Verfahren zur Beteiligung der Leipziger Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024

Verfahren zur Beteiligung der Leipziger Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024 (VII-DS-06766)
Einreicher: Dezernat Finanzen

Aus der Ratsversammlung am 14.04.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dafür zu sein, ist immer relativ einfach, dagegen zu sein, ist immer relativ schwer. Etwas zusätzlich haben zu wollen, ist immer relativ einfach, sich darauf zu verständigen, etwas nicht mehr machen zu können, ist relativ schwer. Wenn wir uns die Haushaltsberatungen in der Stadt Leipzig die letzten Jahre anschauen – und auch die eigenen Haushaltsänderungsanträge, die wir als Fraktionen gestellt haben -, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es, mit Ausnahme des letzten Doppelhaushaltes, der unter dem Corona-Vorzeichen beschlossen worden ist, relativ einfach war.

Man konnte etwas beantragen, was man zusätzlich haben wollte, und hat dann als Deckungsquelle Steuermehreinnahmen angegeben, die dann auch in gewissen Größenordnungen eingetreten sind und zur Verfügung standen und somit der Haushalt zum Ausgleich gebracht werden konnte. Dies war, wie gesagt, im Corona-Jahr schon nicht mehr möglich.

Ich erinnere an die Diskussionen, die wir hier in vergangenen Sitzungen geführt haben. Wenn wir uns die Haushaltssituation anschauen – der nächste Doppelhaushalt wird das Jahr 2023/24 -, dann war uns noch nicht klar, wie wir den Haushalt zum Ausgleich bringen können und wie wir einen gesetzeskonformen Haushalt hier durch die Verwaltung vorgelegt bekommen werden oder im Stadtrat beschließen können. Insofern haben sich die Rahmenbedingungen für uns als Stadträtinnen und Stadträte, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger geändert.

Wenn wir jetzt hier einen Bürgerhaushalt beschließen, mit dem wir zehn Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger in den Haushalt mitaufnehmen, dann heißt es eben auch, dass in dem Volumen, in dem dafür finanzielle Mittel erforderlich sein werden, für andere Dinge finanzielle Mittel nicht zur Verfügung stehen, weil das Geld ja dadurch, dass wir einen Bürgerhaushalt einführen, nicht mehr wird. Dennoch bin ich der Auffassung, dass es wichtig ist, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in einer Haushaltsberatung aufzunehmen und sie auch in dem Haushaltsverfahren zu beteiligen.

Nur: Wenn wir hier heute dann einvernehmlich beschließen, dass dies zehn Vorschläge sein sollen, dann erwarte ich auch, dass der Haushaltsausgleich nach diesen zehn Vorschlägen durch Sie, Herr Oberbürgermeister, oder durch den Bürgermeister für Finanzen erfolgt. Ich erwarte, dass wir als Stadträtinnen und Stadträte einen Haushalt vorgelegt bekommen, der unter Berücksichtigung der zehn Anträge der Bürgerinnen und Bürger genehmigungsfähig ist. Es darf dann nicht dem Stadtrat die unangenehme Aufgabe übertragen werden, das, was unter Umständen durch die übernommenen Bürgeranträge an Geld fehlt, dann an anderer Stelle oder in Form einzelner Bürgeranträge wieder herauszustreichen.

Ein solches Spiel würde ich nicht gut finden: Die Verwaltung übernimmt die Bürgeranträge, und wenn der Stadtrat zu dem Ergebnis kommt, dass man es sich nicht leisten kann, dann muss man sie wieder herausstreichen. Der gute Oberbürgermeister und der gute Finanzbürgermeister und der böse Stadtrat – das ist eine Aufgabenverteilung, die ich so bitte nicht haben möchte. Ob die Befürchtungen, die ich gerade genannt habe, dann auch in dem Umfang so eintreten werden, das wissen wir noch nicht. Wir sind ja beim ersten Bürgerhaushalt. Wir wollen das gemeinsam auswerten. Ich denke aber, dass es wichtig ist, wenn wir einen erfolgreichen Bürgerhaushalt im nächsten Jahr und auch in den Folgejahren haben werden, dass wir uns – Verwaltung und Stadtrat – darauf verständigen, dass wir gemeinsam die Dinge behandeln und dass wir gemeinsam Lösungen finden werden. Denn sonst wird dieses Verfahren zu Frustrationen bei uns Stadträtinnen und Stadträten, aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern führen wird.

Ich hoffe, wir verständigen uns in der guten Weise, in der wir uns auch in den letzten Monaten auf den Weg hin zur Einführung des Bürgerhaushaltes über Regularien verständigt haben – auch dann, wenn es ernst wird. Dann bin ich mir sicher, dass dieses Leipziger Modell für einen Bürgerhaushalt ein Erfolgsmodell werden wird. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)