Programm “Leipzig hilft Solo-Selbstständigen” – für gewerblich, freiberuflich und künstlerisch Tätige (Bestätigung außerplanmäßiger Aufwendungen gem. § 79 (1) Sächs- GemO)

Neufassung – Programm “Leipzig hilft Solo-Selbstständigen” – für gewerblich, freiberuflich und künstlerisch Tätige (Bestätigung außerplanmäßiger Aufwendungen gem. § 79 (1) Sächs- GemO) (VII-DS-01126-DS-01) Einreicher: Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales, Dezernat Kultur

dazu ÄA (VII-DS-01126-DS-01-ÄA-01)Einreicher: Fraktion Freibeuter
& ÄA (VII-DS-01126-DS-01-ÄA-02)Einreicher: Fraktion Freibeuter

Aus der Ratsversammlung am 29.04.2020

Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als Fraktion unterstützen die Initiative der Verwaltung, in der derzeit schwierigen Situation nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, also für Angestellte, sondern auch für Selbstständige eine Unterstützung zu schaffen. Denn tatsächlich ist es so: Der Unternehmerlohn des Selbstständigen ist das, womit er oder sie die täglichen Einkäufe bezahlt, die Mieten bezahlt, vielleicht auch einen Kredit bezahlt, der noch abzulösen ist. Das ist genau das Geld, das der Angestellte verdient, wofür dieser jetzt Kurzarbeitergeld bekommt. Aber der Selbstständige bekommt eben nichts. Natürlich kann man hergehen und sagen: Ja, für die Linderung der persönlichen Not gibt es bei uns im Staat Auffangnetze, und wenn ein Selbstständiger mit seinem Unternehmen scheitert, dann steht ihm immer noch das Arbeitslosengeld II offen, und man kann ihn darauf hin verweisen. Selbstständige scheitern aber nicht, weil sie ein falsches Unternehmenskonzept haben oder weil sie vielleicht vom Typus her gar nicht für die Selbständigkeit geeignet sind, sondern in der jetzigen Situation scheitern Selbstständige aufgrund staatlicher Anordnungen. Das ist etwas anderes, als wenn man eben mit einem Unternehmenskonzept Pech gehabt hat. Wenn der Staat jemandem verbietet, seine Tätigkeit auszuüben, dann hat er auch eine Verantwortung dafür, wie es dieser Person oder diesen Personen geht. Diese Verantwortung für die Selbst- ständigen lässt sich nicht an ihrer Mitarbeiterzahl festmachen. Wenn man per Anordnung jemandem etwas untersagt, dann ist es egal, ob die Anordnung jemanden trifft, der allein selbstständig ist oder eine Halbtagskraft, eine Vollzeitkraft oder zwei Vollzeitkräfte beschäftigt. Der Sachverhalt, dass der Staat durch Anordnung jemandem verbietet, Geld zu verdienen, bleibt gleich. Das an der Mitarbeiterzahl festzumachen ist Willkür. Deswegen ist auch der Änderungsantrag der LINKEN in dem Zusammenhang nicht zielführend; denn es ist doch ganz offensichtlich, dass jemand, der einen kleinen Laden hat, während der Ladenöffnungszeiten nicht von morgens bis abends allein im Geschäft stehen kann. Da bedarf es Unterstützung. Wenn ein Friseur sich entscheidet – was sehr lobenswert ist -, auszubilden, und im August des letzten Jahres einen Ausbildungsplatz geschaffen hat, dann begrüßen wir das gesellschaftlich, weil wir Ausbildungen fördern wollen. Heute bestrafen wir es, weil wir ihm die Förderung in dem Programm der Stadt Leipzig entziehen. Denken Sie an die Diskussionen, die wir mit den Gastronomen hier in der Stadt Leipzig geführt haben. Das sind in der Regel Personen, die mit ein paar Mitarbeitern selbstständig sind und jetzt eben auch ihren Unternehmerlohn nicht haben und nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen können, und vielleicht auch nicht wissen, wie sie Geld zum Einkaufen bekommen. An diejenigen müssen wir eben auch denken, wenn wir eine solche Unterstützung anbieten und wenn sie willkürfrei sein soll. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir Ihnen zwei Änderungsanträge vorgestellt, die wir auch von der Wirkung her nacheinander abstimmen lassen wollen. Es gibt ein Förderprogramm des Freistaates für Selbstständige. Hier wird nicht nach der Mitarbeiterzahl differenziert. Der Nachteil des Programms ist, dass es ein Darlehen ist. Der Freistaat sieht aber selbst vor, dass in wirtschaftlich schwieriger  Situation bis auf 20 Prozent des Darlehensbetrages verzichtet werden kann. Wir schlagen Ihnen nun im ersten Änderungsantrag vor, das Geld, was wir jetzt hier im Förderprogramm haben, in die Hand zu nehmen, um den Betrag auf bis zu 50 Prozent aufzustocken. Das ist etwas, was Selbstständigen wirklich hilft, weil sie dann Liquidität haben, um genau die wichtigen, dringenden Ausgaben zu leisten. Und man sieht dann im Nachhinein in einem Jahr, wie es den Betroffenen geht. Wenn es ihnen dann nach wie vor schlecht geht, könnte man, wenn man die beiden  Programme  addiert,  bis  auf  50 Prozent des Darlehens verzichten. Das ist unser Königsweg.

Für den Fall, dass dieser Änderungsantrag keine Mehrheit im Stadtrat finden sollte, unser zweiter Änderungsantrag, nämlich, das Programm einfach auszuweiten auf alle Selbstständigen. Frau Körner, Sie haben in Ihrer Debatte so eine Unterscheidung zwischen „für die Kleinen“ und „nicht für die Großen“ gemacht. Ist denn für Sie ein Gastronom mit drei Halbtagskräften ein Gro- ßer?

(…)

Ich denke, das ist nach wie vor einer von den von Ihnen beschriebenen Kleinen. Wir reden nicht von denen mit tausend Mitarbeitern, die in der Regel GmbHs oder Kapitalgesellschaften sind. Wir reden von den Kleinen. Und wenn Sie den Kleinen helfen wollen, dürfen Sie es nicht an der Zahl der Mitarbeiter festmachen. – Vielen Dank.

(Es gilt das gesprochene Wort)