Wir lehnen die Idee des Jugendparlamentes ab, den Goerdelerring umzubenennen und sein Denkmal zu entfernen. Goerdeler wird zu Recht eine antisemitische Grundhaltung vorgeworfen. Wenn wir jedoch alle Leipziger Oberbürgermeister gründlich überprüfen, würden wir gewiss bei jedem Aspekte finden, die wir aus heutiger Perspektive anders bewerten. Es ist wichtig, das Handeln historischer Persönlichkeiten im Kontext ihrer Epoche zu verstehen und die Geschichte reflektiert zu analysieren. Auch wenn er die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 noch positiv bewertet hat, wurde er ab 1936 im Widerstand aktiv. Er weigerte sich, die Nazi-Flagge an unserem Rathaus zu hissen, und setzte sich für die Wiederaufstellung des Denkmals des jüdischen Komponisten Mendelssohn-Bartholdy ein, nachdem Nazis es abgerissen hatten. Aufgrund seines Widerstands gegen Nazi-Deutschland zahlte Goerdeler letztendlich mit seinem Leben den höchsten Preis. Goerdeler war eine Person seiner Zeit. Es ist wenig sinnvoll solche Persönlichkeiten mit unseren heutigen Maßstäben zu messen und alles umzubenennen, sobald Widersprüche auftauchen. Wenn es wirklich um das Thema Antisemitismus geht, müssten wir in Leipzig mit dem Martin-Luther-Ring anfangen.
Dr. Klaus-Peter Reinhold, Stadtrat
Veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Leipzig am 13. Januar 2024