Automatisierte Auskunft zur Kostenangemessenheit einer Wohnung durch das Sozialamt

Automatisierte Auskunft zur Kostenangemessenheit einer Wohnung durch das Sozialamt

Antrag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, in wie weit die Überprüfung der Kostenangemessenheit einer Wohnung durch das Sozialamt für Empfänger der Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit und im Alter nach SGB XII zwischen Sozialamt und LWB auf elektronischem Wege erfolgen kann.

Sind die technischen Voraussetzungen für diese elektronische Auskunft erfüllt, wird in einem Modellversuch über 6 Monate die Praxistauglichkeit evaluiert.

Der Oberbürgermeister berichtet dem Stadtrat im IV. Quartal 2019 über die Umsetzung bzw. woran eine elektronische Kostenangemessenheit gescheitert ist.

Nach erfolgreichem Modellversuch prüft der Oberbürgermeister, inwieweit diese Verfahren ebenfalls mit den Leipziger Wohnungsbaugenossenschaften und privaten Eigentümern umgesetzt werden können.

Begründung:

Empfänger der Sozialleistung und der Grundsicherung im Alter müssen vor Anmietung einer Wohnung die Kostenangemessenheit durch das Sozialamt bestätigen lassen. Dazu können die Betroffenen zweimal in der Woche dienstags bzw. donnerstags vorsprechen. Hinzu kommt, dass die Bearbeitungszeit einen erheblichen Zeitverzug für die Antragsteller bedeutet.

In der heutigen Marktsituation für 1- und 2-Personen-Haushalte bedeutet dies für die Empfänger der Grundsicherung einen besonderen Wettbewerbsnachteil auf dem angespannten Wohnungsmarkt. Eine zügige Bescheidung könnte diesen Wettbewerbsnachteil zumindest abmildern.

Status:

Der Antrag wurde in Fassung des Verwaltungsstandpunktes beschlossen:

1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, inwieweit die Überprüfung der Kostenangemessenheit einer Wohnung durch das Sozialamt für Empfänger der Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit und im Alter nach SGB XII zwischen Sozialamt und LWB sowie durch das Jobcenter für Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zwischen dem Jobcenter und der LWB auf elektronischem Wege erfolgen kann.
2. Sind die technischen Voraussetzungen für diese elektronische Auskunft erfüllt, wird in einem Modellversuch über sechs Monate die Praxistauglichkeit erprobt.
3. Der Oberbürgermeister berichtet dem Stadtrat im IV. Quartal 2019 über die Umsetzung bzw. woran eine elektronische Kostenangemessenheitsprüfung gescheitert ist.
4. Danach prüft der Oberbürgermeister, inwieweit dieses Verfahren ebenfalls mit den Leipziger Wohnungsbaugenossenschaften und privaten Eigentümern umgesetzt werden kann.

 

Antrag im Allris

Verwaltungsstandpunkt im Allris

Bestätigung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft durch das Jobcenter und Sozialamt

Bestätigung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft durch das Jobcenter und Sozialamt

Anfrage:

Leistungsempfänger müssen vor Umzug eine Bestätigung des Jobcenters oder Sozialamts einholen, dass die Kosten der Unterkunft der neuen Wohnung nach Maßgabe der Richtlinie der Stadt Leipzig angemessen sind.

Dazu fragen wir an:

  1. Wie hoch ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit durch das Jobcenter bzw. Sozialamt bei der Anfrage eines Leistungsempfängers auf angemessene Kosten der Unterkunft bei einem geplanten Umzug? Wie lang ist die kürzeste, wie lang die längste Bearbeitungsdauer?
  2. Wie wirkt sich die Bearbeitungszeit für die Leistungsempfänger bei der Suche nach neuem Wohnraum aus?
  3. Sind dem Jobcenter bzw. Sozialamt Fälle bekannt, bei denen eine längere Beabeitungszeit dazu geführt hat, dass die angestrebte Wohnung inzwischen vergeben war?
  4. Haben die Sachbearbeiter im Sozialamt bzw. Jobcenter einen Ermessensspielraum, wenn Wohnungsfläche oder Mietkosten geringfügig über den Richtlinien der Kosten der Unterkunft der Stadt Leipzig liegen?

Anfrage im Allris

Antwort (mündlich in der Ratsversammlung):

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte!

Zur Frage 1.

Die Prüfung von Wohnungsangeboten erfolgt im Jobcenter binnen einer Woche. Im Sozialamt erfolgt die Bearbeitung innerhalb von drei Tagen. In dringenden Fällen erfolgt die Bearbeitung sofort bzw. am nächsten Werktag.

Zur Frage 2.

Zu den konkreten Auswirkungen der Bearbeitungszeit bei der Suche nach Wohnraum liegen keine Informationen vor. Da es für eine Wohnung häufig mehrere Interessenten gibt, ist eine zügige Bearbeitung der Wohnungsangebote für den Anmietungsprozess notwendig.

Zur Frage 3.

Dem Jobcenter sind solche Fälle bekannt. Eine längere Bearbeitungszeit ergibt sich beispielsweise aus der grundsätzlichen Prüfung der Notwendigkeit eines Umzugs. Außerdem kann es zu Verzögerungen kommen, wenn das zu prüfende Wohnungsangebot nicht alle relevanten Informationen enthält. So wird beispielsweise in Wohnungsangeboten aus dem Internet gelegentlich nur die Gesamtmiete angegeben. Für die Prüfung ist aber eine Aufschlüsselung nach Grundmiete, Betriebs- und Heizkosten notwendig. Werden zudem gesundheitliche Gründe für einen Umzug geltend gemacht, ist in Einzelfällen die Hinzuziehung des Amtsärztlichen Dienstes notwendig.

Dadurch kann sich die Bearbeitungsdauer verlängern. Im Sozialamt ist derzeit kein konkreter Fall bekannt. Es kommt jedoch vor, dass ein Wohnungsangebot als unangemessen abgelehnt oder die Notwendigkeit eines Umzugs versagt wird und der leistungsberechtigte Haushalt die Entscheidung mittels Widerspruch und Klage überprüfen lässt. Da eine solche Überprüfung einige Zeit in Anspruch nimmt, ist es möglich, dass das konkrete Wohnungsangebot nach der Entscheidung des Rechtsmittelverfahrens nicht mehr verfügbar ist.

Zur Frage 4.

Eine geringfügige Überschreitung der Wohnfläche kann anerkannt werden, wenn die Kosten der Bruttokaltmiete dennoch im Rahmen der festgelegten Richtwerte bleiben und die Vorauszahlung für die Betriebs- und Heizkosten im Verhältnis zur Wohnfläche plausibel ist. Eine Überschreitung der angemessenen Kosten ist nur im Rahmen von begründeten Einzelfallentscheidungen möglich und/oder an den Nachweis – beispielsweise erfolglose Recherche im Internet, Ausdruck zu Ergebnistreffern in der Wohnungsdatenbank – gebunden, dass eine kostenangemessene Wohnung auf dem Markt nicht auffindbar ist. Das kann beispielsweise bei Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, oder bei großen Haushalten der Fall sein.

Stadträtin Witte (Freibeuter):

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrter Herr Professor Fabian, die Zeiten, die Sie hier genannt haben, sind ja fast schon rasant zu nennen. Wie erklären Sie sich im Lichte dieser Bearbeitungszeiten, dass Sozialarbeiter es immer wieder als großes Problem bezeichnen, dass Jobcenter und Sozialamt für die Bearbeitung erheblich lange brauchen, gerade auch bei Leuten, die aus der Obdachlosigkeit kommend wieder Wohnraum beziehen wollen? Ich kann Ihnen auch schildern, was ich persönlich erlebt habe, als ich jemandem half, eine Wohnung zu finden. Die Anfrage wurde am 9. Dezember an das Sozialamt gerichtet, die Antwort kam am 15., allerdings erst nach mehrfacher telefonischer Aufforderung. Stimmen Sie mit mir überein, dass es da noch erheblichen Verbesserungsbedarf gibt? Eine Woche Bearbeitungszeit kann in der heutigen Zeit schon zu lang sein.

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian:

Frau Witte, ich habe hier die Antworten verlesen, die ich von den Behörden bekommen habe. Wie in ähnlich gelagerten Sachverhalten kann ich Sie nur auffordern, mir persönlich den Einzelfall zu benennen. Dann kann ich veranlassen, dass dem nachgegangen wird. Im Übrigen werden wir das Thema in der nächsten Trägerversammlung auch noch mal ansprechen. Ich vermute, dass es in Einzelfällen zu längeren Bearbeitungszeiten kommt als von mir eben angegeben. Ob es dafür rechtfertigbare Gründe gibt, muss im Einzelfall geprüft werden. Ich persönlich kann nur handeln, wenn ich davon Kenntnis habe.

Schnelle Hilfe – gute Hilfe

Im Dezember 2018 wurde der Fachplan Wohnungsnotfallhilfe bis 2022 beschlossen. Damit wird den wachsenden Herausforderungen in der Wohnungsnotfallhilfe Rechnung getragen.  Allerdings nützt der beste Plan nichts, wenn es bei der Umsetzung in der Praxis hakt. Auch aus diesem Grund bedarf es eines neuen Geistes in den Amtsstuben.

Konkret kann nicht sein, dass es längere Zeit dauert, bis Jobcenter oder Sozialamt einem Antragsteller bescheinigen, dass die von ihm zur Anmietung gewünschte Wohnung den Richtlinien der Stadt entspricht und er sie anmieten darf. Ein Ärgernis, von dem mir Sozialarbeiter immer wieder berichten. Und neulich habe ich selbst einen Fall erlebt, in dem es mehrere Wochen dauerte bis die Zustimmung zu einem Mietvertrag vom Amt erteilt wurde.

Ein Unding, denn inzwischen wird in Leipzig der Markt für preiswerten Wohnraum nicht nur von Leistungsempfängern heiß umkämpft. Zu lange Wartezeiten bis zur Zusage des Amtes sind ein Wettbewerbsnachteil für alle Menschen, die auf diese Zusagen angewiesen sind. Nicht selten ist die Wohnung dann inzwischen anderweitig vergeben.

Hier das Problembewusstsein in den Ämtern zu schärfen, dafür setze ich mich in Jobcenterbeirat und Sozialausschuss ein!

FDP-Stadträtin Naomi-Pia Witte

Veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Leipzig am 26. Januar 2019