Anwendung von Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten durch die Stadt Leipzig

Anfrage:

In der Informationsvorlage des Oberbürgermeisters VII-Ifo-06013 “Anwendung von Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten” heißt es auf den Seiten 4 und 5: “Zur Aktivierung von bislang unsanierten und leerstehenden Immobilien ist es erforderlich, das städtebauliche Instrument der Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote neben den bereits bestehenden Instrumenten anzuwenden, um die städtebauliche und denkmalpflegerische Qualität in den Stadtquartieren zu erhalten. (..) Aus Sicht der Verwaltung sind wirksamere Wege zur Durchführung von Maßnahmen gegenüber nicht mitwirkenden Eigentümern notwendig.”

Daher fragen wir an:

  1. Wie viele Immobilien gibt es mit einem entsprechenden  Handlungsbedarf?
  2. In wie vielen Fällen sind die Eigentumsverhältnisse dieser Immobilien ungeklärt oder teilweise ungeklärt?
  3. Wie viele dieser Immobilien liegen in Gebieten mit bereits beschlossenen Erhaltungssatzungen und wie viele in Gebieten, in denen die Aufstellung von Erhaltungssatzungen geplant ist?

Antwort:

Bürgermeister Dienberg: “Es geht um das Modernisierungs- und Instandssetzungsgebot. Zur ersten Frage: die Arbeit der AG verwahrloste Immobilien bezog sich aus Kapazitätsgründen nur auf ein Teil von Gebäuden, die zum Beispiel durch Bürger oder Interessenten gemeldet worden sind, die sich an wichtigen Straßen befinden und/oder auch unter Denkmalschutz stehen. Die Erfassung sämtlicher Gebäude – das ist ja die Zielrichtung Ihrer Fragestellung – war dabei nicht vorgesehen. Insofern haben wir auch keinen Gesamtüberblick über sämtliche Immobilien in dieser Stadt, die unter diesem Aspekt fallen.

Aus der Bearbeitung in der AG resultieren Gebäude für die mit den bisher angewandten Instrumenten keine Lösung für eine Sanierung oder einen Verkauf aufgrund der Nichtmitwirkung der Eigentümer gefunden wurde. Und für diese Einzelfälle sollen für ein bis zwei Vorhaben pro Jahr der Erlass von Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten geprüft werden.

Zwischenzeitlich ist zu verzeichnen, dass der Anteil sanierter Gebäude weiter zunimmt. Ebenso wurden Gebäude weiter verkauft bei denen durch den Verkauf nunmehr von einer kurz bis mittelfristigen Sanierung durch die neuen Eigentümer ausgegangen werden kann. Damit reduziert sich nach unserer Auffassung der Anzahl möglicher Gebäude für die ein solches Gebot erlassen werden könnte.

Zur Frage 2 und zur Frage 3: Es gibt keine Gesamterfassung – ich hatte das eingangs eben schon gesagt – möglicher Gebäude für den Erlass von Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten. Daher kann auch keine Zahl an Immobilien mit ungeklärten Eigentumsverhältnissen oder in Gebieten mit beschlossenen oder geplanten Erhaltungssatzung genannt werden. Danke.”

Bürgermeister Bonew: “Herr Morlok”

Stadtrat Morlok: “Sehr geehrter Dienberg, ich kann nachvollziehen, dass Sie die Fragen für Gebäude, die Sie nicht untersucht haben und nicht kennen, nicht beantworten können. Aber es gibt ja Gebäude, die Sie kennen und die Sie untersucht haben. Ausweislich Ihrer Vorlage Seite 5, heißt es, dass unter Federführung des Dezernats VI über 100 Gebäude mit unterschiedlichem Aufwand bearbeitet wurden.

Ich präzisiere da jetzt meine Frage 2 – wie viele dieser 100 von Dezernat federführend bearbeitenden Objekte sind die Eigentumsverhältnisse ungeklärt oder teilweise ungeklärt? In wie vielen von diesen 100, die Sie ja kennen, ist es geklärt oder ungeklärt? Wie viele dieser 100, die Sie ja bearbeitet haben, liegen in Gebieten, in denen Erhaltungssatzung aufgestellt wurden? Wie viele dieser 100 liegen in Gebieten in denen Erhaltungssatzungen in Vorbereitung sind?”

Bürgermeister Dienberg: „Sie wollen eine konkrete Zahl haben, Herr Morlok, nehme ich an.“

Stadtrat Morlok (Freibeuter): „Genau. Die hätte ich gern, aber wenn Sie sie nicht liefern können, gern auch nächste Woche.”

Bürgermeister Dienberg: „Jawohl, Sie bekommen eine konkrete Zahl, aber nicht heute und hier, sondern nächste Woche.“

(Es gilt das gesprochene Wort)

Anfrage im Allris

Morlok (FDP): “Oberbürgermeister knickt bei Genehmigungskriterien für Milieuschutz ein”

Die Zusage des Oberbürgermeisters in der Ratsversammlung am 17. Juni 2020, die Genehmigungskriterien für Gebiete mit Satzungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, in den Fachausschüssen erneut zur Diskussion zu stellen, verbucht die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat als Erfolg für sich: “Der Oberbürgermeister knickt bei den Genehmigungskriterien für Milieuschutz ein, dafür haben die Freibeuter gesorgt. Die Erhaltungssatzungen stellen massive Eingriffe in das Eigentum der Leipzigerinnen und Leipziger dar. Was in unserer Stadt verboten ist, entscheidet der Stadtrat und nicht der Oberbürgermeister”, so FDP-Stadtrat und Vorsitzender der Fraktion Freibeuter, Sven Morlok. Der Oberbürgermeister hatte die Genehmigungskriterien für Gebiete mit Satzungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung als handlungsleitend für die Verwaltung ursprünglich ohne Befassung des Stadtrates anweisen wollen.

Angesichts der Beschlussfassung der Sozialen Erhaltungssatzungen hatte die Fraktion Freibeuter neben der fehlenden Einbindung des Stadtrates in die Erarbeitung der einzelnen Kriterien, die bei der Genehmigung bzw. Versagung von baulichen Maßnahmen über einen durchschnittlichen Standard hinaus durch die Stadtverwaltung zukünftig in Gebieten mit Sozialen Erhaltungssatzungen zur Anwendung kommen sollen, kritisiert.

„Wer stehenbleibt, fällt zurück“, beschreibt der Freidemokrat Morlok die aus seiner Sicht fragwürdigen Folgen sozialer Erhaltungssatzungen. “Gebiete mit Erhaltungssatzungen profitieren nicht von einer positiven Entwicklung. Im Gegenteil, nach einigen Jahren müssen die abgehängten Gebiete mit viel Fördergeld wieder an das Niveau der Stadt herangeführt werden. Bestimmte Milieus sind nicht um jeden Preis erhaltenswert. Nicht alles, was rechtlich möglich ist, ist auch politisch sinnvoll.“ Morlok verwies in diesem Zusammenhang auf das auffällig hohe Niveau von Straftaten in den betroffenen Gebieten. „Wir sollten Leipzigs Kriminalitätshochburgen nicht durch Erhaltungssatzungen zementieren, sondern durch eine bessere Durchmischung der Bevölkerung entschärfen.“

Die Fraktion Freibeuter und die FDP-Stadträte hatten umfangreiche Änderungsanträge zu den Genehmigungskriterien im Rahmen der Sozialen Erhaltungssatzungen gestellt, die nun im regulären Antragsverfahren behandelt werden.

Genehmigungskriterien in Gebieten mit Sozialer Erhaltungssatzung in Leipzig

Antrag:

1. Der Oberbürgermeister beauftragt die Verwaltung nach Beschlussfassung durch den Stadtrat mit der Anwendung der Genehmigungskriterien gemäß VI-DS-08248 in wie folgt zu ändernder Form, wobei jede zukünftige Änderung der Genehmigungskriterien der Zustimmung des Stadtrates bedarf:

d. Abschnitt 2.2.3 “Für folgende Maßnahmen kann erhaltungsrechtlich eine Genehmigung nach Prüfung im Einzelfall erteilt werden” wird wie folgt ergänzt:

–  Einbau einer Gegensprechanlage mit Videoübertragung

Korrespondierend wird in Abschnitt 2.1.2. “Für folgende Maßnahmen wird erhaltungsrechtlich keine Genehmigung erteilt” im fünften Anstrich der Text „Einbau einer Gegensprechanlage mit Videoübertragung“ gestrichen.
e. Abschnitt 2.1.2 “Für folgende Maßnahmen wird erhaltungsrechtlich keine Genehmigung erteilt” wird wie folgt ergänzt:

Für folgende Maßnahmen wird erhaltungsrechtlich keine Genehmigung erteilt, ausgenommen sind nicht sicht- und unmittelbar nutzbare vorbereitende bauliche Veränderungen.

f. In Abschnitt 2.1.2 “Für folgende Maßnahmen (..) wird erhaltungsrechtlich keine Genehmigung erteilt” wird geändert:

– Einbau eines Zweitbades oder Gäste-WC in Wohnungen, die weniger als 3 Zimmer haben (separate Küchen werden nicht als Zimmer gezählt)

Korrespondierend wird in Abschnitt 2.2.3 “Für folgende Maßnahmen kann erhaltungsrechtlich eine Genehmigung nach Prüfung im Einzelfall erteilt werden” geändert:

– Einbau Gäste-WC in Wohnungen mit mindestens 3 Zimmer (ohne Küche), wenn die Anzahl der Zimmer nicht verringert wird

 

2. Beschreibung des Standards für Gebiete in der Stadt Leipzig mit „Sozialer Erhaltungssatzung“ zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuches

Die Regelung Nummer 3.3., Punkt 2 wird wie folgt gefasst:

„Nutzungsänderung von leerstehendem Wohnraum in Erdgeschosslage in Gewerbe sowie einzelnem Wohnraum in kulturelle oder soziale Nutzung, wenn damit die Stadtteilentwicklung gemäß städtischer Ziele oder die Wiederbelebung in Magistralen erfolgen kann“

 

3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Genehmigungskriterien, wie in der Vorlage VI-DS-08248 beschrieben, zu konkretisieren und dem Stadtrat bis zum 31.08.2020 31.07.2020 zur Beschlussfassung vorzulegen.

Um den städtischen Zielen „Stadt der kurzen Wege“ und nutzungsgemischten Wohnquartieren Rechnung zu tragen, sollen Nutzungsänderungen und bauliche Maßnahmen, die eine Umwandlung von Gewerberäumen, insbesondere in der Erdgeschosszone in Wohnungen, zur Folge haben, einer  Einzelfallprüfung unterzogen werden.

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Stadtrat sowie die betreffenden Stadtbezirksbeiräte halbjährlich durch einen Sachstandsbericht über den aktuellen Stand der abgelehnten Genehmigungen, Einzelfallentscheidungen und genehmigungsfreien Bauvorhaben sowie Nutzungsänderungen zu informieren.

Begründung:

Die Begründung erfolgt mündlich.

Status:

Der Antrag wurde von der Ratsversammlung am 11. November 2020 abgelehnt.

Antrag im Allris

Verwaltungsstandpunkt im Allris

Die Einreicher dieses Antrages sind Stadträte Sven Morlok, Franziska Rudolph
und Dr. Klaus-Peter Reinhold.