Morlok (FDP): “Jugendparlament goes Sächsische Gemeindeordnung!”

Auf Antrag der Fraktion Freibeuter und mit einer Mehrheit des Leipziger Stadtrates in der Ratsversammlung am 08. Juli 2020 wird sich der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung, beim Freistaat Sachsen dafür einsetzen, Jugendparlamente im Freistaat in der Sächsischen Gemeindeordnung zu verankern und mit einem Anfragen- und Antragsrecht auszustatten.

Das Jugendparlament spielt gegenwärtig in der Sächsischen Gemeindeordnung keine Rolle. Dazu der Vorsitzende der Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat, Sven Morlok (FDP): “Das Jugendparlament ist die Interessenvertretung junger Menschen. Zur Vertretung seiner Interessen braucht das Jugendparlament das Recht, Anfragen stellen und Anträge einreichen zu können.”

Lediglich das Antragsrecht wird dem Jugendparlament in der Stadt Leipzig gegenwärtig über einen in der Stadt Leipzig gebildeten Jugendbeirat eingeräumt. Beiräte sind laut Sächsischer Gemeindeordnung mit einem Anfragenrecht ausgestattet. “Der Leipziger Stadtrat hat heute mit dem Antrag, das Jugendparlament in der Gemeindeordnung mit den Rechten eines Stadtrates auszustatten, den Oberbürgermeister beauftragt, ein Signal in Richtung Freistaat Sachsen zu senden, die Krücke Jugendbeirat ablegen zu können”, so der Freidemokrat Morlok.

Anfragen an den Oberbürgermeister durch Beiräte

Anfragen an den Oberbürgermeister durch Beiräte (VII-A-00633) Einreicher: Jugendparlament/Jugendbeirat

Aus der Ratsversammlung am 08.07.2020

Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beiräte werden nach der Gemeindeordnung gebildet, um uns als Stadträte zu beraten. Das ist ihre Aufgabe. Sie sind nach der Gemeindeordnung des Freistaates Sachsen keine Interessenvertretungen.

Eine Interessenvertretung kann zum Beispiel der Verband der Kleingärtner sein, der vertritt kleingärtnerische Interessen, oder ein Tierschutzverein, der Tierschutzinteressen vertritt. Ein Tierschutzbeirat aber berät den Stadtrat. Das ist der große Unterschied zwischen Interessenvertretung und Beratung. Ein Gremium, das den Stadtrat berät, brauch kein Recht, den Chef der Verwaltung etwas zu fragen, weil es ja uns als Stadtrat berät. Wir als Stadträte können diese Fragen ja, wenn erforderlich, selbst einreichen.

Ein Defizit gibt es tatsächlich immer dann, wenn es sich um Interessenvertretungen handelt. Insofern können wir das Anliegen des Jugendparlamentes auch gut nachvollziehen, weil es sich beim Jugendparlament eben um eine Interessenvertretung handelt. Dass eine Interessenvertretung natürlich zur Durchsetzung und zur Wahrnehmung ihrer Interessen auf der einen Seite ja ein Antragsrecht benötigt, aber auf der anderen Seite ja auch ein Fragerecht haben muss, um Dinge zu erfragen, um vielleicht aus den Antworten entsprechende Änderungsvorschläge in Form von Anträgen zu unterbreiten, ist selbstverständlich.

Das Problem, das wir hier haben, ist doch nicht, ob Beiräte, die uns als Stadtröte beraten, ein Fragerecht haben sollen. Das Problem ist, dass die Interessenvertretungen – zum Beispiel das Jugendparlament, aber wir diskutieren ja momentan auch über eine indirekte Wahl des Migrantenbeirats, wo wir ja auch einen Interessenvertretungscharakter haben – in der Sächsischen Gemeindeordnung nicht geregelt sind. Eigentlich brauchen wir ein Jugendparlament in der Sächsischen Gemeindeordnung, das ein Antragsrecht hat und ein Jugendparlament, das ein Fragerecht hat. Da gehört das hin, überall da, wo Interessenvertretung wahrgenommen wird.

Überall da, wo es an dieser Interessenvertretung fehlt, brauch es auch das entsprechende Antragsrecht nicht. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre es zielführend, wenn wir hier ein klares Signal in Richtung Oberbürgermeister senden und der dann in Richtung Freistaat Sachsen, dass wir genau diese Interessenvertretung in der Sächsischen Gemeindeordnung verankert haben wollen, nämlich das Jugendparlament. Dann müssen wir auch nicht die Krücke „Jugendparlament/Jugendbeirat“ gehen, die wir ja so machen, weil es die Gemeindeordnung nicht anders hergibt, dass wir eine klare Interessenvertretung für das Jugendparlament haben.

Wenn es andere Interessenvertretungen gibt, wenn wir als Stadtrat entsprechende Entscheidungen zu einer indirekten Wahl eines Migrantenbeirates treffen, dann müssten wir auch hier konsequent sagen: Auch hier muss es die entsprechende Rechte geben, aber nicht pauschal für alle Beiräte. Deswegen unterstützen Sie unseren Änderungsantrag als klares Signal an den Freistaat. Das Jugendparlament muss in die Gemeindeordnung. – Vielen Dank.

(Es gilt das gesprochene Wort)

Zukunft “Leipziger Freiheit”

2019 – für Leipzig und Sachsen ein “Superwahljahr”. Vier Wahlen stehen an, das Jugendparlament eröffnet bald diesen Reigen, die Landtagswahl beschließt ihn. Auf jeder dieser Wahlen werden Weichen gestellt, die Leipzigs Zukunft und die seiner Freiheit verändern können.

Noch immer werden große Herausforderungen (dazu gehören ohne Zweifel die Frage nach günstigen Wohnungen, verfügbaren Kitaplätzen, aber auch der Zukunft des innerstädtischen Verkehrs) zu zögerlich angegangen. Aus Angst, Fehler zu machen, aus Angst vor Investoren, aus Angst vor öffentlicher Kritik werden blasse Lösungen gestrickt, die so schon tausendfach in der Republik vorkommen. Sie sind erprobt, aber nicht innovativ. Kleinschrittig , aber nicht mutig.

Leipzig aber war zurecht schon immer stolz darauf, sich abzuheben. Dinge ein wenig “anders” zu gestalten. Dem Einerlei zu trotzen. Wir haben ohne Scheu Neues ausprobiert, sind ungewöhnliche, zuerst verlachte Wege gegangen. Ein wenig vom dem frühen Gründungsgeist, der uns im Blut liegt – das wünsche ich mir für uns. Lassen Sie uns vor allem in all diesen oftmals chaotisch wirkenden Problemlagen niemals den beherzten sächsischen Humor verlieren!

Habe ich Recht oder Unrecht? Diskutieren wir wie immer unter anfragen@piratenlily.net

Piraten-Stadträtin Ute Elisabeth Gabelmann, Fraktionsvorsitzende

Veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Leipzig am 23. Februar 2019