Erweiterung des Breitbandausbaus (“weiße Flecken”) in der Stadt Leipzig;
Finanzierung und Zustimmung zum Antrag auf Bundes- und Landesförderung (Arbeitsprogramm 2023) (VII-DS-06144)
Einreicher: Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales
Aus der Ratsversammlung am 15.03.2022
Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will jetzt hier nicht die Grundsatzdiskussion über den Sinn und Unsinn von sozialen Erhaltungssatzungen erneut führen. Das haben wir bei den ersten, die der Stadtrat hier mehrheitlich beschlossen hat, getan. Sie kennen die ablehnende Haltung meiner Partei zu diesem Thema.
Kurz zusammengefasst führten diese Erhaltungssatzungen dazu, dass wir eine bestimmte Situation in einem Stadtteil zementieren, und zwar an der Nachfrage der Menschen in der Stadt Leipzig vorbei. Das heißt, die Dinge, die in Leipzig von
den Bürgerinnen und Bürgern an Wohnumfeld, an Wohnungen gewollt werden, werden irgendwo entstehen, und diejenigen, die es sich leisten können, werden auch dort hinziehen, wo sie entstehen.
Das heißt wir bekommen eine Entmischung der Wohnbevölkerung, was eigentlich in der Stadt Leipzig nicht unser Ziel sein kann. Ich will jetzt gar nicht von Ghettoisierung sprechen, aber das wird letztendlich in diese Richtung gehen. Wir bekommen Quartiere, die wir in 10, 15, 20 Jahren mit hoffentlich viel Fördergeld des Bundes wieder sanieren müssen.
Wenn man sich aber jetzt bei diesen beiden Satzungen die entsprechende Detailuntersuchung anschaut, dann gibt es ein paar Punkte, die die Absurdität aus meiner Sicht ganz besonders darstellen. In diesen Umfragen wird immer nachfragt, ob sich denn jemand in der nächsten Zeit vorstellt, umzuziehen. Da wird unterschieden zwischen denen, die umziehen müssen – also die einen Zwang haben, umziehen zu müssen -, und denen, die umziehen wollen.
Wenn wir uns jetzt einmal das Beispiel Plagwitz/Kleinzschocher anschauen: Wer möchte umziehen, und wie viele von denen, die umziehen möchten, möchten gerne in Leipzig bleiben? 25 Prozent derer, die umziehen wollen, möchten gerne in Leipzig bleiben. Wenn man sich einmal anschaut, was denn die Gründe sind, warum diese Menschen umziehen wollen, dann haben wir hier eine Unzufriedenheit mit dem Wohnumfeld von 28 Prozent. Also: 25 Prozent wollen in
Leipzig bleiben, aber 28 Prozent sind mit dem Wohnumfeld unzufrieden.
Wenn wir jetzt einmal die andere Satzung nehmen – ich fasse das gleich zusammen, Herr Oberbürgermeister -, dann haben wir die Situation, dass 37 Prozent derer, die umziehen wollen, in Leipzig bleiben möchten, und als einer der
Hauptgründe, warum sie umziehen wollen, ist hier Unzufriedenheit mit dem Wohnumfeld. Jetzt werden ja diese sozialen Erhaltungssatzungen umgangssprachlich auch gerne Milieuschutzsatzungen genannt. Und das macht die Absurdität wirklich deutlich.
Hauptgrund der Menschen, die dort wegziehen, aber in Leipzig bleiben wollen, ist das Wohnumfeld. Die ziehen weg, weil ihnen das Wohnumfeld nicht passt, deswegen wollen die weg. Und wir beschließen, das Wohnumfeld, was den Menschen, die wegziehen wollen, nicht passt, per Satzung erhalten zu wollen. Das ist doch grotesk. Das zeigt doch gerade, wie verfehlt diese Politik ist.
Diejenigen, die Geld haben und denen das Wohnumfeld nicht passt, ziehen weg, und zwar dorthin, wo ihnen das Wohnumfeld passt. Und diejenigen, die das Geld nicht haben, müssen bleiben, während die freiwerdenden Wohnungen sicherlich zu günstigen Mieten durch diejenigen aufgefüllt werden, die das Geld auch nicht haben.
Das ist genau das, was ich sage: Wir werden eine Entmischung der Wohnbevölkerung haben, wir werden Richtung Ghettoisierung gehen, und wir
werden mit viel Fördergeld die Dinge, die wir heute beschließen, in 10, 15 Jahren wieder gutmachen müssen. – Vielen Dank.”
(…)
Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Oberbürgermeister! Ich bin sehr für Sachlichkeit. Die Zahlen sind aus Ihrer Vorlage, nicht von mir. Ich wollte noch einmal auf den Diskussionsbeitrag von Herrn Weber eingehen und auch von Herrn Dr. Peter. Schauen Sie sich doch bitte die Zahlen an: Es wird in dieser Umfrage ja unterschieden zwischen den Personen, die umziehen müssen –
wo also ein ganz konkreter Druck vorhanden ist, dass sie praktisch wegmüssen -, und denen, die wollen, wo also kein konkreter Grund vorhanden ist, sondern wo es ein allgemeiner Wunsch ist.
Da muss man dann eben schon sehen, dass die Ergebnisse dort sehr unterschiedlich sind. Ich hatte zitiert: Bei denen, die wegziehen wollen, sind 28 Prozent – ich gucke einmal, ob ich das Richtige zitiere – in Plagwitz/Kleinzschocher mit dem Wohnumfeld unzufrieden. Von denen – ich
bin gerade dabei, es auszuführen -, die wegziehen wollen, sagen nur 10 Prozent, dass der Preis in diesem Gebiet eine Ursache ist. Von denen, die wegziehen wollen, tun das 28 Prozent aufgrund des Wohnumfelds, 10 Prozent aufgrund des Preises.
Wenn wir uns jetzt im Vergleich dazu einmal diejenigen anschauen, die umziehen müssen – Herr Jung, falls Sie es suchen, das ist auf der Seite 78 der Vorlage -, ist es genau andersherum: Da sagen 16 Prozent: zu teuer, und noch 9 Prozent: zu teuer nach Modernisierung. Es ist also bei 25 Prozent der Preis ausschlaggebend, aber nur bei 13 Prozent das Wohnumfeld.
Das ist doch gerade das, was ich versucht habe, darzustellen: Wir haben hier eine unterschiedliche Haltung zwischen Menschen, die, sage ich mal, es sich leisten können – die ziehen weg, weil ihnen eben das Wohnumfeld nicht passt -, und anderen, bei denen der Preis entscheidend ist, die müssen weg wegen des Preises. Das geschieht sicherlich auch aufgrund von Aufwertung, das will ich ja gar nicht in Abrede stellen. Wir haben aber zwei Teile in diesem Gebiet, nämlich diejenigen, diejenigen, die die wirtschaftlichen Schwierigkeiten haben – unbestritten -, und diejenigen, denen es wirtschaftlich einigermaßen gut geht, die sich das leisten können.Was ich nur gesagt habe, ist: Mit diesen Erhaltungssatzungen erreichen wir eine Entmischung von Bevölkerung. Das geht in die Richtung Ghettoisierung. Und wir müssen das mit viel Geld nachher wieder in Ordnung bringen. Nichts anderes habe ich gesagt. Ich habe ja nicht bestritten,dass es Menschen gibt, die dort Probleme haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden, aber die Lösung dieses Problems sind nicht die Erhaltungssatzungen”
(Es gilt das gesprochene Wort)