Tempo 30 als Regelhöchstgeschwindigkeit in 3 Gebieten erproben – für mehr Sicherheit, weniger Lärm und bessere Luft!

Tempo 30 als Regelhöchstgeschwindigkeit in 3 Gebieten erproben – für mehr Sicherheit, weniger Lärm und bessere Luft! (VII-A-02284-NF-03)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; Fraktion DIE LINKE; SPD-Fraktion

Aus der Ratsversammlung am 24.03.2021

Stadtrat Köhler (Freibeuter): Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bonew! Meine Damen und Herren Beigeordnete! Werte Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Zuschauer im Livestream! Ich traue mich nach den ganzen Verkehrsspezialisten gar nicht mehr zu reden, aber ich mache es trotzdem.

Erst einmal das eine: Frau Dr. Heymann sprach jetzt von suggerieren. Jetzt suggeriere ich einmal eins: Wir machen einen Modellversuch. Dieser Modellversuch soll belastbare Ergebnisse bringen, und aus diesen Ergebnissen sollen wir schließen können: Ist die Einführung eines unter Umständen flächendeckenden Tempo-30-Limits überhaupt machbar, zielführend und gut?

Die zweite Sache: Unfallgeschehen. Ich muss dazu sagen, ich bin als Rettungssanitäter unterwegs gewesen und ich habe 15 Jahre im Bergungs- und Abschleppdienst gearbeitet. Ich kenne durchaus die Unterschiede einer Karambolage mit Tempo 30 und Tempo 50. Ein Unfallgeschehen muss nicht auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sein, sondern der Unterschied ist schon, ob das Auto mich mit Tempo 30 oder mit Tempo 50 umfährt.

Wie gesagt ist aber das Wichtigste an der ganzen Sache ja eins: Schaffen wir es, belastbare Ergebnisse durch diese Studie zu erreichen? Die können natürlich auch so sein, dass wir am Ende, wenn sie abgeschlossen ist, sagen: Es lohnt sich nicht. Das kann ich nicht ausschließen. Dafür gibt es eine wissenschaftliche Untersuchung, eine wissenschaftliche Begleitung.

Eins noch: fließender Verkehr. Ich habe von 1976 bis 1981 Kraftfahrzeugtechnik und Verkehrstechnik studiert. Wir haben damals immer über die Einführung der Grünen Welle bei Tempo 50, bei Tempo 70 geredet. Das hat nie geklappt, weil der Faktor für eine Grüne Welle der Mensch, der Fahrer ist. Vielleicht klappt ja der fließende Verkehr tatsächlich mit Tempo 30 richtig. Wenn wir das erreichen, dass wir nicht nur eine fiktive Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 haben, sondern dass diese Durchschnittsgeschwindigkeit dann auch tatsächlich so bleibt und der Verkehr läuft, dann haben wir zumindest kein negatives Ergebnis.

Die Fraktion Freibeuter wird dem gemeinsamen Antrag der LINKEN, Grünen und SPD zustimmen. – Ich danke.”

Stadtrat Morlok (Freibeuter): “Angesichts der Tatsache, dass eine namentliche Abstimmung beantragt worden ist, ist es mir wichtig darauf hinzuweisen, dass das, was Herr Kriegel gerade eben gesagt hat, gar nicht Gegenstand der Abstimmung ist. Wir stimmen nicht darüber ab, ob wir auf den Hauptstraßen in der Stadt Leipzig Tempo 30 einführen. Wer behauptet, dass das Gegenstand der Abstimmung ist, der sagt einfach die Unwahrheit. Das ist nicht Gegenstand der Abstimmung.

Gegenstand der Abstimmung ist, ob wir in einem begrenzten Gebiet der Stadt Leipzig wissenschaftlich begleitet die Auswirkungen einer Regelgeschwindigkeit von 30 km/h, gegebenenfalls auch auf Hauptverkehrsstraßen, prüfen. Das ist Gegenstand der Abstimmung. Wenn wir zu einem Prüfergebnis kommen, dass das keinen Sinn ergibt, dann bin ich und auch meine Fraktion der Auffassung, dass man es dann sein lassen muss in Leipzig. Wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass es positive Effekte bringt, dann sollte man es tun.

Wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass es in bestimmten Gebieten positive Effekte hat, aber man zum Beispiel im Umland, wo man auf den Hauptverkehrsstraßen lange Wege von den Ortschaften in die Stadt hinein hat, Ausnahmeregelungen mit 50 oder 60 km/h machen muss, dann muss man das eben auch tun.

Ideologiefreie Verkehrspolitik heißt aber eben, das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht vorwegzunehmen, sondern das Ergebnis abzuwarten und dann, wenn es vorliegt, entsprechend Entscheidungen zu treffen. Das ist das Anliegen meiner Fraktion. Deswegen begrüßen wir es ausdrücklich, dass sich die Antragsteller Grüne und LINKE mit der SPD zusammengefunden haben, um genau diesen Versuch mit anderen Kommunen gemeinsam durchzuführen, um eben die entsprechenden Grundlagen zu haben, um entscheiden zu können: Ergibt es Sinn, und wenn ja, wo?”

(Es gilt das gesprochene Wort)