Leipziger Zoo: Koloniale Vergangenheit

Leipziger Zoo: Koloniale Vergangenheit aufarbeiten und rassistische Stereotype auch in der Gegenwart beenden (VII-A-02592-NF-03)
Einreicher: Migrantenbeirat

Aus der Ratsversammlung am 18.05.2022

Stadtrat Morlok (Freibeuter):Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte es mir gewünscht, dass wir diese Abstimmung zu diesem Antrag heute nicht benötigen, weil die angesprochene Problematik auf eine andere Art und Weise durch Diskussionen mit den Verantwortlichen gelöst werden könnte. Leider hat sich diese Hoffnung als falsch erwiesen, sodass wir heute darüber entscheiden müssen, und meine Fraktion auch mehrheitlich dem Antrag des Migrantenbeirates zustimmen wird. Sie haben vieles nicht verstanden. Wenn ich damals in der Partei gewesen wäre, hätte ich auch Herrn Mende nicht zum Vorsitzenden gewählt – um das hier einmal sehr deutlich zu machen.

Im Antrag wird niemandem im Zoo Rassismus vorgeworfen. Bitte lesen Sie den Antrag genau durch. Polemisieren Sie hier nicht. Im Antrag wird vorgeworfen, dass es Veranstaltungen gibt, in denen rassistische Stereotypen dargeboten werden. Das ist der Inhalt des Antrags, und das wird kritisiert. Niemandem wird Rassismus vorgeworfen. Bitte tun Sie nicht so, als ob dies hier der Fall wäre.

Und die Stereotypen sind vorhanden. Afrika ist groß. Serengeti, Masai Mara – das passt zu den Tieren im Zoo. Aber Afrika ist auch Nordafrika, Afrika ist Sahara, Afrika sind 5.000 Meter hohe Berge, Afrika ist Südafrika. Auch das alles gehört zu Afrika. Südamerika ist Amazonas, ist Küste, ist Hochgebirge. Auch das ist Südamerika. Wie würden wir denn reagieren, als Europäer, wenn man in irgendeiner Region Südamerikas oder Afrikas einen Europa-Abend machen würde, mit bayerischen Schuhplattlern oder schottischen Dudelsack-Bläsern, den Eindruck erwecken würde, dass das Europa wäre, und als europäische Spezialitäten Labskaus und ähnliche Gerichte anbieten würde? Oder Helmut Kohls Pfälzer Saumagen, als Beispiel?

Auch das würden wir doch mit einem gewissen Befremden wahrnehmen als Europäer. Ich bitte, das einfach zu berücksichtigen und darüber nachzudenken. Afrikanische Staaten hatten keine Kolonien in Europa, Südamerikanische Staaten auch nicht. Auch das bitte ich bei der Diskussion mit zu berücksichtigen.

Ich war die letzten 14 Tage in Kenia. Und ich war nicht in einem der typischen Touristenhotels am Strand, sondern hatte mir ein kleines Häuschen gemietet. Ich war fort, draußen, auf Kulturveranstaltungen, Abend-Partys und habe das Land genossen. Herr Junhold, ich habe in diesem großen Mombasa, im Süden der Stadt, nicht einen einzigen Menschen in den 14 Tagen gesehen, der diese Gewänder trug, die Ihre Künstlerinnen und Künstler dort tragen, nicht einen einzigen, komischerweise. Ich war 14 Tage dort. Nicht einen einzigen habe ich dort gesehen. Und auch bei den Abendveranstaltungen, wo ein bisschen Party gemacht worden ist, habe ich die Trommler nicht gefunden. Auch das habe ich nicht getan.

Afrika ist Umweltverschmutzung. Afrika ist Ausbeutung von Rohstoffen für unseren Wohlstand, hier in Europa. Afrika ist aber eine junge, aufstrebende Generation, die sich entwickeln möchte. Afrika ist digital und in vielen Bereichen sehr fortschrittlich. Das ist Afrika. Und Sie können doch nicht Afrika auf Masai-Krieger und Trommeln reduzieren. Das ist das Problem. Ich bitte Sie, zu verstehen, dass solche Dinge eben gewisse Reaktionen hervorrufen. Und darum geht es eigentlich.

Wenn man einen Masai-Mara-Abend im Zoo macht und sich dann mit der Masai Mara und der Kultur der Masai auseinandersetzt und auch deutlich macht, welche Probleme sie in dem Land haben – weil ja auch dort Flächen immer geringer werden -, dann kann man das ja tun und kann genau das auch darstellen, überhaupt kein Problem. Aber tun Sie doch nicht so, auch unbewusst, als ob alle Afrikaner in kurzen Röcken mit Trommeln durch die Gegend laufen würden. Europäer laufen auch nicht schuhplattelnd und mit Lederhosen durch die Gegend. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)