Anfrage:
Gemäß §3 (3) der Sondernutzungssatzung der Stadt Leipzig werden Sondernutzungserlaubnisse befristet und/oder auf Widerruf erteilt. Gemäß des Verwaltungsstandpunkts zum Antrag VI-A-04816 der Fraktion Freibeuter) sind Sondernutzungen jährlich neu zu beantragen. Daher fragen wir:
- Sind alle folgenden erlaubnispflichtigen und gebührenbelegten Sondernutzungen jährlich neu zu beantragen?
a) 1 Nr. 1 > Hausmülltonnen, Alttextilbehälter
b) 1 Nr. 6 > Postablagekästen, Briefkästen, Hausbriefkästen
c) 1 Nr. 7 > Öffentliche Telekommunikationsstellen
d) 1 Nr. 8 > Wertstoffbehälter für wiederverwertbare Abfälle
e) 1 Nr. 9 > Selbstverkaufsvorrichtungen für Tageszeitungen
f) 1 Nr. 10 > Warenautomaten und sonstige Verkaufseinrichtungen
g) 1 Nr. 14.2 > Werbefahnen und Beachflags
h) 1 Nr. 14.5 > Werbefiguren mit Eigenwerbung
i) 1 Nr. 14.6 > Schaukästen und Werbeanlagen
j) 1 Nr. 14.7 > Werbeanlagen an den Widerlagern von Bahnbrücken
k) 1 Nr. 14.9 > Werbung auf Sonnenschirmen
l) 1 Nr. 14.10 > Werbung auf Markisen (ohne Eigenwerbung)
m) 1 Nr. 14.16 > Papierkörbe mit Werbung
n) 2.1 Nr. 1 > Freisitze (Wirtschafts- und Sommergärten mit Tischen/Stühlen oder Stehtischen
o) 2.1 Nr. 3 > Umbauter Gastraum (Imbisswagen und -kioske, Zelte, Pavillons u. ä.)
p) 3 Nr. 1 > Auslagen im Straßenraum vor Geschäften
q) 3 Nr. 3 > Verkaufsstände und mobile Verkaufseinrichtungen (tgl. Auf- und Abbau) - Sind alle folgenden erlaubnispflichtigen und gebührenfreien Sondernutzungen jährlich neu zu beantragen?
a) § 7 Abs. 3 b > Blumenkübel, Blumenwagen sowie Bänke bis max. 0,60 m Gesamttiefe der Bank vor Geschäften ohne Werbung
b) § 7 Abs. 3 c > Fahrradständer mit Eigenwerbung oder werbefrei
c) § 7 Abs. 3 i > Papierkörbe mit Eigenwerbung
d) § 7 Abs. 3 p > Sondernutzungen im Zusammenhang mit e-Ladesäulen
e) § 7 Abs. 3 q > Sondernutzungen im Zusammenhang mit Fahrradverleihstationen
f) § 7 Abs. 3 r > Sondernutzungen im Zusammenhang mit der Stationsstelle von Mobilitätsstationen - Auf Basis welcher Grundlage beschränkt die Verwaltung Sondernutzungen auf ein Jahr, wenn die Sondernutzungssatzung als Rechtsgrundlage den Zeitraum zwar befristet, aber nicht näher definiert (§ 3 (3) Sondernutzungssatzung).
- Hält der Oberbürgermeister den beantragten Zeitraum oder die auf Dauer angelegte Geschäftstätigkeit eines Antragsstellers für ein „zeitlich begründetes Maß“ gemäß § 2 (4) Sondernutzungssatzung.
- Wie begründet der Oberbürgermeister den verwaltungstechnischen Mehraufwand einer unbefristeten Sondernutzung?
- Wie erklärt sich, dass die Satzung der Stadt Dresden „Sondernutzungen über einen unbefristeten Zeitraum“ (§ 15 (1) 2. Sondernutzungssatzung der Stadt Dresden) vorsieht, wenn doch der „Rechtsnatur der Sondernutzung immanent ist, dass sie nicht dauerhaft ist“ (vgl. VSP zum Antrag VI-A-04816 der Fraktion Freibeuter)?
Antwort (mündlich in der Ratsversammlung):
Bürgermeisterin Dubrau:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren!
Zu den Fragen 1 und 2.
Da die Unterpunkte dieser Anfrage sehr umfangreich waren, habe ich eine summarische Antwort vorbereitet, weil bei den meisten Sondernutzungsgebühren jährlich eine Neubeantragung erfolgen muss. Bei einigen gibt es eine Laufzeit von zwei Jahren. Für eine Reihe von Sondernutzungen liegt aktuell gar kein Fall vor, sodass hier noch keine entsprechende Praxis geübt ist. Für zwei Sondernutzungen – das betrifft die Telekom und die Mobilstationen – werden separate Verträge geschlossen.
Zur Frage 3.
Gemäß Sächsischem Straßengesetz kann die Gemeinde durch Satzung für bestimmte Sondernutzungen eine Ausübung regeln. Das ist mit der vom Stadtrat beschlossenen Sondernutzungssatzung geschehen. Bezüglich der Genehmigungsdauer ist hier in § 2 Absatz 4 erläutert: Jede Sondernutzung ist zeitlich und räumlich auf das begründete Maß zu beschränken.
In § 3 Absatz 3 heißt es:
Die Erlaubnis für eine Sondernutzung wird stets befristet und/oder auf Widerspruch erteilt.
Die konkrete Entscheidung darüber ergeht auf dieser Basis im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, wobei in jedem Einzelfall auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen ist. – Im Übrigen wird auf die Antworten zu 4, 5 und 6 Bezug genommen, zu denen ich jetzt komme.
Zur Frage 4.
Bereits im Verwaltungsstandpunkt zum diesbezüglichen Antrag der Fraktion Freibeuter wurde dargelegt:
Der Rechtsnatur der Sondernutzung ist immanent, dass sie nicht dauerhaft ist, denn dies käme dem Wegfall der Fläche als öffentliche Verkehrsfläche gleich.
Stichwort „Privatisierung des öffentlichen Raums“: Das geht nach dem Gesetz so nicht. Die auf Dauer angelegte Geschäftstätigkeit eines Antragstellers wäre eine sachfremde Erwägung, welche nicht in die Ermessensentscheidung einfließen darf. Sie stellt kein straßenbezogenes Kriterium dar, und nur solche sind in der Ermessensausübung zu berücksichtigen, da das Straßenrecht nicht nur wirtschafts- und wettbewerbsneutral, sondern auch betätigungs- und wettbewerbsblind ist.
Sondernutzungserlaubnisse sind daher gemäß Straßengesetz und Sondernutzungssatzung zeitlich und räumlich auf das begründete Maß zu beschränken und stets befristet oder auf Widerruf zu erteilen. – Ich will hinzufügen: Ich kenne aus etlichen Städten Fälle des Widerrufs, die ausgesprochen schwierig sind und teilweise langjährige Gerichtsverfahren nach sich ziehen.
Für die Verlängerung einer Sondernutzung wird jedoch ein vereinfachtes Verfahren nach § 3 Absatz 1 der Satzung durchgeführt, nach dem nicht wieder alle Unterlagen beigebracht werden müssen, sondern bei unveränderter Nutzung nur das Antragsformular erneut eingereicht werden muss.
Zur Frage 5.
Die Erteilung „befristet“ oder „widerruflich“ liegt, wie dargestellt, im Ermessen der Stadt. Durch die Verwaltungspraxis der Befristung wird bereits bei Erteilung der Erlaubnis explizit deutlich, dass eine dauerhafte Nutzung tatsächlich nicht zulässig ist. Damit wird dem Anschein der dauerhaften Entziehung und damit der faktischen Entwidmung der öffentlichen Verkehrsflächen entgegengewirkt. Würden Sondernutzungserlaubnisse nicht als befristete, sondern generell als unbefristete, unwiderrufliche Sondernutzungserlaubnisse erteilt, erschwerte dies den gerechten Interessenausgleich unterschiedlicher Antragsteller.
Manchmal ändert sich ja auch etwas. Ein Beispiel: Der Bereich vor einem Laden wird vom benachbarten Gastronomiebetrieb für die Aufstellung von Tischen und Stühlen mitgenutzt. Schließt dieser Laden und zieht danach dort auch Gastronomie ein, wird sie diesen Bereich natürlich selbst nutzen wollen. Es ist mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden, für diesen Bereich eine Kündigung vorzunehmen.
Zusätzliche Entscheidungen müssen getroffen werden. Zusätzliche Bearbeitung von Bescheiden muss erfolgen. Eine Befristung bis maximal zum Ende des Kalenderjahres erfolgt auch deshalb, da im Vorfeld und im Falle der hier geforderten unbefristeten Erlaubniserteilung nicht geprüft werden kann, wie sich eventuelle Baumaßnahmen, Leitungsverlegungen, Veranstaltungen und Ähnliches für den weiteren Zeitraum entwickeln.
Bei Erlaubniserteilung werden stets die Belange des Gemeingebrauchs und die anderer potenzieller Sondernutzungen zu erwägen sein, die nicht von vornherein von einer Nutzung ausgeschlossen werden dürfen. Mit befristet erteilten Erlaubnissen kann konkret und verbindlich gegenüber den Antragstellern agiert werden. Das Risiko kurzfristiger Widerrufe entfällt nahezu, da der Beurteilungszeitraum überschaubar bleibt und somit auch für den Antragsteller berechenbar ist.
Zur Frage 6.
Die Stadt Dresden hat inhaltlich keine andere Regelung als die Stadt Leipzig. In der Dresdner Satzung heißt es in § 5 Absatz 1:
Die Erlaubniserteilung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Stadt. Die Erlaubnis wird auf Zeit oder auf Widerruf schriftlich erteilt …
Die Stadt Dresden geht also wie die Stadt Leipzig davon aus, dass es bei Sondernutzungen immanent ist, dass diese nicht dauerhaft und unbefristet erteilte Erlaubnisse sind. Deshalb werden nach Auskunft der Kollegen in Dresden ausschließlich Freisitze mit Widerrufsvorbehalt ausgereicht.
In der Stadt Leipzig sind bei Nachbeantragungen von Freisitzen, die beim Ordnungsamt erfolgen, lediglich das entsprechende Antragsformular und eine Lageskizze durch den Antragsteller vorzulegen. Ab dem zweiten Jahr der Beantragung wird bei gleicher Beantragung von einem Bestandsfreisitz ausgegangen und ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt. Hier ist lediglich das Antragsformular an die Gewerbebehörde einzureichen. Gleiches gilt zum Beispiel auch für die Erteilung von Erlaubnissen für Werbeaufsteller, Werbefahnen und Beachflags beim Verkehrs- und Tiefbauamt. Auch hier ist ab dem zweiten Jahr lediglich ein Verlängerungsantrag zu stellen und Auskunft darüber zu geben, ob sich gegenüber dem Vorjahr Standort und Firmierung geändert haben.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter):
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Dubrau, vielen Dank für die umfassende Beantwortung dieser umfassenden Anfrage. Eine Nachfrage habe ich aber noch. Sie hatten ausgeführt, dass nach Informationen der Kollegen in der Landeshauptstadt Dresden die Sondernutzungserlaubnisse widerruflich erteilt werden und dass es im Grunde bei uns in Leipzig ähnlich sei, weil nur noch im vereinfachten Verfahren die Wiedererteilung der Erlaubnisse beantragt werden müsse.
Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, es in Leipzig gänzlich wie in Dresden zu handhaben, für Freisitze die Sondernutzungserlaubnis widerruflich zu erteilen, also nicht mit der Notwendigkeit verbunden, die Nutzung jährlich, wenn auch nur im vereinfachten Verfahren, erneut beantragen zu müssen?
Bürgermeisterin Dubrau:
Ich hatte ja eben ein Beispiel genannt. Die Erlaubnis für einen Freisitz kann gelegentlich großzügiger erteilt werden, wenn sich auf dem Nachbargrundstück ein Laden befindet und dieser Teil mitgenutzt werden kann. Wenn sich aber in diesem Laden auch Gastronomie ansiedelt, was in der Vergangenheit schon öfter der Fall war, wäre das Verfahren, diese Erlaubnis zu kündigen, sehr viel umfänglicher als das Verfahren, das wir hier in Leipzig anwenden.
Herr Rosenthal wird sicherlich in einer der nächsten Sitzungen oder auch schriftlich dazu eine Antwort geben können. Das Ordnungsamt liegt ja in seinem Zuständigkeitsbereich.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter):
Gut. Dann nehme ich das jetzt so zur Kenntnis. Vielen Dank.