ist es Zeit, alle Bereiche zu durchleuchten und die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt zu verbessern.

Nun ist die Zeitschiene im Verwaltungsstandpunkt sportlich und eröffnet eine enorme Herausforderung für die Verwaltung. Das Prüfergebnis wird dem Stadtrat nämlich im Rahmen der Beschlussvorlage im dritten Quartal vorgelegt.

Ich habe in diesem Moment meinen Optimismus zurück und möchte im Herbst nicht so enttäuscht werden wie mit dem aktuellen Verwaltungsstandpunkt. Wir als Antragsteller haben uns deshalb mit dem neusten Änderungsantrag entschieden, den Prüfauftrag noch breiter zu fassen, und hoffen auf Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.”

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Herr Dr. Peter, wir müssen uns tatsächlich fragen, ob wir hier als Stadtrat in unserer Zusammensetzung die Gesellschaft tatsächlich wirklich repräsentieren. Ich bin sehr schnell bei Ihnen, dass das Thema Mütter und Frauen hier eine wichtige Rolle spielt und Mütter und Frauen hier in diesem Stadtrat unterrepräsentiert sind.

Ich glaube, wir müssen das Thema auch etwas weiter fassen. Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, wie wir hier im Stadtrat zusammensitzen, dann ist auch in anderen Punkten die Gesellschaft nicht repräsentiert. Ich sehe eine Personengruppe hier im Stadtrat, die im Verhältnis zur Gesamtgesellschaft deutlich überrepräsentiert ist, nämlich die Personengruppe derjenigen, die ihr Geld mehr oder weniger, ganz oder teilweise durch die Politik verdient. Diese Personengruppe ist hier deutlich überrepräsentiert. Da sollten wir uns fragen, warum das so ist. Denn die Stadtratsarbeit ist nämlich nicht nur nicht familienfreundlich, sondern sie ist auch nicht arbeitnehmer- oder unternehmerfreundlich. Warum gehen wir jetzt her und sagen, wir müssen jetzt ein Problem der Familienfreundlichkeit lösen, aber das Thema der Arbeitnehmerfreundlichkeit lösen wir nicht und das Thema der Unternehmerfreundlichkeit lösen wir auch nicht?

Frau März, Sie haben es angesprochen, dass es sicherlich auch ein Problem für einen Geschäftsführer von einem großen Unternehmen ist, hier Stadtratstätigkeit wahrzunehmen. Glauben Sie, dass es für den Geschäftsführer dieses großen Unternehmens eine finanzielle Frage ist, ob er die Stadtratsarbeit wahrnehmen kann, oder eher nicht? Das ist eine Frage der Abläufe und der Strukturen. Wenn wir es ernst meinen, Stadtratsarbeit arbeitnehmerfreundlich oder auch unternehmerfreundlich oder familienfreundlich zu gestalten, dann müssen wir an die Abläufe heran, die wir uns selbst geben. Wenn wir der Auffassung sind, dass wir Aufwendungen, die im Rahmen der Stadtratsarbeit anfallen, durch Aufwandsentschädigungen kompensieren, dann müssen wir ehrlicherweise auch alle Aufwendungen gleichermaßen kompensieren.

Ich kann natürlich nachvollziehen, dass es auch vom Ablauf her einfacher ist, jemanden einzustellen, die oder der dann eben die Betreuung vor Ort in der Wohnung übernimmt, als das Kind ins Rathaus mitzunehmen und dort bei der Kinderkrippe abzugeben. Das kann ich nachvollziehen. Dass da ein Aufwand entsteht, kann ich auch nachvollziehen. Wenn aber jemand selbstständig ist, vielleicht solo-selbstständig, und sein Büro erreichbar sein muss, während Stadtratssitzung oder Ausschusssitzung ist, und die Person eine Arbeitskraft einstellen muss, die Telefondienst im Büro macht, dann ist es zwar eine Betreuung des Telefons – das ist etwas anderes als die Betreuung eines Kindes -, aber es ist der gleiche zusätzliche Aufwand, der durch diese Ratsarbeit entsteht.

Warum wollen wir jetzt den Aufwand Tagesmuttti/Tagespapi finanziell entschädigen und den Aufwand Telefondienst nicht? Wo ist da die Gleichbehandlung? Das heißt, wenn schon, dann müssen wir das Thema viel weiter angehen. Wenn wir es mit Familienfreundlichkeit ehrlich meinen und wenn es nicht ums Geld geht, dann ist tatsächlich die Kindergrippe hier im Rathaus die Konsequenz. Das ist dann familienfreundlich. Oder wir diskutieren generell, ob die Aufwandsentschädigung unserem Aufwand angemessen ist. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Da bin ich nicht der Auffassung, dass es gerecht ist.

Einzelne Personengruppen mit einer finanziellen Entschädigung herauszupicken, halte ich aber für problematisch. Das möchte ich der Verwaltung bei der Erarbeitung ihres Verwaltungsstandpunktes ausdrücklich mit auf den Weg geben. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Schulsachbearbeiterinnen an allgemein- und berufsbildenden Schulen der Stadt Leipzig

Schulsachbearbeiterinnen an allgemein- und berufsbildenden Schulen der Stadt Leipzig (VII-A-06574-NF-02)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion DIE LINKE

Aus der Ratsversammlung am 18.05.2022

Stadtrat Matzke (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Sehr geehrte Mitglieder der Ratsversammlung! Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrte Verfolger im Livestream! Wir haben diesen Antrag der Grünen-Fraktion in unserer Fraktionssitzung intensiv diskutiert, und ich möchte dazu gerne etwas sagen, weil mir das politische Statement in diesem Antrag sehr wichtig ist. Wir streiten ja darüber, was es für einen Zeitpunkt für diese Verbesserung gibt. Vielleicht wird Bürgermeister Hörning dazu auch gleich noch Stellung nehmen, aber das ist ja vielleicht der Streitpunkt, der uns als versierte Stadtpolitiker am meisten interessiert.

Im Begründungstext des Verwaltungsstandpunkts lautet eine Kernbotschaft: Bitte um Zeit zum Abschluss der aktuell laufenden Evaluation. Dieser Bitte zu entsprechen, fällt mir unendlich schwer. Der Sachverhalt ist klar: Schulsachbearbeiter*innen gehören neu eingruppiert, und das Personal muss wachsenden Anforderungen entsprechend aufgestockt werden. Der Streitpunkt ist in Quintessenz allein der Zeitpunkt und Detailfragen der Umsetzung.

Für mich ist der Zeitpunkt allerdings jetzt gekommen. Die Schülerinnen und Schüler und alles Personal an Schulen haben eine außergewöhnlich belastende Pandemiezeit hinter sich. Die Schäden, die das an einer Generation von Schülerinnen und Schülern angerichtet hat, sind aktuell noch gar nicht beziffert, und wir streiten hier über den Zeitpunkt der Verbesserung der Situation von Schulsachbearbeiter*innen. Wir wollen das gemäß dem Verwaltungsstandpunkt im Rahmen der Stellenplanung des Haushalts 23/24 tun. Ich sage: zu spät.

Die einreichende Fraktion hat sich die Antragstellung eines solchen Vorgriffs, der in den nächsten Haushalt eingreift, bestimmt nicht leicht gemacht. Der Rat hat aber bereits im Januar 2022 zum Beispiel einen Antrag meiner Fraktion zur Katastrophenwarnung mit Haushaltsvorgriff abgelehnt. Das war vor dem 24. Februar. Nichtsdestotrotz ist dieser Antrag der Grünen, was den Inhalt angeht, für Verwaltung und für Fraktion unstrittig und gehört umgesetzt.

Der Rat beschäftigte sich auch in seiner Tagesordnung im April einmal wieder mit der Änderung der Hauptsatzung. Ziel sollte es sein, künftig wieder einen Wirtschaftsbürgermeister oder eine Wirtschaftsbürgermeisterin zu haben. Auch das ist für mich völlig unstrittig. Jedoch war diese Vorlage im April eilbedürftig. Das musste also schnell umgesetzt werden. Ist das bei Schulsachbearbeiter*innen nicht auch so? Welches Signal sendet also dieser Rat den Bürger*innen? Die Eilbedürftigkeit zur Einsetzung eines Wirtschaftsbürgermeisters oder einer Wirtschaftsbürgermeisterin ist wichtiger als die Situation der Schulsachbearbeiter*innen vor Ort zu verbessern? Das will ich nicht.

Man wird mir jetzt vielleicht vorwerfen, hier keinen Vergleich ziehen zu dürfen, aber der Eindruck, dass sich die Bubble Stadtrat vornehmlich um sich selbst kümmert, wird bei den Bürger*innen eben trotzdem entstehen.

Wirken wir dem entgegen. Verbessern wir die Situation an den Schulen vor Ort – jetzt, durch Zustimmung! Diese Grünen-Intention ist wichtig nach dieser Pandemiezeit an Schulen und sollte nicht nach 2023/24 verschoben werden. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Leipziger Zoo: Koloniale Vergangenheit

Leipziger Zoo: Koloniale Vergangenheit aufarbeiten und rassistische Stereotype auch in der Gegenwart beenden (VII-A-02592-NF-03)
Einreicher: Migrantenbeirat

Aus der Ratsversammlung am 18.05.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte es mir gewünscht, dass wir diese Abstimmung zu diesem Antrag heute nicht benötigen, weil die angesprochene Problematik auf eine andere Art und Weise durch Diskussionen mit den Verantwortlichen gelöst werden könnte. Leider hat sich diese Hoffnung als falsch erwiesen, sodass wir heute darüber entscheiden müssen, und meine Fraktion auch mehrheitlich dem Antrag des Migrantenbeirates zustimmen wird. Sie haben vieles nicht verstanden. Wenn ich damals in der Partei gewesen wäre, hätte ich auch Herrn Mende nicht zum Vorsitzenden gewählt – um das hier einmal sehr deutlich zu machen.

Im Antrag wird niemandem im Zoo Rassismus vorgeworfen. Bitte lesen Sie den Antrag genau durch. Polemisieren Sie hier nicht. Im Antrag wird vorgeworfen, dass es Veranstaltungen gibt, in denen rassistische Stereotypen dargeboten werden. Das ist der Inhalt des Antrags, und das wird kritisiert. Niemandem wird Rassismus vorgeworfen. Bitte tun Sie nicht so, als ob dies hier der Fall wäre.

Und die Stereotypen sind vorhanden. Afrika ist groß. Serengeti, Masai Mara – das passt zu den Tieren im Zoo. Aber Afrika ist auch Nordafrika, Afrika ist Sahara, Afrika sind 5.000 Meter hohe Berge, Afrika ist Südafrika. Auch das alles gehört zu Afrika. Südamerika ist Amazonas, ist Küste, ist Hochgebirge. Auch das ist Südamerika. Wie würden wir denn reagieren, als Europäer, wenn man in irgendeiner Region Südamerikas oder Afrikas einen Europa-Abend machen würde, mit bayerischen Schuhplattlern oder schottischen Dudelsack-Bläsern, den Eindruck erwecken würde, dass das Europa wäre, und als europäische Spezialitäten Labskaus und ähnliche Gerichte anbieten würde? Oder Helmut Kohls Pfälzer Saumagen, als Beispiel?

Auch das würden wir doch mit einem gewissen Befremden wahrnehmen als Europäer. Ich bitte, das einfach zu berücksichtigen und darüber nachzudenken. Afrikanische Staaten hatten keine Kolonien in Europa, Südamerikanische Staaten auch nicht. Auch das bitte ich bei der Diskussion mit zu berücksichtigen.

Ich war die letzten 14 Tage in Kenia. Und ich war nicht in einem der typischen Touristenhotels am Strand, sondern hatte mir ein kleines Häuschen gemietet. Ich war fort, draußen, auf Kulturveranstaltungen, Abend-Partys und habe das Land genossen. Herr Junhold, ich habe in diesem großen Mombasa, im Süden der Stadt, nicht einen einzigen Menschen in den 14 Tagen gesehen, der diese Gewänder trug, die Ihre Künstlerinnen und Künstler dort tragen, nicht einen einzigen, komischerweise. Ich war 14 Tage dort. Nicht einen einzigen habe ich dort gesehen. Und auch bei den Abendveranstaltungen, wo ein bisschen Party gemacht worden ist, habe ich die Trommler nicht gefunden. Auch das habe ich nicht getan.

Afrika ist Umweltverschmutzung. Afrika ist Ausbeutung von Rohstoffen für unseren Wohlstand, hier in Europa. Afrika ist aber eine junge, aufstrebende Generation, die sich entwickeln möchte. Afrika ist digital und in vielen Bereichen sehr fortschrittlich. Das ist Afrika. Und Sie können doch nicht Afrika auf Masai-Krieger und Trommeln reduzieren. Das ist das Problem. Ich bitte Sie, zu verstehen, dass solche Dinge eben gewisse Reaktionen hervorrufen. Und darum geht es eigentlich.

Wenn man einen Masai-Mara-Abend im Zoo macht und sich dann mit der Masai Mara und der Kultur der Masai auseinandersetzt und auch deutlich macht, welche Probleme sie in dem Land haben – weil ja auch dort Flächen immer geringer werden -, dann kann man das ja tun und kann genau das auch darstellen, überhaupt kein Problem. Aber tun Sie doch nicht so, auch unbewusst, als ob alle Afrikaner in kurzen Röcken mit Trommeln durch die Gegend laufen würden. Europäer laufen auch nicht schuhplattelnd und mit Lederhosen durch die Gegend. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sanierung Shakespearestraße zwischen Karl-Liebknecht-Straße und ArthurHoffmann-Straße

1 Änderung zum Baubeschluss: Sanierung Shakespearestraße zwischen Karl-Liebknecht-Straße und ArthurHoffmann-Straße (Bestätigung gem. § 79 (1) SächsGemO) (VII-DS-06604- DS-02)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau

Aus der Ratsversammlung am 14.04.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie erinnern sich vielleicht: Wir haben das vor vier Wochen beschlossen. Vor vier Wochen haben wir eine Vorlage zu einem Projekt beschlossen und bekommen vier Wochen später im Stadtrat eine Vorlage, dass sich die Kosten um 50 Prozent erhöht haben. Wenn wir die Vorlage, den Beschlusstext, durchlesen, dann wird suggeriert, dass diese Kostenerhöhung im Zusammenhang mit einer Änderung stehen würde, die der Stadtrat auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der letzten Sitzung beschlossen habe.

Wenn man aber die Vorlage genau liest, stellt man fest, dass das nicht stimmt. – Sie geben mir recht. In der Tat führt der Änderungsantrag der Grünen auch zu einer gewissen Kostenerhöhung, die aber im Verhältnis der Gesamtkostenerhöhung eher unbedeutend ist. Die Hauptkostenerhöhungen kommen durch viele andere Punkte.

Herr Oberbürgermeister, jetzt muss ich vorsichtig formulieren: Mir liegen Erkenntnisse vor, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Vorlage im Stadtrat in der letzten Stadtratssitzung ein Großteil dieser Kostenerhöhung der Verwaltung bereits bekannt war. Nach meinen Erkenntnissen waren sie dem Oberbürgermeister und auch dem zuständigen Fachbeigeordneten nicht bekannt, aber sie waren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung bekannt.

Und da frage ich mich, Herr Oberbürgermeister und Herr Dienberg, wie unsere Verwaltung organisiert ist, wenn wir hier im Stadtrat über Dinge entscheiden und wesentliche Änderungen in Grundlagen finanzieller Art, die sich im Laufe einer Vorlage ja ergeben können – das ist kein Vorwurf an irgendjemanden, Dinge können teurer werden, finanzielle Rahmenbedingungen können sich vom Zeitpunkt der Erstellung einer Vorlage bis zur Beschlussfassung im Stadtrat ändern; das ist gar kein Thema -, nicht kommuniziert werden.

Ich erwarte – und ich denke, Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch -, dass diese Änderungen, die von der Erstellung der Vorlage bis zur Beschlussfassung im Stadtrat eintreten, dem Stadtrat zur Beschlussfassung auch kommuniziert werden. Da gibt es so ein Mittel, wie man das machen kann, das heißt: Neufassung oder Austauschblatt – für die Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung, die das noch nicht gehört haben.

Herr Oberbürgermeister! Wenn Sie in der Dienstberatung über das Thema nichtöffentliche Antworten auf Anfragen mit Ihrem Beigeordnetenkreis diskutieren, können Sie ja vielleicht auch Neufassungen oder Austauschblätter zu Sachverhalten, die sich im Laufe der Zeit nach der Vorlagenerstellung ändern, als Möglichkeit der Kommunikation Richtung Stadtrat noch einmal ansprechen.

Ich denke, wenn wir zu einem vertrauensvollen Miteinander zwischen Stadtrat und Verwaltung kommen wollen, müssen wir uns darauf verlassen können, dass alle Informationen zu einer Vorlage, die der Verwaltung bekannt sind, zum Zeitpunkt der Abstimmung auch dem Stadtrat bekannt sind, und zwar egal auf welcher Ebene: ob das der Mitarbeiter ist, ob das dem Sachgebiet bekannt ist oder der Abteilung oder dem Amt. Alle Informationen müssen dem Stadtrat vorliegen.

Herr Oberbürgermeister, ich bitte Sie dringend, mit den Kolleginnen und Kollegen diesen Sachfall zu diskutieren und dafür Sorge zu tragen, dass solche Dinge – Kostensteigerungen um 50 Prozent innerhalb von vier Wochen – nicht passieren.

Ich möchte aber diese Vorlage auch ausdrücklich loben. Wir beklagen ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, immer wieder, dass Vorlagen ewig im Ämterdurchlauf hängen bleiben, Kreise drehen zwischen Dienstberatungen – 1. Dienstberatung, 2. Dienstberatung, immer und immer wieder – und wir nicht zum Ergebnis kommen. In diesem Fall war es möglich, dass von der Entstellung der Vorlage bis zur Beschlussfassung in der Dienstberatung nicht einmal eine Woche vergangen war. Also, Erstellung der Vorlage, Entscheidung in der Dienstberatung in weniger als eine Woche: Herr Oberbürgermeister, mein ausdrückliches Lob! Respekt.

Ich frage mich aber, Herr Oberbürgermeister, wenn Sie in der Lage sind, Ihre Verwaltung so zu organisieren, dass man in diesen kurzen Durchläufen wichtige Entscheidungen auf Ihrer Ebene zur Entscheidung bringen kann: Warum werden wir dann immer und immer wieder mit eilbedürftigen Vorlagen der Verwaltung versorgt, die, wenn man sich das genau nachschaut, über Monate im Ämterverfahren zirkuliert sind. Eine Woche muss es ja nicht immer sein, aber wenn Sie es schaffen würden, im Regelfall Ihre Ämterdurchläufe auf vier Wochen zu begrenzen, wären wir in der Verwaltungsarbeit ein großes Stück weiter. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Verfahren zur Beteiligung der Leipziger Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024

Verfahren zur Beteiligung der Leipziger Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024 (VII-DS-06766)
Einreicher: Dezernat Finanzen

Aus der Ratsversammlung am 14.04.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dafür zu sein, ist immer relativ einfach, dagegen zu sein, ist immer relativ schwer. Etwas zusätzlich haben zu wollen, ist immer relativ einfach, sich darauf zu verständigen, etwas nicht mehr machen zu können, ist relativ schwer. Wenn wir uns die Haushaltsberatungen in der Stadt Leipzig die letzten Jahre anschauen – und auch die eigenen Haushaltsänderungsanträge, die wir als Fraktionen gestellt haben -, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es, mit Ausnahme des letzten Doppelhaushaltes, der unter dem Corona-Vorzeichen beschlossen worden ist, relativ einfach war.

Man konnte etwas beantragen, was man zusätzlich haben wollte, und hat dann als Deckungsquelle Steuermehreinnahmen angegeben, die dann auch in gewissen Größenordnungen eingetreten sind und zur Verfügung standen und somit der Haushalt zum Ausgleich gebracht werden konnte. Dies war, wie gesagt, im Corona-Jahr schon nicht mehr möglich.

Ich erinnere an die Diskussionen, die wir hier in vergangenen Sitzungen geführt haben. Wenn wir uns die Haushaltssituation anschauen – der nächste Doppelhaushalt wird das Jahr 2023/24 -, dann war uns noch nicht klar, wie wir den Haushalt zum Ausgleich bringen können und wie wir einen gesetzeskonformen Haushalt hier durch die Verwaltung vorgelegt bekommen werden oder im Stadtrat beschließen können. Insofern haben sich die Rahmenbedingungen für uns als Stadträtinnen und Stadträte, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger geändert.

Wenn wir jetzt hier einen Bürgerhaushalt beschließen, mit dem wir zehn Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger in den Haushalt mitaufnehmen, dann heißt es eben auch, dass in dem Volumen, in dem dafür finanzielle Mittel erforderlich sein werden, für andere Dinge finanzielle Mittel nicht zur Verfügung stehen, weil das Geld ja dadurch, dass wir einen Bürgerhaushalt einführen, nicht mehr wird. Dennoch bin ich der Auffassung, dass es wichtig ist, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in einer Haushaltsberatung aufzunehmen und sie auch in dem Haushaltsverfahren zu beteiligen.

Nur: Wenn wir hier heute dann einvernehmlich beschließen, dass dies zehn Vorschläge sein sollen, dann erwarte ich auch, dass der Haushaltsausgleich nach diesen zehn Vorschlägen durch Sie, Herr Oberbürgermeister, oder durch den Bürgermeister für Finanzen erfolgt. Ich erwarte, dass wir als Stadträtinnen und Stadträte einen Haushalt vorgelegt bekommen, der unter Berücksichtigung der zehn Anträge der Bürgerinnen und Bürger genehmigungsfähig ist. Es darf dann nicht dem Stadtrat die unangenehme Aufgabe übertragen werden, das, was unter Umständen durch die übernommenen Bürgeranträge an Geld fehlt, dann an anderer Stelle oder in Form einzelner Bürgeranträge wieder herauszustreichen.

Ein solches Spiel würde ich nicht gut finden: Die Verwaltung übernimmt die Bürgeranträge, und wenn der Stadtrat zu dem Ergebnis kommt, dass man es sich nicht leisten kann, dann muss man sie wieder herausstreichen. Der gute Oberbürgermeister und der gute Finanzbürgermeister und der böse Stadtrat – das ist eine Aufgabenverteilung, die ich so bitte nicht haben möchte. Ob die Befürchtungen, die ich gerade genannt habe, dann auch in dem Umfang so eintreten werden, das wissen wir noch nicht. Wir sind ja beim ersten Bürgerhaushalt. Wir wollen das gemeinsam auswerten. Ich denke aber, dass es wichtig ist, wenn wir einen erfolgreichen Bürgerhaushalt im nächsten Jahr und auch in den Folgejahren haben werden, dass wir uns – Verwaltung und Stadtrat – darauf verständigen, dass wir gemeinsam die Dinge behandeln und dass wir gemeinsam Lösungen finden werden. Denn sonst wird dieses Verfahren zu Frustrationen bei uns Stadträtinnen und Stadträten, aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern führen wird.

Ich hoffe, wir verständigen uns in der guten Weise, in der wir uns auch in den letzten Monaten auf den Weg hin zur Einführung des Bürgerhaushaltes über Regularien verständigt haben – auch dann, wenn es ernst wird. Dann bin ich mir sicher, dass dieses Leipziger Modell für einen Bürgerhaushalt ein Erfolgsmodell werden wird. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)

Siegel für Diskrimination auf dem Wohnungsmarkt

Neufassung “Teilhabe auf dem Wohnungsmarkt für alle – Diskriminierung beenden!” (VII-A-06498-NF-02)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Aus der Ratsversammlung am 13.04.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich jetzt spontan gemeldet, nicht aufgrund des Antrags, sondern aufgrund der Ausführungen von Herrn Dr. Peter, weil die Ausführungen zeigen, dass der Antragsteller ein vollkommen falsches Bild vom Mietwohnungsmarkt in der Stadt Leipzig hat.

Sie haben ausgeführt, dass es zukünftig einem Vermieter peinlich sein muss, dieses Siegel nicht zu haben. Die große Masse der Wohnungen in der Stadt Leipzig wird von privaten Vermietern vermietet, die ein Haus haben, die eine Eigentumswohnung oder auch zwei Eigentumswohnungen haben, die vielleicht alle 5, 10, 15 oder 20 Jahre eine Neuvermietung vornehmen. Das ist die Mehrzahl der Vermieter in der Stadt Leipzig, und so werden auch die Mehrzahl der Wohnungen in der Stadt Leipzig vermietet.

Sie sagen jetzt, dass es all denjenigen, die langfristige Mietverträge haben – so auch dem privaten Vermieter, der seine Eigentumswohnung vermietet oder der eine oder zwei Mietwohnungen im Haus hat – peinlich sein muss, bei Vermietungsakten alle 15 Jahre ein solches Siegel nicht zu haben. Das zeigt, dass Sie vollkommen falsche Vorstellungen vom Mietwohnungsmarkt in der Stadt Leipzig haben. Und das ist das grundsätzliche Problem, worüber wir hier diskutieren: Sie diskutieren hier über Probleme, die unter Umständen bei großen Konzernen vorhanden sein mögen, aber Sie verallgemeinern es sowohl in Ihrer Antragstellung als auch in Ihren Redebeiträgen, als ob das alle Vermieter hier in der Stadt Leipzig betrifft. Und das ist falsch.”

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sie haben mich nicht verstanden, oder ich habe mich vielleicht falsch ausgedrückt. Ich habe keine Eigentumswohnung in Leipzig, aber eine in Dresden, die ich seit 20 Jahren vermiete. Ich habe also seit 20 Jahren keinen Vermietungsakt getätigt, und jetzt bewerbe ich mich für ein Siegel. Wie will irgendjemand beurteilen, ob ich diskriminierungsfrei vermiete? Ich habe ja gar keine Neuvermietung in den letzten 20 Jahren gehabt. Wie soll ich als jemand, der Kleinvermieter ist, zu so einem Siegel kommen? Nach welchen Kriterien wird denn so ein Siegel vergeben?

Wenn keine Vermietungsakte vorgekommen sind, kann doch auch niemand bewerten, ob ich diskriminierungsfrei vermiete. Das ist doch das Problem: Wie soll denn der Kleinvermieter, der nur alle fünf oder zehn Jahre einmal eine Neuvermietung hat, weil jemand auszieht, zu einem Siegel von einer unabhängigen Stelle zertifiziert werden, dass er diskriminierungsfrei vermietet? Wie soll das funktionieren?

Und dann sagen Sie: Wer das Siegel nicht hat – was er kaum bekommen kann, weil er ja keine Vermietungsakte hat -, dem muss es peinlich sein. Das ist das Problem, das wir haben. Wenn ich einfach einen Brief an die Zertifizierungsstelle schreiben und sagen kann: Ich, Sven Morlok, vermiete diskriminierungsfrei. Bitte schicken Sie mir das Siegel zu. Dann wäre das kein Problem. Aber dann können Sie es auch bleiben lassen. Es muss doch jemand bewerten. Und wenn keine Vermietungsakte stattfinden, kann auch nichts bewertet werden. Das ist das Problem, das wir haben, und das haben Sie nicht verstanden.”

(Es gilt das gesprochene Wort)