Aus der Ratsversammlung am 21.07..2021
Stadtrat Köhler (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren Beigeordneten! Werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Zuschauende und Pressevertreter! Die Fraktion Freibeuter begehrt die Möglichkeit der Einsichtnahme der Stadträtinnen und Stadträte, die im geschlossenen Ausschuss Umwelt, Ordnung, Klima vertreten sind, in zwei Arbeitsanweisungen des Ordnungsamtes zum Abschleppen von Falschparkern.
Die Verwaltung sagt Nein. Freundlicherweise bezieht sich die Verwaltung auf unsere Anfrage zu demselben Thema. In dieser wiederum wird auf die Beratungsfolge zum Antrag „Abschleppen von verkehrsbehindernd parkenden Fahrzeugen“ verwiesen. Die meisten erinnern sich daran. Da beginnt das Problem. Am Ende komme ich aber auf die grundlegende Problematik zurück.
Der Verwaltungsstandpunkt zu diesem Antrag war falsch, und die Verwaltung wusste dies auch. Es lag der Verwaltung schließlich schon vor der ersten Abstimmung das Gutachten von Professor Müller vor, welches die im VSP geschilderte Rechtslage als nicht zutreffend beschreibt. Dieses Gutachten wurde im Ausschuss und der Ratsversammlung während des ganzen Beratungsganges vorenthalten.
Im Verwaltungsstandpunkt zum jetzigen Antrag schreibt die Verwaltung:
Die in der Begründung zur Neufassung formulierte „Weisungsfreiheit“ geht aus der Antwort zur Anfrage Nr. VII-F-02630 nicht hervor.
Die Weisungsfreiheit der Unteren Verkehrsbehörde, die im Antrag dezidiert genannt wurde, ist aber die Begründung des Gutachtens von Herrn Rechtsanwalt Dr. Brücken, die letztlich zur Rücknahme des Beschlusses der Ratsversammlung zum Abschleppen von Falschparkern führte.
Habe ich Sie jetzt verwirrt? Ja, so geht es mir auch, wenn ich die verschiedenen Auslegungen durch die Verwaltung höre. Besonders absurd erscheinen mir aber zwei Darstellungen im VSP. Erstens heißt es:
Insoweit besteht keine Pflicht zur Übergabe der genannten Arbeitsanweisung oder deren Vorversionen.
Im Klartext: Wir müssen es nicht. Es stünde dem aber auch nichts entgegen, wir wollen es aber nicht. Zumindest, wenn man die deutsche Sprache bemüht. Eine Pflicht bestünde dann eben mit einem Beschluss des Stadtrates.
Zweitens: Die Verwaltung verweist auf das Fehlen eines Informationsfreiheitsgesetzes. Hier beginnt die grundlegende Problematik, auf die ich eingangs einging. Die Verwaltung drückt damit aus, dass sie dem Stadtrat in seinen Ausschüssen nur Einsicht gewährt, wenn sie durch ein Gesetz dazu gezwungen wird. Das nimmt die Verwaltung für Unterlagen in Anspruch, von denen sie selbst sagt, dass sie nur keine Pflicht zur Herausgabe hat, es also keine rechtlichen Hindernisse gibt.
Meine Damen und Herren! Wir reden oft und gern von Transparenz in der Arbeit des Stadtrates und der Stadtverwaltung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt. So sagt die Website der Stadt Leipzig:
Der Erlass der IFS dient dazu, die Transparenz der Stadtverwaltung zu erhöhen, die Zugangsmöglichkeiten zu städtischen Informationen unabhängig vom Vorliegen eines berechtigten Interesses für die interessierte Öffentlichkeit zu fördern.
Oft erreichen uns auch Anfragen und Beschwerden wegen Mangel der Transparenz, die zu Verdruss und Misstrauen gegenüber Politik und Verwaltung führen.
Wenn es aber jetzt schon so weit kommt, dass überhaupt eine Informationsfreiheitssatzung oder ein Informationsfreiheitsgesetz bemüht wird, um die Verwaltungsarbeit gegenüber einem geschlossenen Ausschuss des Stadtrates transparent zu machen, dann besteht für mich ein strukturelles Problem. Das grundsätzliche Problem, was wir da mit der Verwaltung haben, lösen wir mit diesem Antrag nicht. Ein Beschluss heute wäre aber ein erster Schritt. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.”
(Es gilt das gesprochene Wort)