Siegel für Diskrimination auf dem Wohnungsmarkt

Neufassung “Teilhabe auf dem Wohnungsmarkt für alle – Diskriminierung beenden!” (VII-A-06498-NF-02)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Aus der Ratsversammlung am 13.04.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich jetzt spontan gemeldet, nicht aufgrund des Antrags, sondern aufgrund der Ausführungen von Herrn Dr. Peter, weil die Ausführungen zeigen, dass der Antragsteller ein vollkommen falsches Bild vom Mietwohnungsmarkt in der Stadt Leipzig hat.

Sie haben ausgeführt, dass es zukünftig einem Vermieter peinlich sein muss, dieses Siegel nicht zu haben. Die große Masse der Wohnungen in der Stadt Leipzig wird von privaten Vermietern vermietet, die ein Haus haben, die eine Eigentumswohnung oder auch zwei Eigentumswohnungen haben, die vielleicht alle 5, 10, 15 oder 20 Jahre eine Neuvermietung vornehmen. Das ist die Mehrzahl der Vermieter in der Stadt Leipzig, und so werden auch die Mehrzahl der Wohnungen in der Stadt Leipzig vermietet.

Sie sagen jetzt, dass es all denjenigen, die langfristige Mietverträge haben – so auch dem privaten Vermieter, der seine Eigentumswohnung vermietet oder der eine oder zwei Mietwohnungen im Haus hat – peinlich sein muss, bei Vermietungsakten alle 15 Jahre ein solches Siegel nicht zu haben. Das zeigt, dass Sie vollkommen falsche Vorstellungen vom Mietwohnungsmarkt in der Stadt Leipzig haben. Und das ist das grundsätzliche Problem, worüber wir hier diskutieren: Sie diskutieren hier über Probleme, die unter Umständen bei großen Konzernen vorhanden sein mögen, aber Sie verallgemeinern es sowohl in Ihrer Antragstellung als auch in Ihren Redebeiträgen, als ob das alle Vermieter hier in der Stadt Leipzig betrifft. Und das ist falsch.”

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sie haben mich nicht verstanden, oder ich habe mich vielleicht falsch ausgedrückt. Ich habe keine Eigentumswohnung in Leipzig, aber eine in Dresden, die ich seit 20 Jahren vermiete. Ich habe also seit 20 Jahren keinen Vermietungsakt getätigt, und jetzt bewerbe ich mich für ein Siegel. Wie will irgendjemand beurteilen, ob ich diskriminierungsfrei vermiete? Ich habe ja gar keine Neuvermietung in den letzten 20 Jahren gehabt. Wie soll ich als jemand, der Kleinvermieter ist, zu so einem Siegel kommen? Nach welchen Kriterien wird denn so ein Siegel vergeben?

Wenn keine Vermietungsakte vorgekommen sind, kann doch auch niemand bewerten, ob ich diskriminierungsfrei vermiete. Das ist doch das Problem: Wie soll denn der Kleinvermieter, der nur alle fünf oder zehn Jahre einmal eine Neuvermietung hat, weil jemand auszieht, zu einem Siegel von einer unabhängigen Stelle zertifiziert werden, dass er diskriminierungsfrei vermietet? Wie soll das funktionieren?

Und dann sagen Sie: Wer das Siegel nicht hat – was er kaum bekommen kann, weil er ja keine Vermietungsakte hat -, dem muss es peinlich sein. Das ist das Problem, das wir haben. Wenn ich einfach einen Brief an die Zertifizierungsstelle schreiben und sagen kann: Ich, Sven Morlok, vermiete diskriminierungsfrei. Bitte schicken Sie mir das Siegel zu. Dann wäre das kein Problem. Aber dann können Sie es auch bleiben lassen. Es muss doch jemand bewerten. Und wenn keine Vermietungsakte stattfinden, kann auch nichts bewertet werden. Das ist das Problem, das wir haben, und das haben Sie nicht verstanden.”

(Es gilt das gesprochene Wort)