Einreicher: Fraktion Freibeuter
Aus der Ratsversammlung am 10.11.2021
Stadtrat Köhler (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bereits im Jahre 2018 forderte Verdi:
Es ist höchste Zeit, das Teilzeit- und Befristungsgesetz zu ändern. Auch die Sachgründe gehören auf den Prüfstand, um die missbräuchliche Nutzung zu verhindern.
Sie stellten fest, dass der öffentliche Dienst befristet wie kein Zweiter. 70 Prozent der sachgrundlosen Befristung betreffen den öffentlichen Dienst.
Zum Teilzeit- und Befristungsgesetz gibt es aktuell einen Referentenentwurf. Weiter ist man in Berlin noch nicht gekommen. Es wird also noch eine Weile dauern. Das sollte die Stadt Leipzig aber nicht abhalten, in der Verwaltung und in den Eigenbetrieben das Instrument der sachgrundlosen Befristung weniger einzusetzen. Die Fraktion Freibeuter hat deshalb beantragt:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat im I. Quartal 2022 zu berichten, in welchem Maße Arbeitsverträge von MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung und der Eigenbetriebe der Stadt Leipzig sachgrundlos befristet abgeschlossen werden und wie oft diese Befristungen verlängert werden können.
Bekommen haben wir – und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte – einen Sachstandsbericht über die Befristung der Stadtverwaltung; von den Eigenbetrieben kein Wort. Diesen Sachstandsbericht können wir zwar zur Kenntnis nehmen, aber er erfüllt die Forderung des Antrags nicht.
Bemerkenswert ist allerdings, dass die anfangs genannten Aussagen von Verdi bestätigt wurden: 93 Befristungen mit Sachgrund stehen 273 Befristungen mit Sachgrund entgegen. Vereinfacht gesagt: Das ist fast die dreifache Anzahl von sachgrundlosen Befristungen, wenn es auch nur 2,8 Prozent der Beschäftigten betrifft.
Die Aussage im Verwaltungsstandpunkt, eine Auswertung, wie häufig sachgrundlose Befristung verlängert wurden, sei aufgrund der hohen Arbeitsintensität nicht möglich, trifft den Inhalt des Antrags nicht. Wir haben beantragt, uns mitzuteilen, wie oft diese Befristungen verlängert werden können. Im Klartext wollen wir wissen: Reizen die Stadtverwaltung und die Eigenbetriebe den Rahmen des §14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz – also maximal zwei Jahre beziehungsweise dreimalige Verlängerung – aus oder beschränken sie diesen von sich aus?
Zu Punkt 2 des Antrags gibt die Verwaltung nur eine Auskunft:
Die Stadtverwaltung ist darauf angewiesen, die durch befristete Teilzeitanträge entstehenden Stellenanteile befristet nachzubesetzen, um handlungs- und leistungsfähig zu bleiben.
Wir sehen durchaus die Schwierigkeiten einer Entfristung, aber eine pauschale Verneinung kann und sollte nicht die Antwort sein. Auch wenn sich der Referentenentwurf noch im Gesetzgebungsprozess befindet, sollte sich die Stadt Leipzig schon jetzt zur Senkung der Quote auf 2,5 Prozent der Beschäftigten und die maximale Dauer von 18 statt bisher 24 Monaten positionieren. Besonders wichtig erscheint uns dies in den Eigenbetrieben, von denen im Sachstandsbericht keine Rede ist. Können diese eine eventuell gesenkte Quote von 2,5 Prozent überhaupt erfüllen? Wir stellen daher unseren Antrag mit der Präzisierung, die Sie vorliegen haben, der Terminkette für Punkt 1, I. Quartal 2022, und Punkt 2, II. Quartal 2022, zur Abstimmung. Weiterhin ändern wir mit der Neufassung die Formulierung:
Der Oberbürgermeister legt dem Stadtrat im I. Quartal 2022 einen Maßnahmenplan vor, mit dem dargestellt wird, welche sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse zwingend erforderlich sind und wie nicht zwingend erforderlich befristete Arbeitsverhältnisse von MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung und der Eigenbetriebe, die sachgrundlos befristete Arbeitsverträge haben, ohne Einschränkung der Aufgaben der entsprechenden Betriebe, Abteilungen oder Projekte, entfristet werden können.
Damit gehen wir auf die Anmerkung des Bürgermeisters Hörning ein. Hierbei möchte ich noch anmerken, dass die Verwaltung den Punkt 1 de facto uns und der Fraktion DIE LINKE bei ihrem ähnlich lautenden Antrag bereits, wenn auch in leicht abweichender Form, zugesagt hat. Im Verwaltungsstandpunkt zum LINKEN-Antrag heißt es nämlich zusätzlich:
Der Bericht kann Aussagen über die Anzahl und Art mit und ohne Sachgrund der befristeten Beschäftigungsverhältnisse und differenziert nach Geschlecht treffen.
Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE, der dann auch noch aufgerufen wird, nur Folgendes: Der Punkt 1 nimmt in erweiterter Form unserem Punkt 1 auf, aber der Punkt 2 ist konträr zu unserem Antrag. Er verlangt, Befristungen erst dann, wenn sie über fünf Jahre dauern, zu entfristen. Das beinhaltet nicht die sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge. Diese sind gemäß §14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz auf zwei Jahre begrenzt. Etwas anderes gilt gemäß Absatz 3 nur, wenn der Angestellte älter als 52 Jahre und vor Abschluss mindestens vier Monate beschäftigungslos war. Dann sind fünf Jahre möglich.
Trotz seines starken Titels fällt dieser Antrag hinter unserem Antrag sachlich zurück, weshalb wir ihm nicht zustimmen können. – Danke schön.”
(Es gilt das gesprochene Wort)