Anfrage:
Die Fragen beziehen sich auf die Beantwortung der Anfrage VI-F-06172 „Auswirkungen der Aufstockung des Stadtordnungsdienstes“ der Fraktion Freibeuter:
- Wie haben sich die Fallzahlen bußgeldrelevanter Tatbestände im Vergleich der Jahre 2015, 2016, 2017 und 1. Halbjahr 2018 im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten des Ordnungsamtes entwickelt?
- Wie hat sich die Zahl der die im Außendienst erfassten Tatbestände weiterbearbeitenden Mitarbeiter im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten des Ordnungsamtes im Vergleich der Jahre 2015, 2016, 2017 und 1. Halbjahr 2018 entwickelt? Bitte um Gegenüberstellung von Fallzahlen, VZÄ lt. Stellenplan, VZÄ-Besetzung und Ausfallzeiten in VZÄ und analog der Tabelle in der Antwort zu Frage 4 in Anfrage VI-F-06172.
- (siehe Antwort auf Frage 2 und 4 der Anfrage VI-F-06172):
(a) Ist es richtig, dass ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung softwareseitig nicht die Einstellungsgründe (wie bspw. Verjährung) differenzieren und bei Abschluss des Falles dokumentieren kann?
(b) Welche Gründe führen zum Eintreten der Verjährung, wenn sie nicht personeller Art sind?
(c) Warum wird dennoch angeführt, dass 2.000 Fallbearbeitungen je Sachbearbeiter nicht überschritten werden sollen, um den Eintritt der Verjährung wegen Zeitverfall zu verhindern?
- (siehe Antwort auf Frage 4 der Anfrage VI-F-06172): Welche Maßnahmen ergreift der Oberbürgermeister kurzfristig, um der seit 2016 anhaltenden Überschreitung der Fallzahlen je Sachbearbeiter entgegen zu wirken. Welche Maßnahmen sind langfristig geplant?
Anfrage im Allris
Antwort:
Eingangs ist festzuhalten, dass die Fragestellung widersprüchlich ist, da ausdrücklich Bezug auf die Auswirkungen der Aufstockung des Stadtordnungsdienstes in der Bußgeldsachbearbeitung genommen wird. Feststellungen zu den nunmehr ergänzend nachgefragten Verkehrsordnungswidrigkeiten treffen im kommunalen Bereich jedoch die Mitarbeiter/innen der Abteilung Verkehrsüberwachung. Zudem gestalten sich die Abläufe und der Aufwand in der Sachbearbeitung bei Verkehrs- bzw. allgemeinen Ordnungswidrigkeiten unterschiedlich. Insofern ist eine gesonderte Betrachtung beider Aufgabenbereiche angezeigt.
Im Folgenden werden – ergänzend zu der bereits am 16.08.2018 erfolgten Darstellung der Situation hinsichtlich der Bearbeitung allgemeiner Ordnungswidrigkeiten – Angaben für das Sachgebiet Verkehrsordnungswidrigkeiten gemacht.
Frage 1: Wie haben sich die Fallzahlen bußgeldrelevanter Tatbestände im Vergleich der Jahre 2015, 2016, 2017 und 1. Halbjahr 2018 im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten des Ordnungsamtes entwickelt?
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
1. Hj 2018 |
Fallzahl |
449.537 |
485.850 |
479.956 |
241.983 |
Tabelle: Fallzahlentwicklung – Verkehrsordnungswidrigkeiten
Die Angaben umfassen alle Tatbestände des ruhenden und des fließenden Verkehrs sowie Unfälle. Hinsichtlich der Feststellung beinhalten sie alle Anzeigen der kommunalen Verkehrsüberwachung, des Polizeivollzugsdienstes, anderer Ämter und Behörden sowie Privatanzeigen.
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
>HJ 2018 |
Fallzahl |
11.577 |
13.400 |
12.556 |
7.235 |
Tabelle: Fallzahlentwicklung – Allgemeine Ordnungswidrigkeiten
Frage 2: Wie hat sich die Zahl der die im Außendienst erfassten Tatbestände weiterverarbeitenden Mitarbeiter im Bereich Verkehrsordnungswidrigkeiten des Ordnungsamtes im Vergleich der Jahre 2015, 2016, 2017 und 1. Halbjahr 2018 entwickelt? Bitte um Fallzahlen, VZÄ lt. Stellenplan, VZÄ-Besetzung und Ausfallzeiten in VZÄ und analog der Tabelle in der Antwort zu Frage 4 in der Anfrage VI-F-06172.
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
1. Hj 2018 |
Fallzahlen |
449.537 |
485.850 |
479.956 |
241.983 |
VZÄ lt. Stellenplan mit SGL |
33,25 |
33,25 |
31,25* |
31,25 |
VZÄ-Besetzung lt. Stellenplan |
33,25 |
33,195 |
31,2 |
30,25 |
Ausfallzeiten in VZÄ |
3,87 |
3,41 |
3,91 |
4,40 |
IST-Besetzung in VZÄ |
29,38 |
29,785 |
27,29 |
25,58 |
Tabelle: Stellenbesetzung – SG Verkehrsordnungswidrigkeiten
* Korrektur um 2,0 VZÄ
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
1. Hj. 2018 |
Fallzahlen |
11.577 |
13.400 |
12.556 |
7.235 |
VZÄ lt. Stellenplan mit SGL |
7,0 |
7,0 |
8,0 |
9,0 * |
VZÄ-Besetzung lt. Stellenplan |
7,0 |
7,0 |
7,0 |
9,0 |
Ausfallzeiten in VZÄ |
1,9 |
0,9 |
0,6 |
0,5 |
IST-Besetzung in VZÄ |
5,1 |
6,1 |
6,4 |
8,5 |
Tabelle: Stellenbesetzung – SG Allgemeine Ordnungswidrigkeiten
* Einrichtung einer bis zum 31.12.2018 befristeten Stelle durch Verlagerung innerhalb des Ordnungsamtes
Frage 3: a. Ist es richtig, dass ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung softwareseitig nicht die Einstellungsgründe (wie bspw. Verjährung) differenzieren und bei Abschluss des Falles dokumentieren kann?
Alle angezeigten Ordnungswidrigkeiten werden in das Bearbeitungsverfahren Saar-OWi eingepflegt, bearbeitet und in diesem Verfahren zu einem Abschluss gebracht. Im Einstellungsfall werden die Gründe – nach bestimmten Fallgruppen differenziert – dokumentiert. Einer dieser Einstellungsgründe ist die eingetretene Verfolgungsverjährung. Eine tiefergehende statistische Auswertung der dafür ursächlichen Faktoren erfolgt aber nicht. Dies wäre nicht eindeutig einem Faktor zuordenbar und zudem mit erheblichem manuellen Aufwand verbunden.
Frage 3: b. Welche Gründe führen zum Eintreten der Verjährung, wenn sie nicht personeller Art sind?
Verjährungsgründe können sein:
- zu späte Anzeige der Ordnungswidrigkeit gegenüber der Verfolgungsbehörde
- fehlende Mitwirkung des Betroffenen bzw. der Zeugen
- Betroffener kann nicht ermittelt werden
- ergebnislose/ langwierige Aufenthaltsermittlungen
- Verjährung bei Gericht oder Staatsanwaltschaft
- Abgabe des Verfahren von der Staatsanwaltschaft an die Bußgeldbehörde ohne Abgabeverfügung nach § 43 OWiG
- durch Überlastung/ Personalausfall bedingter Zeitverzug in der Fallbearbeitung bei anderen beteiligten Ämtern und Behörden
- Zustellungsmängel
u. a.
Da sich oft mehrere Gründe überschneiden bzw. gleichzeitig vorliegen, macht es keinen Sinn, dies statistisch differenziert zu erfassen.
Frage 3: c. Warum wird dennoch angeführt, dass 2.000 Fallbearbeitungen je Sachbearbeiter nicht überschritten werden sollen, um den Eintritt der Verjährung wegen Zeitverfall zu verhindern?
Treten hinsichtlich der o. g. Einstellungsgründe keine signifikanten Abweichungen von den jahrelangen Erfahrungswerten ein, so ist ein Ansteigen der Einstellungsquote ein Indikator dafür, dass die Leistungsgrenze des vorhandenen Personals erreicht bzw. überschritten ist und eine Überlastungssituation vorliegt.
Eine dauerhafte Überschreitung der jährlich zu bearbeitenden Fallzahl pro VZÄ von
- mehr als 2.000 Vorgängen bei allgemeinen Ordnungswidrigkeiten
- mehr als 14.000 Vorgängen bei Verkehrsordnungswidrigkeiten
führt zu einer Dauerbelastung, die nicht mehr kompensiert werden kann, was wiederum zu einer qualitätsgeminderten Bearbeitung (mit nachteiligen Rechtsfolgen für die Stadt Leipzig), Einnahmeverlusten oder eben zum Anstieg verjährter Fälle führt. Die o. g. Angaben sind Standards und bereits Maximalwerte.
Bearbeitungsrückstände der Sachbearbeiter der Bußgeldbehörde sind in der Tat ein häufiger Grund, aus dem Fälle verjähren. Für Verkehrsordnungswidrigkeiten wurde ein Standard von 14.000 Fällen pro Mitarbeiter von externen Gutachtern ermittelt.
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
1. Hj 2018 |
Fallzahlen |
449.537 |
485.850 |
479.956 |
241.983 |
VZÄ lt. Stellenplan ohne SGL |
32,25 |
31,75 |
30,25 |
30,25 |
Fälle pro VZÄ lt. Stellenplan |
13.939 |
15.302 |
15.867 |
15.999* |
Tabelle: Fallzahl pro VZÄ – Verkehrsordnungswidrigkeiten
* Hochrechnung anhand Halbjahr
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
1. Hj 2018 |
Fallzahlen |
11.577 |
13.400 |
12.556 |
7.235 |
VZÄ lt. Stellenplan ohne SGL |
6,0 |
6,0 |
7,0 |
8,0 |
Fälle pro VZÄ lt. Stellenplan** |
2.104 |
2.436 |
1.931 |
2.000* |
Tabelle: Fallzahl pro VZÄ – Allgemeine Ordnungswidrigkeiten
* Hochrechnung anhand Halbjahr
**eine Stelle nur zu 0,5 VZÄ mit Fallbearbeitung befasst (lt. Stellenbeschreibung)
Hinsichtlich der Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten ist ersichtlich, dass die Werte bereits bei Zugrundelegung der VZÄ lt. Stellenplan seit 2016 weit über dem ermittelten Standard liegen. Die tatsächliche Anzahl der Fälle, die ein Mitarbeiter bearbeiten muss, liegt – bezieht man nicht besetzte Stellen und Stellenanteile sowie Ausfallzeiten durch Arbeitsunfähigkeit ein – weit höher.
Trotz ständiger Überprüfung der Arbeitsabläufe und -organisation bezüglich möglicher Optimierungspotenziale hat diese Situation dauerhaft hohe Arbeitsrückstände zur Folge. Auch die Anfälligkeit für Fehler in der Bearbeitung steigt.
Frage 4: (siehe Antwort auf Frage 4 der Anfrage VI-F-06172): Welche Maßnahmen ergreift der Oberbürgermeister kurzfristig, um der seit 2016 anhaltenden Überschreitung der Fallzahlen je Sachbearbeiter entgegen zu wirken. Welche Maßnahmen sind langfristig geplant?
Kurzfristig wurde – vorerst befristet bis zum 31.12.2018 – eine Stelle (1,0 VZÄ) innerhalb des Amtes zugunsten der Bearbeitung von allgemeinen Ordnungswidrigkeiten gewandelt.
Langfristig wurde im HH-Plan 2019/2020 eine weitere Stelle für die Bearbeitung von allgemeinen Ordnungswidrigkeiten vorgesehen, wozu sowohl aus der weiterhin steigenden Fallzahlentwicklung als auch der Aufstockung des Stadtordnungsdienstes eine entsprechende Notwendigkeit abzuleiten ist. Eine weitere Stelle wird dem Bereich Erzwingungshaften/ Ersatzmaßnahmen zugeführt, wo sich seit Jahren die Fallzahlen auf einem hohen (Verdreifachung) Niveau manifestiert haben.
Antwort im Allris