Leipziger Mietspiegel 2020 (VII-DS02433) Einreicher: Dezernat Soziales, Gesundheit und Vielfalt
Aus der Ratsversammlung am 23.06.2021
Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie, dass ich bevor ich zu dem, was ich eigentlich sagen wollte, komme, ein paar Ausführungen zu dem sogenannten Schweineinstrument mache.
Es ist richtig: Es finden die Angebotsmieten aus den letzten Jahren Berücksichtigung. Insofern spiegelt das Instrument die Marktentwicklung zeitnah wider. Jetzt sagen Sie, in Leipzig sind die Angebotsmieten in den letzten Jahren gestiegen. Weil wir die letzten Jahre berücksichtigen, führt es dazu, dass eben tendenziell die Vergleichsmieten auch steigen. Deswegen ist es für die Mieter ein Schweineinstrument, weil sie höhere Mieten zahlen müssen.
Was sagen Sie aber den Mietern in den strukturschwachen Gebieten, die wir auch im Freistaat Sachsen haben, wo wir nicht Zuzug haben, sondern Wegzug haben, wo Wohnungen leer stehen, wo Angebotsmieten sinken oder deswegen auch Vergleichsmieten sinken? Das führt dazu, dass man eben günstigere Entwicklungen im Mietspiegel hat, weil eben die Durchschnittsmieten sinken. Würden Sie ein Sinken der Mieten im Mietspiegel auch noch als Schweineinstrument gegenüber den Mietern bezeichnen? Wahrscheinlich nicht.
Also, es kommt nicht auf das Instrument an, sondern es kommt auf die Marktentwicklung an, ob das tendenziell Mieter begünstigt oder tendenziell Vermieter begünstigt. Wenn wir wissen, dass steigende Angebotsmieten tendenziell Vermieter begünstigen, müsste doch die logische Antwort aus dieser Erkenntnis sein, durch ein hohes Angebot an Mietwohnungen eine entsprechende Senkung der durchschnittlichen Angebotsmieten zu erreichen. Genau das würde nämlich den Effekt haben, dass die entsprechenden Vergleichsmieten nicht unbedingt sinken, aber zumindest etwas schwächer steigen.
Dann müssen wir uns fragen: Was tun wir in der Stadt Leipzig in diesem Zusammenhang? Wir erschweren den Neubau von Wohnungen. Wir haben gerade eben die Möglichkeit gehabt, auf zwei Grundstücken in fünf Jahren Baubeginn für Wohnungen mit Sozialpreisbindung zu haben. Das haben wir gerade mehrheitlich abgelehnt.
Wenn ich überlege, wie lange wir schon über das Quartier Bayerischer Bahnhof diskutieren! Es könnten die Wohnungen, wenn man andere Entscheidungen im Stadtrat getroffen hätte, längst schon gebaut sein. Das würde einen erheblichen Effekt für Mietpreisdämpfungen in der Stadt haben. All das muss man auch berücksichtigen, wenn man hier im Stadtrat Entscheidungen trifft, und darf dann nicht einfach sagen: An den steigenden Mieten sind die bösen Vermieter schuld. Auch die Stadträte, die mehrheitlich gewisse Entscheidungen treffen, haben natürlich eine Verantwortung für steigende Mieten.
Der Mietspiegel, wie er hier vorliegt, hat aus unserer Sicht einen großen Mangel, nämlich hinsichtlich des Heranziehens der Bodenrichtwerte. Bodenrichtwerte greifen eben nur punktuell Werte auf, wenn irgendwo Verkäufe stattgefunden haben. Dort, wo keine Verkäufe stattgefunden haben, fehlen die entsprechenden Werte. Wo welche stattgefunden haben, kann es zu Verzerrungen führen. Deswegen halten wir die Bodenrichtwerte für kein geeignetes Instrument für den Mietspiegel.
Wir werden diesem Mietspiegel dennoch zustimmen, weil wir von der Verwaltung – auch in der Vorlage – die klare Aussage bekommen haben, dass auch sie der Auffassung ist, dass die Bodenrichtwerte kein gutes Instrument sind für die Heranziehung der Entwicklung von Vergleichsmieten und dass sie ein anderes Modell anstrebt – eine Bodenkarte des Gutachterausschusses, die mit anderen Kriterien erstellt wird. Deswegen sagen wir: Okay, dann ist es das letzte Mal mit diesem Mangel. Wir hoffen, dass der Mangel das nächste Mal behoben sein wird und stimmen deswegen dem Mietspiegel zu.”
(Es gilt das gesprochene Wort)