Einrichtung des Migrantenbeirates für die VII. Wahlperiode

Einrichtung des Migrantenbeirates für die VII. Wahlperiode (VI-DS-06063-DS01-NF-03) Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung

Aus der Ratsversammlung am 07.10.2020

Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist ganz gut, wenn wir uns noch einmal vergegenwärtigen, worüber wir heute zu entscheiden haben. Geht es um die Frage einer Interessenvertretung der Ausländer oder der Migranten in der Stadt Leipzig und das entsprechende Wahlverfahren, oder geht es um den Beirat der Stadt Leipzig, der uns als Stadträte in Migrationsfragen beraten soll? Ich denke, Sie stimmen mir zu: Das ist ein Unterschied.

Wenn ein Unternehmen wie eine GmbH einen Beirat bildet, weil man sich von fachkompetenten Leuten in einem Beirat beraten lassen will, wird das Unternehmen diese Personen, von denen es beraten werden möchte, sicherlich persönlich auswählen. Ähnliches könnte man sich auch überlegen, wenn ein Stadtrat einen Beirat bildet: Man wählt die Personen, von denen man beraten werden möchte, aus.

Auf der anderen Seite haben wir aber tatsächlich das bereits angesprochene Demokratiedefizit. Ich habe, als ich Mitglied des Migrantenbeirats wurde, wahrgenommen, dass es einen ganz großen Wunsch im Bereich der Migranten gibt, eine gewählte Interessenvertretung zu bekommen, einen Wahlakt zu haben. In der Tat haben die bei uns lebenden Ausländer, die keine EUStaatsbürgerschaft haben, nicht die Möglichkeit, den Stadtrat zu wählen.

Das war dann auch der erste Ansatz der Suche nach einem Kompromiss, zu sagen: Es gibt diejenigen, die für die Kommunalwahl und für den Stadtrat wahlberechtigt sind, und diejenigen, die nicht wahlberechtigt sind, sollen die Möglichkeit haben, in einer indirekten Wahl eine Vorschlagsliste ihrer Vertreter zu bestimmen. Das war die erste Idee, der erste Kompromiss. Wir haben gemerkt, dass dieses Modell bei den migrantischen Vertretern große Probleme verursacht hat.

Ein weiterer Schritt hin zu einem Kompromiss war dann, zu sagen: Okay, auch die EU-Staatsbürger, obwohl sie Kommunalwahlrecht haben, sollen bei

dieser indirekten Wahl das aktive und passive Wahlrecht bekommen.

Man hat dann in einem weiteren Schritt die Säule der Gewählten im Migrantenbeirat zahlenmäßig vergrößert, um einfach die Partizipation zu vergrößern. Dieses Modell hat dann in einer Sondersitzung des Migrantenbeirats, die extra zu diesem Zweck einberufen wurde und die nebenan im Festsaal stattgefunden hat, wo es nur den einen Tagesordnungspunkt „Wahlmodell“ gab – alle wussten, was auf dieser Sitzung zu entscheiden ist -, eine Mehrheit von 7 zu 3 Stimmen bekommen. Sie können sich vorstellen, dass ich reichlich verwundert war, dass dasselbe Modell im selben Beirat einige Monate später mit 6 zu 6 Stimmen abgelehnt worden ist. Darüber war ich auch persönlich etwas überrascht gewesen.

Wir haben uns in der Fraktion das Thema nicht leicht gemacht. Wir waren hin- und hergerissen von dem Wunsch nach Partizipation auf der einen Seite und auf der anderen Seite der dann folgenden notwendigen positiven Diskriminierung von Migranten von Amts wegen. Das ist nicht so ganz trivial; Herr Hörning hat das bereits ausgeführt. Ich weiß nicht, ob es gut ist, dass wir in Deutschland von Amts wegen Deutschen den Stempel „Migrant“ aufdrücken.

Ich bin nach wie vor hin- und hergerissen, bin aber bereit, im Interesse eines Kompromisses hier einen Schritt weiterzugehen und habe daraufhin auch auf Initiative von Herrn Zenker diesen Änderungsantrag als Antragsteller mit unterstützt, weil ich der Auffassung bin: Wir müssen diesen Prozess endlich beenden. Wir müssen zu einer Neubesetzung des Migrantenbeirats kommen. Es wäre verheerend, wenn aufgrund der Abstimmung heute nichts entschieden würde und wir das alte Verfahren noch einmal durchführen müssten.

Zum Antrag der Grünen und zum Thema Frauenquote: Ich kann mich sehr gut an die Diskussion im Migrantenbeirat erinnern, bei der wir über das Wahlverfahren gesprochen haben. Das Wahlverfahren, die Benennung der Vertreter aus den Vorschlagslisten ist eins zu eins das, was der Migrantenbeirat vorgeschlagen hat. Hier hat man nichts geändert. Also das ist ohne diese geschlechterspezifische Präferierung genau so vom Migrantenbeirat gewollt worden. Es wurde im Migrantenbeirat extra abgewogen, ob man noch eine weitere Differenzierung vornehmen möchte, also neben den Regionen auch noch Geschlechter, aber es war der ausdrückliche Wunsch des Migrantenbeirats gewesen, dies nicht zu tun. Ich glaube, das gehört hier auch zur Wahrheit, wenn man diese Diskussion im Migrantenbeirat entsprechend darstellt.

Ich bitte Sie – für meine Fraktion schweren Herzens -, diesem Kompromiss, wie er von den vier Personen heute vorgelegt worden ist, zuzustimmen, weil wir endlich eine Lösung brauchen. – Vielen Dank.”

(Es gilt das gesprochene Wort)