Spätverkaufsstellen in Leipzig

Anfrage:

Vor dem Hintergrund, dass nach Aussage des Ordnungsamtes Kontrollen in Spätverkaufsstellen im Stadtgebiet Leipzig nur aufgrund konkreter Beschwerden durchgeführt werden, fragen wir:

  1. Wie viele Kontrollen in Spätverkaufsstellen wurden 2015, 2016 und 2017 durchgeführt? Wie viele davon aufgrund konkreter Beschwerden durch Anwohner auf Basis welcher Tatbestände (wie z.B. Lärm, Überschreitung der gesetzlichen Öffnungszeiten,…)?
  2. Wie oft wurden seit 2015 jedes Jahr Bußgelder verhängt? In welcher Höhe wurden die Bußgelder durchschnittlich sowie in Summe jedes Jahr verhängt?
  3. Wie schätzt der Oberbürgermeister die rechtliche Situation einer erfolgreichen Handhabung von Spätverkäufen in der Dresdner Neustadt ein? Welche Gestaltungsmöglichkeiten sieht der Oberbürgermeister vor diesem Hintergrund für Leipzig.

Anfrage im Allris

Antwort (mündlich in der Ratsversammlung):

Bürgermeister Rosenthal:

Herr Oberbürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zur ersten Frage.

Es erfolgt keine statistische Erfassung von Spätverkaufsstellen als solche. Eine statistische Erfassung von Verstößen gegen das Sächsische Ladenöffnungsgesetz bzw. von Kontrollen der gesetzlichen Regelungen für das Jahr 2015 fand nicht statt. 2016 erfolgten 33 Kontrollen, 2017 52 Kontrollen, insgesamt betroffen: 43 Objekte. Anlass der Kontrollen waren in zehn Fällen Beschwerden über Lärm und in 33 Fällen Hinweise zum Offenhalten einer Verkaufsstelle außerhalb der zulässigen Ladenöffnungszeiten.

Zur zweiten Frage.

Für das Jahr 2015 wurden zwei Bußgelder in Höhe von jeweils 500 Euro wegen vorsätzlichen Handelns verhängt. 2016 verteilt sich die Zahl der verhängten Bußgelder auf zwei fahrlässig begangene Verstöße, geahndet mit 250 Euro, und zwei vorsätzliche Verstöße, die mit 500 Euro geahndet wurden. 2017 sind neun Verfahren eingeleitet worden wegen fahrlässiger Verstöße, geahndet mit jeweils 250 Euro, und elf Verfahren wegen Vorsatz, geahndet mit jeweils 500 Euro. Nicht aufgeführt sind noch nicht abgeschlossene bzw. wegen eingelegten Einspruchs beim Amtsgericht verhandelte bzw. zu verhandelnde Bußgeldsachen.

Zur dritten Frage.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen bezüglich zulässiger Ladenöffnungszeiten von Verkaufsstellen sind in Dresden und Leipzig normidentisch. In welchem Maß Verkaufsstellen in der Dresdner Neustadt die Öffnungszeiten überziehen, entzieht sich unserer Kenntnis. Es gibt zumindest keinen seitens der Stadt Dresden vorgegebenen Freibrief einer Sonderregelung für selbsternannte Spätverkaufsstellen. Das Sächsische Ladenöffnungsgesetz kennt den Begriff der Spätverkaufsstelle bzw. Späti nicht; es regelt lediglich die Öffnungszeiten.

Die Stadt Leipzig hat im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und des Ladenöffnungsgesetzes die Aufsicht über die Einhaltung als weisungsfreie Pflichtaufgabe. Sie kann von der Durchsetzung eines gesetzlichen Verbots entsprechend des eingeräumten Ermessens nicht aus Gründen absehen, die nach dem Sächsischen Ladenöffnungsgesetz verboten und daher als Gründe für die Duldung der verbotenen Handlung kraft Gesetzes ausgeschlossen sind. – Sprich: Da wir keine Öffnungsklausel für Ladenöffnungszeiten haben, müssen sich alle Verkaufsstellen in der Stadt Leipzig an den normierten Öffnungszeiten orientieren. Ich kann dort als Kommune nichts anderes regeln. Insofern gibt es auch für den Oberbürgermeister aus der originären Zuständigkeit keinen Handlungsspielraum.

Stadtrat Hobusch (Freibeuter):

Herr Bürgermeister Rosenthal, zunächst vielen Dank für die Beantwortung. – Sie haben ausgeführt zur Frage 1, dass im Jahr 2016 33 Verfahren und im Jahr 2017 52 Verfahren durchgeführt worden sind. Zur Frage 2 haben Sie ausgeführt, dass in 2016 zweimal je 250 Euro Bußgeld wegen fahrlässiger Verstöße und zweimal je 500 Euro Bußgeld wegen vorsätzlicher Verstöße und dass in 2017 neunmal wegen fahrlässiger Verstöße und elfmal wegen vorsätzlicher Verstöße Bußgelder in gleicher Höhe verhängt worden sind. Setzt man das ins Verhältnis zur Steigerung der Fallzahlen, ergibt sich eine Steigerung um zwei Drittel, nämlich von 33 in 2016 auf 52 in 2017, und bei der Erhebung von Bußgeldern eine Steigerung um das Fünffache von 2016 auf 2017. Können Sie noch etwas zu den Ursachen sagen? Geben Sie mir recht, dass man, unbefangen betrachtet, von einer gewissen Zunahme des Verfolgungsdrucks sprechen kann?

Bürgermeister Rosenthal:

Wir haben ja heute auch schon über die Thematik Sperrstunde diskutiert. Wir müssen auch mit Blick auf andere Ordnungssachverhalte feststellen, dass sich aufgrund der Verdichtung unserer Stadt die in den unterschiedlichen Lebenssachbereichen bevorzugten Nutzungen dazu führen, dass das Anzeige- und Beschwerdeverhalten unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger zunimmt und das, was in der Vergangenheit möglicherweise bei uns nicht angezeigt wurde, jetzt angezeigt wird. Das Ordnungsamt der Stadt Leipzig ist als Ordnungsbehörde gehalten, Recht und Gesetz durchzusetzen. So kommt es dann auch zu Fallzahlsteigerungen und bei Verstößen auch zur Einleitung von Bußgeldverfahren. Aus Sicht des Ordnungsdezernenten kann ich keinen unnötig überzogenen Druck erkennen. Wir reagieren auf das Beschwerde- und Anzeigeverhalten der Bevölkerung.

[…]

Stadtrat Hobusch (Freibeuter):

Herr Bürgermeister Rosenthal, scheinbar herrscht doch ein bisschen Unverständnis bei den Betroffenen vor. Sie haben jetzt wiederholt von Bußgeldern gesprochen. In Presseanfragen haben Sie ausgeführt, Sie hätten keine Bußgelder verhängt, sondern es handele sich um Zwangsgelder in Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Können Sie noch einmal den Unterschied zwischen Bußgeld und Zwangsgeld aufklären? Sind Sie der Meinung, dass es für einen solchen Ladenbetreiber wirtschaftlich einen Unterschied macht, ob er ein Bußgeld oder ein Zwangsgeld in dreistelliger Höhe bekommt?

Bürgermeister Rosenthal:

Bußgelder werden in Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeitenverfahren verhängt; das ist korrekt. Ein Zwangsgeld ergibt sich – das wissen Sie auch – aus einem verwaltungsrechtlichen Verfahren. Danach bin ich aber nicht gefragt worden. Ich bin gefragt worden, wie viele Bußgelder verhängt worden sind, und das habe ich ausgeführt.

Stadtrat Hobusch (Freibeuter):

Ist daraus zu schließen, dass es neben Bußgeldverfahren auch noch Zwangsgeldverfahren in einer bisher nicht bekannten Anzahl, weil die Frage diesen Begriff nicht verwendet hat, gegeben hat, und, wenn ja, können Sie dazu ad hoc noch etwas ausführen?

Bürgermeister Rosenthal:

Ja, das ist so. Die hat es gegeben. Ich kann die Zahlen gerne im Fachausschuss nachtragen.

Stadtrat Hobusch (Freibeuter):

Können Sie uns bitte die Frage im Nachgang schriftlich beantworten?

Bürgermeister Rosenthal:

Ja, kann ich machen.

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