Unterzeichnung des Vertrages zum Verbot von Atomwaffen durch die Bundesrepublik (VI-P-08091-DS-02) Einreicher: Petitionsausschuss
Aus der Ratsversammlung am 30.10.2019
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bonew, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können sich vielleicht schon denken, was ich zu dieser Petition anmerken möchte. Wir sind als Gremium einfach nicht zuständig. Ich halte es für höchst problematisch, wenn man über den Umweg von Petitionen oder Anträgen in Gremien Dinge zur Beschlussfassung aufruft, für die man nicht zuständig ist. Wir können sonst über diesen Umweg jegliches Thema der Landespolitik, der Bundespolitik, der Europapolitik und der Vereinten Nationen hier in diesen Stadtrat ziehen. Und wir beschließen dann aufgrund eines Kenntnisstandes, der bei vielen Punkten unzureichend ist. Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer von Ihnen denn die internen Abwägungen der Bundesregierung kennt, warum sie bisher diesen Vertrag nicht unterschrieben hat. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht das einzige NATO-Land, das diesen Vertrag nicht unterzeichnet hat, sondern Österreich ist das einzige Land, das ihn unterzeichnet hat. Unter Umständen gibt es ja gute Gründe, dass sich die NATO-Staaten bisher gegen die Unterzeichnung dieses Vertrages ausgesprochen haben. Vielleicht ist auch nicht jeder dieser Gründe öffentlich. Auch wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, besprechen aus guten Gründen einige Dinge – auch heute wieder – in nichtöffentlicher Sitzung. Es ist mit Sicherheit im Deutschen Bundestag so; es ist mit Sicherheit in der Bundesregierung so; und meines Wissens sind auch die Beratungen des NATO-Rates in der Regel nicht öffentlich. Wir maßen uns hier also an, ohne jede Kenntnis dieser Abwägungsprozesse eine Entscheidung zu treffen oder eine Aufforderung zu formulieren, etwas zu tun oder zu lassen. Das halte ich für höchst problematisch. Ich kann mir gar nicht anmaßen, zu entscheiden, ob es aufgrund der bestehenden Verträge und Absprachen innerhalb des Bündnis‘, dem wir nun einmal angehören, sinnvoll ist, diese Aufforderung zu tun oder nicht zu tun. Ich weiß es nicht. Ich habe das Wissen nicht. Und liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie sagen, Sie haben es auch nicht. Wenn der Oberbürgermeister noch da gewesen wäre, hätte ich ihn gefragt, ob er denn in der Sachfrage mal mit seinem Kollegen Außenminister Heiko Maas telefoniert hat oder ihn mal gefragt hat: Lieber Heiko, warum unterschreibt ihr das Ding nicht? Da muss es doch Gründe geben. Und ob Herr Maß sie ihm vielleicht gesagt hat oder aufgrund der entsprechenden Geheimhaltungsgründe nicht in der Lage war, sie ihm zu sagen.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir hier Kommunalpolitik machen, ist das gut, und da sollen wir uns auch um die entsprechenden Beschlüsse hier für Leipzig streiten. Wir tun aber der Politik insgesamt keinen Gefallen, wenn wir uns hier Themen auf den Tisch ziehen – egal über welches Vehikel -, für das wir nicht zuständig sind und dann irgendeinen Beschluss oder eine Beschlussempfehlung fassen. Es gibt ein gutes Gefühl, wenn man hier politisch eine Entscheidung gegen Atomwaffen trifft. Ob sie aber aufgrund der Bundesrepublik Deutschland im NATO-Bündnis sachgerecht ist oder nicht sachgerecht ist, kann uns keiner von Ihnen sagen. Daher bitte ich Sie sehr herzlich, die entsprechende Petition abzulehnen. – Vielen Dank.
(Es gilt das gesprochene Wort)