Beteiligung von Wohnungsmarktakteuren an den Genehmigungskriterien in Gebieten mit Sozialer Erhaltungssatzung

Anfrage:

Bei der Erarbeitung der für die Genehmigungspraxis geltenden Genehmigungskriterien in Gebieten mit Sozialer Erhaltungssatzung sind Ende 2019/Anfang 2020 die Leipziger Wohnungsmarktakteure beteiligt worden.

Hierzu fragen wir an:

  1. Zu welchem Ergebnis kamen die Abstimmungen mit den beteiligten Wohnungsmarktakteure jeweils?
  2. Welche Kritikpunkte haben die Beteiligten jeweils vorgetragen?
  3. Inwiefern fanden die vorgetragenen Kritikpunkte bei der Erarbeitung der Genehmigungskriterien Berücksichtigung?

Anfrage im Allris

Antwort:

Die Anfrage wurde mündlich in der Ratsversammlung zum 17.06.2020 beantwortet.

Bürgermeisterin Dubrau: “Kommen wir noch einmal zu den Fragen Erhaltungssatzung, und zwar konkret zur Beteiligung von Wohnungsmarktakteuren an den Genehmigungskriterien in den Gebieten mit sozialer Erhaltungssatzung.

Zu Frage 1: Neben den Gutachten, die wir natürlich in Auftrag gegeben haben, waren auch die Hinweise aus den Beratungen mit den Leipziger Wohnungsmarktakteuren oder den Teilnehmern aus dem Bündnis bezahlbares Wohnen für die endgültige Aufstellung des Kriterienkataloges des Leipziger Wohn- und Ausstattungsstandards für die Gebiete mit Sozialer Erhaltungssatzung in einem logischerweise rechtlichen Abwägungsprozess bis hin zur Vorlage Genehmigungskriterien für Gebiete mit Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 der Stadt Leipzig eine wichtige Quelle.

Am 30. April wurde das Bündnis für bezahlbares Wohnen dann über diese Kriterien noch einmal informiert, es gab eine lange Diskussion dazu, und am Ende wurde durch die Teilnehmer des Bündnisses der Vorgehensweise zugestimmt. Der Oberbürgermeister hat dann in seiner Dienstberatung am 05.05.20 die Vorlage beschlossen. Zusätzlich wurde ein Kurzübersicht – eine sogenannte Shortlist – der Genehmigungskriterien als Orientierungsrahmen erstellt und an die Wohnungsmarktakteure im Ergebnis der Gespräche auch übergeben.

Exemplarisch benannt sind im Ergebnis der Gespräche mit den Wohnungsmarktakteuren – und natürlich vorher festgestellt aufgrund der Gutachten – Aufzüge nur nach Einzelprüfung möglich. Das ist immer so ein Thema: Auf der einen Seite wirken sie natürlich sehr stark mieterhöhend, aber auf der anderen Seite sind sie im Sinne des gerechten Ausbaus für alle Mieter sehr wichtig.

Erstbalkone sind in Abhängigkeit von ihrer baulichen Gegebenheit möglich. Etwa die Größenordnung zwischen vier und fünf Quadratmeter sind da die Normalität. Zweitbalkone sind nicht möglich. Genehmigt wird als Grundausstattung eine Dusche oder Badewanne entsprechend der Sächsischen Bauordnung. Nicht genehmigt wird eine höherwertige Bad- und Küchenausstattung. Dazwischen erfolgt jeweils eine Einzelprüfung.
Fußbodenheizungen sind mit Einzelfallprüfung gegebenenfalls notwendig; ich denke, in Erdgeschossen beispielsweise mit Massivdecken.

Grundrissänderungen sind zur Herstellung funktionierender Wohnungen – also zum Beispiel, wenn ein Erstbad eingebaut wird – notwendig und insofern auch möglich. Die Herstellung eines durchschnittlichen zeitgemäßen Ausstattungsstandes ist möglich, auch die Anpassung an die Mindestanforderungen der Energiesparverordnung ist logischerweise möglich. Andererseits ist die Schaffung einer besonders hochwertigen Wohnungsausstattung nicht möglich.

Zur Frage 2: Das ist jetzt relativ ausführlich. Ich würde einfach ein paar Punkte aussuchen, weil wir ansonsten – glaube ich – mit der Zeit nicht hinkommen. Wir haben einige Fragestellungen und Hinweise aufgeschrieben, und ich kann Sie darüber informieren.

Beispielsweise: Ist der Kriterienkatalog rechtsverbindlich? – Nein, der Kriterienkatalog ist eine Handlungsanweisung für die Verwaltung und ein Orientierungsrahmen für die Antragsteller*innen. Es handelt sich nicht um eine vollständige Aufzählung der Genehmigungstatbestände, es bleibt immer eine Einzelfallprüfung, ob ein Vorhaben sich negativ auf die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Satzungsgebiet auswirkt.

Nächste Frage: Wann liegt ein allgemein üblicher Standard von Wohnräumen vor? Der allgemein übliche Standard in Leipzig ist in der Regel gegeben, wenn hinsichtlich Bauausführung und Ausstattung die Mindestanforderungen erfüllt sind – logisch – und die Wohnbedürfe breiter Schichten der Bevölkerung nicht überschritten sind. Ein allgemein üblicher Standard von Wohnräumen liegt erst dann vor, wenn deutlich mehr als die Hälfte der Wohnung über eine entsprechende Ausstattung und Merkmale zu diesem Standard verfügt.
Wie wird genehmigt? – Jedes Vorhaben im Einzelfall; ein einheitliches Prüfverfahren wird unter Anwendung eines Prüfschemas und durch Ein
zelfallbesprechung in einer Projektkonferenz – also es schauen immer mehrere darauf – des AWS gewährleistet.

Weitere Fragen: Kann bei Maßnahmen, für die grundsätzlich keine Genehmigung erteilt wird, eine entsprechende Öffnungsklausel vorangehen? Laut Baugesetzbuch kann die Gemeinde nicht auf Vorweggenehmigungen durch Allgemeinverfügung auf bestimmte Arten und Maßnahmen zurückgreifen, da eine entsprechende Rechtsgrundlage im städtebaulichen Erhaltungsrecht nicht enthalten ist. Vielmehr gilt: Jeder Genehmigungsantrag ist gesondert zu prüfen.

Es gäbe dann noch ganz viele Punkte, aber ich würde sagen, wir hatten es Ihnen ja auch schriftlich gegeben. Dann würde ich das hier an der Stelle beenden, und wenn noch Fragen sind, diese Fragen beantworten.”

Oberbürgermeister Jung:Es gibt Nachfragen. – Herr Morlok.”

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Frau Dubrau, Sie haben dargelegt, welche Fragen bezüglich der Kriterien an Sie herangetragen wurden. Vielen Dank dafür. Das war aber nicht die Frage.

Die Frage war gewesen, welche Kritikpunkte in den Beratungen, die Sie durchgeführt haben, von den jeweiligen Akteuren vorgetragen wurden. Dazu haben Sie noch nichts ausgeführt. Die Frage war gewesen: Was hat man kritisiert? Was ist zu streng, was ist zu lax? Diese Punkte waren eigentlich das Begehr der Fragen.”

Bürgermeisterin Dubrau: “Natürlich wurde teilweise kritisiert, dass doch ein Aufzug normaler Standard ist und keine Prüfung erfolgen sollte. Natürlich wurde gesagt, zwei Balkone sind auch ganz schön. Es gab Themen wie: „Es wäre doch gut, in einem Badezimmer sowohl eine Dusche als auch eine Badewanne zu errichten; denn wenn die Familie noch kleine Kinder hat, ist die Wanne schöner, wenn man dann älter wird, ist die Dusche schöner“.

Wechselsprechanlagen mit Video sind ein großes Thema gewesen in den Gesprächen. Wir haben aber endgültig in der Veranstaltung Bündnis zum Wohnen eine gemeinsame Einstellung gefunden, warum bestimmte Dinge gerade in diesen Gebieten – das sind ja, in Anführungsstrichen, „nur“ 12 Prozent der Wohnungen, die sich in diesen Gebieten befinden – dann doch auf dem niedrigeren Level, so, wie die Erhaltungssatzung das fordert, bleiben, und nicht in diesen Hochstandard hineingehen sollen.”

Zurückstellung von Bauanträgen

Anfrage:

Bezugnehmend auf die Aufstellungsbeschlüsse Sozialer Erhaltungssatzungen in Teilen der Stadt Leipzig fragen wir an:

  1. Wie viele Bauanträge wurden seit Beschluss zur Einrichtung von Erhaltungssatzungen zurückgestellt?
  2. Wie viele davon würden zu einer CO2- Einsparung führen?
  3. Wie viele Tonnen CO2 könnten jährlich eingespart werden, wenn diese Maßnahmen umgesetzt würden?

Anfrage im Allris

Antwort (mündlich in der Ratsversammlung):

Bürgermeisterin Dubrau:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Es geht um die Zurückstellung von Bauanträgen in den Bereichen, wo der Stadtrat eine Aufstellung von Erhaltungssatzungen beschlossen hat. 

Zu Frage eins:

Seit den Aufstellungsbeschlüssen des Stadtrates wurden 50 Bauvorhaben geprüft und 24 zurückgestellt. Bei den anderen konnte die Möglichkeit auch durch Änderung ergriffen werden, dass diese Bauanträge ganz normal bearbeitet werden. 

Zu Frage zwei:

Die Zurückstellung gemäß § 15 BauGB bedeutet nicht, dass ein Bauvorhaben letztendlich nicht realisiert werden kann. Die Zurückstellung bedeutet nur, dass die Entscheidung über den Bauantrag bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, der gesetzlich verankert ist und nicht beliebig verlängert werden kann, herausgeschoben wird. Das ist maximal ein Jahr. Fragen zu einer CO2-Einsparung können nicht beantwortet werden, weil hier keine vergleichbare Datenerfassung und damit keine Auswertung möglich ist. 

Zu Frage drei:

Mit den vom Stadtrat beschlossenen Aufstellungsbeschlüssen zum Erlass der Erhaltungssatzung auf der Grundlage des Baugesetzbuches soll die Bevölkerungsstruktur bei Beseitigung, Änderung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen trotzdem erhalten bleiben. Auf dieser Grundlage lässt sich der Ausstoß von CO2 nicht steuern. Die Verfolgung dieser Ziele ist mit der vorgenannten Rechtsgrundlage der Erhaltungssatzung beziehungsweise des Aufstellungsbeschlusses unabhängig davon nicht realisierbar. Das Thema ist aber natürlich zuerst Aufgabe der Stadt. – Danke schön. 

Stadtrat Morlok (Freibeuter):

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Frau Dubrau! Wenn Sie das Merkmal CO2-Einsparung im Rahmen der Antragstellung nur mit Mühe erkennen können: Ist es dann möglich, im Rahmen der Antragstellung von Bauanträgen zu erkennen, ob eine energetische Sanierung Bestandteil des Bauantrages ist? – Das ist also erkennbar. Dann würde ich gerne nachfragen: In wie vielen dieser 24 Fälle, die zurückgestellt wurden, war denn eine energetische Sanierung Teil des Bauantrages? 

Bürgermeisterin Dubrau:

Das müsste ich prüfen. Das kann ich natürlich so nicht sagen. Ich muss aber ganz eindeutig sagen: Das Thema der Energiesparverordnung, die ja in diese Richtung geht, ist kein Thema, wonach ein Bauantrag zurückgestellt werden kann, sondern das gehört zu dem, was auf jeden Fall auch genehmigt wird. 

Stadtrat Morlok (Freibeuter):

Das war nicht die Frage. Ich kann verstehen, dass Sie die Zahl jetzt nicht präsent haben, deswegen würde ich Sie bitten, die Zahl nachzureichen. 

Bürgermeisterin Dubrau:

Ja, danke. Das mache ich.