Open-Air-Kultur – Raum schaffen

Open-Air-Kultur ernst nehmen- Raum schaffen (VII-A-02407-NF-02) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

dazu Änderungsantrag (VII-A-02407-NF-02-ÄA-02) Einreicher: Stadtrat Morlok, Stadtrat Matzke, Stadtrat Dr. Reinhold

Aus der Ratsversammlung am 24.06.2021

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Open-Air-Kultur hat in diesem Jahr oder auch schon im letzten Jahr, das heißt in den Jahren der Pandemie, eine ganz besondere Bedeutung.

Wenn man sich die Vorkommnisse in Leipzig in den letzten Wochen anschaut, dann muss man sich fragen, warum junge Menschen, die Party machen wollen, dies nicht in den Räumlichkeiten, den Veranstaltungslokalen tun dürfen, wo sie es bisher immer getan haben. Weil die entsprechenden Veranstaltungen mit Verweis auf die Corona-Pandemie zu verbieten, wie es die Staatsregierung im Freistaat Sachsen tut, nicht nachvollziehbar ist.

Wir haben inzwischen die Möglichkeit, Kontaktsportarten, zum Beispiel Basketball, in geschlossenen Räumen auszuüben. Wenn man also gemeinsam Basketball oder Handball spielen darf – und da geht es wirklich hart her -, dann kann ich nicht erkennen, warum es ein Problem sein soll, wenn man gemeinsam auf der Tanzfläche tanzt. Das ist eine Frage an die Staatsregierung, und da muss die Staatsregierung entsprechende Antworten liefern. Es kommt reichlich spät. Das hätte man alles schon lösen können, dann wären viele Vorkommnisse, die in Leipzig passiert sind, vielleicht so nicht passiert.

Auch ein zweiter Punkt ist sehr wichtig. Es ist nicht so, dass Leipzig total zugebaut wäre und es in Leipzig keine Flächen gäbe, wo man solche Partys machen könnte. Flächen gibt es genug. Das Problem ist aber, dass auch Menschen in der Stadt wohnen. Irgendwann oder irgendwo wird es zu einem Lärmproblem. Auf der anderen Seite haben wir in Leipzig natürlich viele Flächen, die inzwischen durch die entsprechenden Gesetzlichkeiten des Naturschutzes geschützt sind.

Es ist also nicht das Problem, dass wir nicht genug Fläche haben, sondern Lärmschutz und Naturschutz die Flächen einschränken. Vielleicht ist es ganz gut für den einen oder die andere, die freitags auf eine Demo geht und sich für Klimaschutz und Naturschutz einsetzt, zu erkennen, dass es hier ganz konkret für sich persönlich einen Interessenkonflikt gibt: nämlich zwischen Naturschutz und Party.

Wenn man ansonsten die allgemeinen großen Klimademonstrationen führt, kosten entsprechende Dinge Geld, das in der Regel vom Steuerzahler bezahlt wird oder von den Eltern und die Kinder persönlich gar nicht so richtig trifft. Dann
lautet die Erkenntnis: Naturschutz kostet was und wenn es der Verzicht auf Partyflächen ist.

Das war auch der Grund, warum wir als FDP-Stadträte gesagt haben: Wir müssen im Antragstext eine Veränderung herbeiführen, dass man nicht nur beim Lärmschutz – also dem Recht der Bevölkerung, abends ruhig schlafen zu können, – sondern auch beim Thema Naturschutz überlegen muss, wo im Einzelfall Kompromisse möglich sind, um die entsprechenden Partys zu ermöglichen. Wir freuen uns, dass das sowohl von den Grünen als auch in dem gemeinsamen Änderungsantrag übernommen worden ist, und schließen uns dem gerne an. Vielen Dank.”

Stadtrat Köhler (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren Beigeordneten, werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte, liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Livestream, werte Pressevertreter! Ich bin
nicht so harmoniesüchtig wie Herr Zenker. Ich singe auch nicht am Anfang. Ich möchte nur kurz was sagen.

Ich habe den Änderungsantrag meiner Kollegen in der Fraktion nicht mit unterstützt, weil ich einige Gründe dafür hatte. Der einzige Grund, der nicht vorlag, war die absurde Theorie, dass die Antragsteller diesen Änderungsantrag übernehmen.

Es steht darin:

Dabei soll der Ermessensspielraum des Umwelt- und Naturschutzes sowie der Freizeitlärmrichtlinie unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange Dritter veranstaltungsfreundlich genutzt werden.

Die Verwaltung könnte auf dem Weg des geringsten Widerstandes diese Flächen suchen. Ich sage nicht, dass sie das tut. Die Abwägung steht nämlich jetzt zwischen dem Ruhebedürfnis sich eventuell lauthals beschwerender Anwohner
und mit Billigung des Stadtrats auf Antrag der Grünen der schweigenden Natur.

Kennt der kompromisslose Umwelt- und Naturschutz denn Ermessensspielräume? Vorher hatte ich immer gehört: Die gibt es nicht. Ja, ich bin für die Suche von Flächen für Spontanpartys und Open-Airs. Bei unseren Partys in den 1970er Jahren im Rosental hatten wir immer noch diese sportlichen Einlagen dieses Weglaufens vor der Polizei. Das möchte ich eigentlich denjungen
Leuten ersparen.

Aber, wie gesagt, das ist mein Bedenken. Ich werde diesem Antrag natürlich trotzdem zustimmen, weil ich ihn als wichtig erachte. Zum Antrag der CDU-Kollegen: Ich sehe es eigentlich so, dass sich die Flächen für einen kommerziellen Anbieter in der Form, wie wir sie im Haushalt beschlossen haben, und für Spontanpartys durchaus unterscheiden können. Es liegt doch eine kleine Differenz dazwischen. Danke.”

(Es gilt das gesprochene Wort)