Anfrage:
In der Ratsversammlung am 24. März 2021 beschloss der Stadtrat den Verwaltungsstandpunkt zum Freibeuter-Antrag “Klimaziele und Hundesteuer”.
Der Vorschlag des Oberbürgermeisters lautete: “Der Oberbürgermeister wird beauftragt, alle kommunalen Abgaben und Steuern im Hinblick auf ihre Auswirkung auf das Klima zu analysieren, die mit der Erreichung der Klimaziele verbundenen finanzwirtschaftlichen Konsequenzen aufzuzeigen sowie Möglichkeiten der Steuerung mit wissenschaftlicher Begleitung zu untersuchen.”
Im Umsetzungsbericht des Antrags hat der Oberbürgermeister nun die Umsetzung des Verwaltungsstandpunktes abgelehnt. Die Begründung lautet: “Kommunale Abgaben sind Geldleistungen und keine CO2-Verursacher”. Diese Ein-Satz-Begründung wirkt leider halbherzig und unzureichend.
Darum fragen wir an:
-
- Warum entscheidet der Oberbürgermeister, etwas nicht umzusetzen, was er selbst empfohlen hat? Ist davon auszugehen, dass Beschlüsse auf Empfehlung des Oberbürgermeisters zukünftig ebenfalls nicht umgesetzt werden?
- Warum schlägt der Oberbürgermeister vor, alle kommunalen Abgaben und Steuern auf ihre Auswirkung auf Klima zu analysieren, wenn sie keine Klimaauswirkung haben? Welche Sachargumente haben für die Analyse gesprochen und welche dagegen?
- Wenn mit Sorgfalt erarbeitete Alternativvorschläge dazu dienen, Initiativen aus dem Kreis der Ratsversammlung rechtskonform und sachlich anzupassen, welchen Zweck haben diese, wenn sich der Oberbürgermeister nach Zustimmung durch den Stadtrat weigert, diese umzusetzen?
Bei dem Wortlaut des Umsetzungsberichts folgender Betrachtung ergeben sich durch die Erhebung kommunaler Abgaben und Steuern durchaus klimabelastende Faktoren, beispielsweise durch die Verwendung von extra hergestelltem Druckerpapier für die Bescheide, den Transport bei postalischer Zustellung oder auch den Stromverbrauch elektronischer Geräte.
Im Rahmen zahlreicher Maßnahmen hinsichtlich der digitalen und ressourcenschonenden Verwaltung reduzieren sich diese Faktoren zunehmend. Die These der vollständigen CO2-Freiheit scheint jedoch illusorisch zu sein.
Wir fragen daher an:
-
- Welche Kriterien im Prozess der Erhebung wurden überprüft und welche Argumente gegeneinander abgewogen?
- Welchen Ablauf hat die Erhebung derzeit, wenn dabei keinerlei CO2 verursacht wird?
- Welche Hinweise hat die wissenschaftliche Begleitung ergeben?
Antwort:
Sachverhalt
1. Begründung
Die Verwaltung hat in Umsetzung des Beschlusses zur Vorlage VII-A-02036 Klimaziele und Hundesteuer der Ratsversammlung vom 24.03.2021 mit ersten Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele begonnen. Auf diese wird nachfolgend eingegangen. Die im Rahmen des Beschlusscontrollings getroffene Aussage ist bedauerlicherweise missverständlich, soll aber dem von der Ratsversammlung getroffenen Beschluss nicht entgegenstehen. Selbstverständlich verfolgt die Verwaltung auch auf der Einnahmenseite im Haushalt die möglichen Auswirkungen auf Klimaziele.
Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen hat sich die internationale Staatengemeinschaft auf ambitionierte Klimaschutzziele geeinigt. Diesen möchte auch die Stadtverwaltung Leipzig gerecht werden. Die Stadt Leipzig hat mit dem Ratsbeschluss vom 30. Oktober 2019 den Klimanotstand ausgerufen. Damit gehen die Zielsetzungen einher, dass die Stadt bis spätestens 2050 den Zustand der Klimaneutralität erreichen soll. Für die Stadtverwaltung gilt dieses Ziel bereits für das Jahr 2035.
Um diese Ziele zu erreichen wurden die Projekte „Energie- und Klimaschutzprogramm 2030“ und „Klimahaushalt“ in der Stadtverwaltung initiiert und etabliert.
Das Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (EKSP) der Stadt Leipzig dient als Orientierungsrahmen, um mittels Zielen und Meilensteine verschiedenste Bereiche der Daseinsvorsorge und des alltäglichen Handels hinsichtlich der Klimafreundlichkeit zu optimieren.
Der Maßnahmenkatalog mit 59 Umsetzungsmaßnahmen bildet das Kernstück des Programms, welche die Hebel und wichtigsten Schritte zum Erreichen der Zielstellung darstellen. Die Maßnahmen sind in folgende sieben Handlungsfelder untergliedert:
-
- Nachhaltige Stadtentwicklung
- Kommunale Gebäude und Anlagen
- Ver- und Entsorgung
- Mobilität
- Interne Organisation
- Kommunikation und Kooperation
- Ernährung und Landwirtschaft
Die im EKSP 2030 festgelegten Ziele und Maßnahmen werden durch ein Klimamonitoring begleitet und untersetzt. Dies beinhaltet neben der Energie- und Treibhausgasbilanzierung weitere maßgebliche Instrumente, wie u. a. die Entwicklung von maßnahmenspezifischen Kennzahlen.
Mit dem zweiten Projekt des Klima- oder auch Nachhaltigkeitshaushalts soll der Doppelhaushalt 2023/2024 in seinen Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß untersucht werden. Ziel ist es zunächst, zu ermitteln, wie hoch die Gesamtmenge des CO2 bzw. der CO2-Äquivalente ist, die in einem Jahr durch die kommunale Aufgabenerfüllung der Stadt Leipzig ausgestoßen wird. Auf dieser Grundlage sollen Instrumente entwickelt werden, wie in den folgenden Jahren über den Haushalt die Nachhaltigkeit gesteuert werden kann, um die bereits genannten Ziele zu erreichen.
Dafür wurden drei Arbeitspakete entwickelt. Im ersten Arbeitspaket soll durch eine CO2-Bilanzierung der Ist-Stand der durch die Verwaltung produzierten CO2-Emissionen ermittelt werden. Auf Basis dessen sollen im zweiten Schritt Instrumente und Strategien für den Weg zur Klimaneutralität analysiert werden. Die transparente Abbildung der Fortschritte durch ein Monitoring stehen im dritten Arbeitspaket im Vordergrund.
Am Projekt arbeiten das Kompetenzzentrum öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. Leipzig, InfraRes GmbH und das Deutsche Institut für Urbanistik gGmbH mit. Weiterhin wird eine Kooperation mit dem Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft angestrebt. Derzeit werden Verhandlungen dazu geführt.
Realisierungs- / Zeithorizont
Die Analysierung der Abgaben und Steuern hinsichtlich ihrer Klimaauswirkungen wird im Zuge der Umsetzung der vorgenannten Arbeitspakete vorgenommen.