Anfrage:
1. Wieviele Straßenbahnen sind derzeit maximal täglich im Einsatz? Wieviele Sitze pro Bahn sind durchschnittlich für Beeinträchtigte reserviert?
2. Wieviele Sitzbezüge sind in der „Klimabahn“ verarbeitet worden? Welche Kosten sind konkret für den Austausch der Sitzbezüge pro Sitz entstanden?
3. Können die Sitzbezüge nach Abschluss des Projekts „Klimabahn“ nachgenutzt werden wie von der Fraktion Die Linke gewünscht?
4. Warum kann eine ganze Straßenbahn mit andersfarbigen Sitzen ausgestattet werden, einzelne Sitze für Beeinträchtigte jedoch nicht?
Antwort:
Die Fragen werden im Zusammenhang und mit einer Zuarbeit der LVB beantwortet.
Bedingt durch die großen zeitlichen Abstände in der Fahrzeugbeschaffung sind in den Straßenbahnen und Bussen der LVB verschiedene Sitztypen verbaut. Für all diese Typen muss eine entsprechende Beschaffung, Lagerhaltung und Arbeitsorganisation im Reparaturfall vorgehalten werden. Die Einführung eines zusätzlichen farbigen Sitzbezugs würde diese Aufwände nahezu verdoppeln und in den Arbeitsabläufen der Werkstätten eine zusätzliche Komplexität einbringen, da der Einsatz des jeweils richtigen Sitzbezugs abzusichern wäre.
Für die Umsetzung der beiden „Klimabahnen“ wurden einmalig Fahrzeugsätze an Sitzbezügen beschafft und unmittelbar verbaut. Eine entsprechende Lagerhaltung und Anpassung der Standard-Werkstattabläufe musste hierfür nicht umgesetzt werden, da der Einsatzzeitraum der Klimabahnen auf die Lebensdauer u.a. der einmalig beschafften Sitzbezüge begrenzt sein wird.
Mit dem Antrag VII-A-09086 – Barrierefreien ÖPNV stärken, wurde im September 2023 gefordert, dass der Oberbürgermeister dafür Sorge trägt, dass die bisher mit kleinen Piktogrammen über den Sitzen markierten Plätze für Menschen mit Behinderungen, in der Gehfähigkeit Beeinträchtigte, ältere oder gebrechliche Personen, werdende Mütter und Fahrgäste mit kleinen Kindern, einen farblich abgesetzten Sitzbezug inkl. Aufdruck oder Aufkleber erhalten um die Sichtbarkeit und Funktion dieser Sitzplätze zu stärken.
Das Thema wurde daraufhin im März 2024 in der Sitzung des Fahrgastbeirates der LVB behandelt, um die konkreten Anforderungen hinsichtlich Sichtbarkeit und Funktion dieser Sitzplätze zu bewerten und eine Empfehlung an die LVB aussprechen zu können. Der Fahrgastbeirat (u.a. mit Vertretern der Behindertenverbände) hat ohne Gegenstimme den Vorschlag bestätigt, anstelle farbiger Sitzbezüge besser einen im unmittelbaren Sichtbereich anzubringenden Aufkleber mit direkter Ansprache des Sitzenden zu platzieren. Dies wurde seitens der Fahrgastbeiräte mit folgenden Argumenten untermauert:
- Die Funktion der farbigen Sitzbezüge ist von sich aus nicht selbsterklärend und bedarf einer zusätzlichen Kommunikation.
- Wenn der entsprechende Sitzplatz belegt ist, ist in der Regel der farbige Stoff für Bedürftige nicht zu erkennen.
- Oftmals sind gewisse Fehlverhalten nicht auf Böswilligkeit, sondern vielmehr auf Unachtsamkeit zurückzuführen, die sich durch eine direkte Ansprache lösen lassen. Durch das Wording des Aufklebers sowie dessen Platzierung wird dieses Achtungsmoment unmittelbar und omnipräsent hergestellt.
Es ist daher nicht richtig, das die LVB die Markierung durch einen farbigen Sitzbezug allein aufgrund der befürchteten Kosten ablehnen würden. Vielmehr wird die Aufkleberlösung als deutlich wirkungsvollere und der finanziellen Situation der LVB angemessenere Variante beurteilt. Die LVB sehen sich darin auch bestätigt, dass z. B. die Berliner Verkehrsbetriebe nach entsprechender Vorabstimmung auf Landesebene den gleichen Weg verfolgen. Die Deutsche Bahn agiert ähnlich. Der geplante Aufkleber soll in der kommenden Sitzung des Fahrgastbeirates am 22. August vorgestellt und abgestimmt werden.