Morlok (FDP): “Mieter werden nicht entlastet. Investitionen der LWB werden gefährdet.”

Eine Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer entlastet Mieter in Leipzig nicht. Das geht aus der Beantwortung einer Anfrage der Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat in der Ratsversammlung am 23. Januar 2019 hervor. Darüber hinaus wird die Investitionsfähigkeit der LWB eingeschränkt.

Dazu FDP-Stadtrat Morlok (FDP), der die Fraktion Freibeuter im Fachausschuss Finanzen des Leipziger Stadtrates vertritt: “Die Mieter werden wie erwartet nicht entlastet. Mit einer Erhöhung der Nettokaltmieten geht stattdessen Transparenz und Nachvollziehbarkeit beim Mietpreis verloren.”

In der Antwort zur Anfrage hatte Baubürgermeisterin Dubrau bestätigt, dass sich eine Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer bei der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft (LWB) negativ auf die Liquidität der Gesellschaft auswirken würde. Danach habe die LWB im Jahr 2017 etwa 4,65 Millionen Euro Grundsteuer auf die Mieter umgelegt. Kosten in dieser Höhe müssten im Falle einer Streichung der Grundsteuerumlage eingespart werden. Das habe Einfluss auf Investitionen in die Wohnungsbestände zu Lasten der Gebäudesubstanz. Mieterhöhungen um 18 Cent/qm im Monat seien die Folge.

Forderungen nach einer Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer vom Vermieter auf den Mieter wurden zuletzt auf Bundesebene von Sozialdemokraten vorgetragen.

Auswirkungen einer Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer

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Anfrage:

In der Bunderegierung gibt es von verschiedenen Ministern der SPD Überlegungen, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter zu streichen.

In diesem Zusammenhang fragen wir an:

  1. In welcher Höhe wurde im Jahr 2017 von der LBW Grundsteuer auf die Mieter umgelegt?
  2. Wie hoch war der Jahresüberschuss der LWB im Jahr 2017?
  3. In welchem Umfang erwägt die LWB eine Anpassung der Nettokaltmieten bei einer Streichung der Umlagefähigkeit?
  4. Welchen Auswirkungen hätte eine Anhebung der Nettokaltmieten des Großvermieters LWB auf die ortsüblichen Vergleichsmieten und das Mitniveau in Leipzig insgesamt sowie auf die zu gewährenden Leistung für die Kosten der Unterkunft?

Anfrage im Allris

Antwort (mündlich in der Ratsversammlung):

Bürgermeisterin Dubrau:

Wir haben zu dieser Anfrage die Wohnungsbaugesellschaft angefragt, deren Antwort hier einfließt. –

Zur Frage 1.

Die LWB hat 2017 rund 4,65 Millionen Euro Grundsteuer auf die Mieterschaft umgelegt.

Zur Frage 2.

Der Jahresüberschuss betrug eigentlich 36,25 Millionen Euro. Hierin sind aber Sondereinflüsse wie Wertzuschreibungen – diese sind kein Bargeld – von Grundstücken enthalten. Das Geschäftsergebnis ohne diese Sondereinflüsse betrug 4,68 Millionen Euro.

Zur Frage 3.

Sollte die Umlagefähigkeit der Grundsteuer gestrichen werden, würden die unter Punkt 1 genannten Kosten beim Vermieter verbleiben und sich negativ auf die zur Verfügung stehende Liquidität auswirken. Zur Erfüllung der Eigentümerziele, sowohl der Sachziele als auch der Sicherung der nachhaltigen wirtschaftlichen Stabilität, ist jedoch ein nachhaltig positives Geschäftsergebnis in der Größenordnung von mindestens 4 Millionen Euro zu realisieren. Dementsprechend müssten die zusätzlichen Kosten an anderer Stelle entweder eingespart oder amortisiert werden. Einsparung geht nur durch Reduzierung der Investitionen in die Wohnungsbestände. Das würde zulasten der Gebäudesubstanz gehen. Damit wäre mittelfristig die wirtschaftliche Stabilität nicht mehr gegeben. Letztendlich hätte das auch negative Auswirkungen auf die Mieter. Alternativ wären die zusätzlichen Kosten durch erhöhte Mieteinnahmen zu kompensieren, was eine Mieterhöhung um 18 Cent pro Quadratmeter und Monat nach sich ziehen würde.

Zur Frage 4.

Aufgrund der Tatsache, dass die LWB circa 10 Prozent des Leipziger Wohnungsmarkts abbildet, würde sich eine entsprechende Mieterhöhung natürlich auf die Durchschnittswerte der Stadt Leipzig auswirken. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bei einer Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer nicht nur die LWB, sondern die Vermieter generell die Nettokaltmiete anheben.

Insofern ist davon auszugehen, dass die Nettokaltmieten generell zumindest um die durchschnittlichen Kosten für die Grundsteuer steigen werden – laut Betriebskostenbroschüre 2016 machen sie rund 18 Cent pro Quadratmeter und Monat aus -; zugleich fallen diese Kosten aus den Betriebskosten heraus. Für die Mieter entstünde dadurch also keine Entlastung.

Allerdings kann vermutet werden, dass ein Teil der Vermieter den kalkulierten Anteil der Grundsteuerkosten an der Nettokaltmiete eher großzügig bemessen wird, um künftige Steigerungen der Grundsteuer gleich mit abzudecken. Zudem geht für die Mieter die Transparenz für die Grundsteuer in den kalkulierten Kosten verloren.

Die genannte Steigerung der Nettokaltmieten würde sich allerdings nicht sprunghaft vollziehen, sondern zeitlich gestreckt, da viele Vermieter in Leipzig auf Basis der im aktuellen Mietspiegel dargestellten ortsüblichen Vergleichsmieten bereits Mieterhöhungen in den bestehenden Mietverträgen durchgeführt haben und solche Mieterhöhungen auf maximal 15 Prozent innerhalb von drei Jahren beschränkt sind. Bei Neuvermietungen würden die Grundsteuerkosten jedoch sofort auf die verabredete Nettokaltmiete aufgeschlagen werden und damit zu einer Steigerung führen.

Die resultierenden Steigerungen der Nettokaltmiete würden sich vermutlich in einer steigenden ortsüblichen Vergleichsmiete niederschlagen. Auf die gewährten Kosten für Unterkunft und Heizung sollte der Einfluss gering sein, da die Kosten der Unterkunft ohnehin sowohl die Nettokaltmiete als auch die kalten Betriebskosten und damit auch die Kosten der Grundsteuer umfassen.

Stadtrat Morlok (Freibeuter):

Frau Dubrau, kann man Ihre Ausführungen so zusammenfassen, dass eine Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer zumindest mittelfristig nachteilig für die Mieter in der Stadt Leipzig wäre?

Bürgermeisterin Dubrau:

Nachteilig nicht, aber es würde keine Vorteile bringen. Das würde dann nur über einen anderen Weg finanziert.

Quo vadis Grundsteuer?

Quo vadis Grundsteuer?

Amtsblatt:

Das Bundesverfassungsgericht hat im April die Erhebungsmethode für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Diese basiert auf den sogenannten Einheitswerten. Der Gesetzgeber hatte vorgeschrieben, dass diese alle sechs Jahre an die aktuellen Werte anzupassen sind. Tatsächlich ist dies fast 60 Jahre lang nicht erfolgt, was zu erheblichen Ungerechtigkeiten führte. Bis Ende 2019 ist der Gesetzgeber nun aufgefordert, die Grundsteuer neu zu regeln. Eine straffe Vorgabe, denn es verbleiben nur noch 18 Monate. Eine Einigkeit der Länderfinanzminister über ein zukünftiges Modell besteht bisher nicht. Doch nur mit einer wirksam verabschiedeten Neuregelung ist es den Kommunen erlaubt, längstens bis Ende 2024 die Grundsteuer auf der Basis des alten Modells noch zu erheben.

Aktuell nimmt die Stadt Leipzig jährlich rund 100 Millionen Euro aus der Grundsteuer ein. Eine Steuer, die am Ende alle zahlen, da sie über die Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden kann. Kurzfristig umsetzbar ist daher nur ein einfaches und flächenbezogenes Modell. Andernfalls müssten rund 35 Millionen Grundstücke in der Bundesrepublik neu bewertet werden. Experten warnen zudem bei einem wertbezogenen Modell vor erheblichen Steigerungen bei der Grundsteuer vor allem in den Ballungsräumen. Dies würde die Mieten zusätzlich belasten.

René Hobusch, Fraktionsvorsitzender

Veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Leipzig am 18. Mai 2018